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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Neunte Betrachtung.
Leiden erduldete. Alles ereignete sich wie es in dem Rath
Gottes beschlossen worden, und alle Umstände vereinig-
ten sich dahin, in der Person des leidenden Jesu den Mitt-
ler zwischen Gott und den Menschen zu offenbaren. Schon
bey seiner Gefangennehmung gab er dieses seinen Jün-
gern zu verstehen, als sie im Begrif waren, ihn mit
Gewalt zu vertheidigen. Wie würde die Schrift er-
füllet?
sprach er: Es muß also gehen. Dieses gilt
auch in Absicht seines Todes. Es muste also ergehen, daß
der Meßias unter solchen und keinen andern Umständen den
Tod erduldete. Und so nichtsbedeutend es ist, an wel-
chem Ort, zu welcher Zeit, durch welche Ursachen ein
Mensch stirbt: so wichtig sind alle diese Bestimmun-
gen bey dem Tod Jesu, da es ein Tod der Unschuld, ein
Tod der Versohnung war.

Nach dem Rath Gottes war die Zeit bestimmt, zu
welcher unser Erlöser sterben sollte. Er durfte nicht eher
sterben, als er wirklich starb, weil es nöthig war, daß
er sich vorher als den Meßias bewies, und alle Ge-
schäfte vollendete, die ihm aufgetragen waren. Er hät-
te schon zu der Zeit, als Herodes ihm nachstellte, in sei-
ner ersten Kindheit vertilgt werden können Allein wenn
dieses erfolgt wäre, so hätte er nicht durch seine Lehren,
durch sein Exempel und durch seine Wunder die Erde
beglücken, nicht die Weissagungen der Propheten nach
ihrem ganzen Umfange erfüllen, er hätte nicht den Tod
nach seiner ganzen Bitterkeit und unter solchen marter-
vollen Umständen erdulden können, welches zu seinem
Mittlertode nothwendig erfordert wurde. Auch hierin
offenbarte sich die Weisheit Gottes, daß sein Tod gera-
de am Osterfeste erfolgen muste. Die Nachricht von sei-
nen Leiden konnte zu keiner Zeit geschwinder und allgemei-
ner ausgebreitet werden, als zu eben dieser Zeit, wo aus

al-

Neunte Betrachtung.
Leiden erduldete. Alles ereignete ſich wie es in dem Rath
Gottes beſchloſſen worden, und alle Umſtände vereinig-
ten ſich dahin, in der Perſon des leidenden Jeſu den Mitt-
ler zwiſchen Gott und den Menſchen zu offenbaren. Schon
bey ſeiner Gefangennehmung gab er dieſes ſeinen Jün-
gern zu verſtehen, als ſie im Begrif waren, ihn mit
Gewalt zu vertheidigen. Wie würde die Schrift er-
füllet?
ſprach er: Es muß alſo gehen. Dieſes gilt
auch in Abſicht ſeines Todes. Es muſte alſo ergehen, daß
der Meßias unter ſolchen und keinen andern Umſtänden den
Tod erduldete. Und ſo nichtsbedeutend es iſt, an wel-
chem Ort, zu welcher Zeit, durch welche Urſachen ein
Menſch ſtirbt: ſo wichtig ſind alle dieſe Beſtimmun-
gen bey dem Tod Jeſu, da es ein Tod der Unſchuld, ein
Tod der Verſohnung war.

Nach dem Rath Gottes war die Zeit beſtimmt, zu
welcher unſer Erlöſer ſterben ſollte. Er durfte nicht eher
ſterben, als er wirklich ſtarb, weil es nöthig war, daß
er ſich vorher als den Meßias bewies, und alle Ge-
ſchäfte vollendete, die ihm aufgetragen waren. Er hät-
te ſchon zu der Zeit, als Herodes ihm nachſtellte, in ſei-
ner erſten Kindheit vertilgt werden können Allein wenn
dieſes erfolgt wäre, ſo hätte er nicht durch ſeine Lehren,
durch ſein Exempel und durch ſeine Wunder die Erde
beglücken, nicht die Weiſſagungen der Propheten nach
ihrem ganzen Umfange erfüllen, er hätte nicht den Tod
nach ſeiner ganzen Bitterkeit und unter ſolchen marter-
vollen Umſtänden erdulden können, welches zu ſeinem
Mittlertode nothwendig erfordert wurde. Auch hierin
offenbarte ſich die Weisheit Gottes, daß ſein Tod gera-
de am Oſterfeſte erfolgen muſte. Die Nachricht von ſei-
nen Leiden konnte zu keiner Zeit geſchwinder und allgemei-
ner ausgebreitet werden, als zu eben dieſer Zeit, wo aus

al-
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[46/0068] Neunte Betrachtung. Leiden erduldete. Alles ereignete ſich wie es in dem Rath Gottes beſchloſſen worden, und alle Umſtände vereinig- ten ſich dahin, in der Perſon des leidenden Jeſu den Mitt- ler zwiſchen Gott und den Menſchen zu offenbaren. Schon bey ſeiner Gefangennehmung gab er dieſes ſeinen Jün- gern zu verſtehen, als ſie im Begrif waren, ihn mit Gewalt zu vertheidigen. Wie würde die Schrift er- füllet? ſprach er: Es muß alſo gehen. Dieſes gilt auch in Abſicht ſeines Todes. Es muſte alſo ergehen, daß der Meßias unter ſolchen und keinen andern Umſtänden den Tod erduldete. Und ſo nichtsbedeutend es iſt, an wel- chem Ort, zu welcher Zeit, durch welche Urſachen ein Menſch ſtirbt: ſo wichtig ſind alle dieſe Beſtimmun- gen bey dem Tod Jeſu, da es ein Tod der Unſchuld, ein Tod der Verſohnung war. Nach dem Rath Gottes war die Zeit beſtimmt, zu welcher unſer Erlöſer ſterben ſollte. Er durfte nicht eher ſterben, als er wirklich ſtarb, weil es nöthig war, daß er ſich vorher als den Meßias bewies, und alle Ge- ſchäfte vollendete, die ihm aufgetragen waren. Er hät- te ſchon zu der Zeit, als Herodes ihm nachſtellte, in ſei- ner erſten Kindheit vertilgt werden können Allein wenn dieſes erfolgt wäre, ſo hätte er nicht durch ſeine Lehren, durch ſein Exempel und durch ſeine Wunder die Erde beglücken, nicht die Weiſſagungen der Propheten nach ihrem ganzen Umfange erfüllen, er hätte nicht den Tod nach ſeiner ganzen Bitterkeit und unter ſolchen marter- vollen Umſtänden erdulden können, welches zu ſeinem Mittlertode nothwendig erfordert wurde. Auch hierin offenbarte ſich die Weisheit Gottes, daß ſein Tod gera- de am Oſterfeſte erfolgen muſte. Die Nachricht von ſei- nen Leiden konnte zu keiner Zeit geſchwinder und allgemei- ner ausgebreitet werden, als zu eben dieſer Zeit, wo aus al-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/68>, abgerufen am 24.11.2024.