Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

zitterte, denn ein plötzlicher Entschluß erfüllte sie mit Schauer. Von ihrer Erschütterung zu ungewohntem Mute gedrängt und übrigens auch allzusehr von der Frage hingenommen, um die ruhigere Stimmung des nächsten Morgens abzuwarten, schrieb sie ohne einzuhalten, mit zitternden Buchstaben, welche dem unregelmäßigen Rhythmus ihres Herzens folgten.

"Fred! Reisen Sie so schnell Sie können. Kommen Sie! Gleich, noch am Abend Ihrer Ankunft, und wäre es ein Freitag - ich zähle auf diesen Tag. Kommen Sie - welche Stunde es auch immer sei hören Sie? Und wäre es Mitternacht, wäre es noch später! Kommen Sie heimlich durch den Park, den ich offen lassen werde: ich erwarte Sie bei mir - im Parterre, Sie wissen schon...

Mira."

Sie schellte, während sie mit dem Finger über das geschlossene Kuvert strich.

Doch Stella trat ein.

"Schon erledigt?" sagte sie lachend.

Frau von Ellissen hatte gerade nur Zeit, den Brief in die Mappe zu werfen.

"Noch nicht. Ich möchte nur wissen, ob Jacques schon zu Haust ist."

zitterte, denn ein plötzlicher Entschluß erfüllte sie mit Schauer. Von ihrer Erschütterung zu ungewohntem Mute gedrängt und übrigens auch allzusehr von der Frage hingenommen, um die ruhigere Stimmung des nächsten Morgens abzuwarten, schrieb sie ohne einzuhalten, mit zitternden Buchstaben, welche dem unregelmäßigen Rhythmus ihres Herzens folgten.

„Fred! Reisen Sie so schnell Sie können. Kommen Sie! Gleich, noch am Abend Ihrer Ankunft, und wäre es ein Freitag – ich zähle auf diesen Tag. Kommen Sie – welche Stunde es auch immer sei hören Sie? Und wäre es Mitternacht, wäre es noch später! Kommen Sie heimlich durch den Park, den ich offen lassen werde: ich erwarte Sie bei mir – im Parterre, Sie wissen schon…

Mira.“

Sie schellte, während sie mit dem Finger über das geschlossene Kuvert strich.

Doch Stella trat ein.

„Schon erledigt?“ sagte sie lachend.

Frau von Ellissen hatte gerade nur Zeit, den Brief in die Mappe zu werfen.

„Noch nicht. Ich möchte nur wissen, ob Jacques schon zu Haust ist.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="147"/>
zitterte, denn ein plötzlicher Entschluß erfüllte sie mit Schauer. Von ihrer Erschütterung zu ungewohntem Mute gedrängt und übrigens auch allzusehr von der Frage hingenommen, um die ruhigere Stimmung des nächsten Morgens abzuwarten, schrieb sie ohne einzuhalten, mit zitternden Buchstaben, welche dem unregelmäßigen Rhythmus ihres Herzens folgten.</p>
        <p>&#x201E;Fred! Reisen Sie so schnell Sie können. Kommen Sie! Gleich, noch am Abend Ihrer Ankunft, und wäre es ein Freitag &#x2013; ich zähle auf diesen Tag. Kommen Sie &#x2013; welche Stunde es auch immer sei hören Sie? Und wäre es Mitternacht, wäre es noch später! Kommen Sie heimlich durch den Park, den ich offen lassen werde: ich erwarte Sie bei mir &#x2013; im Parterre, Sie wissen schon&#x2026;</p>
        <p rendition="#right">Mira.&#x201C;</p>
        <p>Sie schellte, während sie mit dem Finger über das geschlossene Kuvert strich.</p>
        <p>Doch Stella trat ein.</p>
        <p>&#x201E;Schon erledigt?&#x201C; sagte sie lachend.</p>
        <p>Frau von Ellissen hatte gerade nur Zeit, den Brief in die Mappe zu werfen.</p>
        <p>&#x201E;Noch nicht. Ich möchte nur wissen, ob Jacques schon zu Haust ist.&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0148] zitterte, denn ein plötzlicher Entschluß erfüllte sie mit Schauer. Von ihrer Erschütterung zu ungewohntem Mute gedrängt und übrigens auch allzusehr von der Frage hingenommen, um die ruhigere Stimmung des nächsten Morgens abzuwarten, schrieb sie ohne einzuhalten, mit zitternden Buchstaben, welche dem unregelmäßigen Rhythmus ihres Herzens folgten. „Fred! Reisen Sie so schnell Sie können. Kommen Sie! Gleich, noch am Abend Ihrer Ankunft, und wäre es ein Freitag – ich zähle auf diesen Tag. Kommen Sie – welche Stunde es auch immer sei hören Sie? Und wäre es Mitternacht, wäre es noch später! Kommen Sie heimlich durch den Park, den ich offen lassen werde: ich erwarte Sie bei mir – im Parterre, Sie wissen schon… Mira.“ Sie schellte, während sie mit dem Finger über das geschlossene Kuvert strich. Doch Stella trat ein. „Schon erledigt?“ sagte sie lachend. Frau von Ellissen hatte gerade nur Zeit, den Brief in die Mappe zu werfen. „Noch nicht. Ich möchte nur wissen, ob Jacques schon zu Haust ist.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/148
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/148>, abgerufen am 23.11.2024.