Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.und derselben Unterscheid und Ursachen. wenigstens 6 bis 7. Kinder zu geben scheinen. Esist freylich auch zu wenig, wenn lauter fruchtbare Ehen solten berechnet werden, sonderlich würde es hier in Berlin zu wenig seyn, wo es zu einer fast allgemeinen aber höchst tadelhaften Gewohnheit ge- worden, daß die, so es irgends thun können, ihren Kindern Ammen halten, nicht aus Noth, sondern theils aus Bequemlichkeit, theils aus Hochmuth, weil viele dieses für ein nothwendiges Stück ihres Standes und Hoheit halten, daß sie sich über die Beobachtung der mütterlichen Pflicht hinweg setzen, wodurch denn solche Mütter sich sowohl an ihren Kindern versündigen, deren viele hiedurch um ihr Leben kommen, als auch der Republic schädlich fal- len, weil sie dem leichtfertigen Huren-Gesinde den grösten Vorschub und Antrieb geben. Allein es ist vorher erinnert, daß bey dieser Fruchtbarkeit ei- nes in das andere gerechnet werde. Also bekom- men die Ehen alter Leute hier auch auf gewisse Wei- se Kinder, weil sie mit denen jungen zu gleichen Theilen gehen. §. 35. Aus denen besondern Listen erhellet, daß Ehen
und derſelben Unterſcheid und Urſachen. wenigſtens 6 bis 7. Kinder zu geben ſcheinen. Esiſt freylich auch zu wenig, wenn lauter fruchtbare Ehen ſolten berechnet werden, ſonderlich wuͤrde es hier in Berlin zu wenig ſeyn, wo es zu einer faſt allgemeinen aber hoͤchſt tadelhaften Gewohnheit ge- worden, daß die, ſo es irgends thun koͤnnen, ihren Kindern Ammen halten, nicht aus Noth, ſondern theils aus Bequemlichkeit, theils aus Hochmuth, weil viele dieſes fuͤr ein nothwendiges Stuͤck ihres Standes und Hoheit halten, daß ſie ſich uͤber die Beobachtung der muͤtterlichen Pflicht hinweg ſetzen, wodurch denn ſolche Muͤtter ſich ſowohl an ihren Kindern verſuͤndigen, deren viele hiedurch um ihr Leben kommen, als auch der Republic ſchaͤdlich fal- len, weil ſie dem leichtfertigen Huren-Geſinde den groͤſten Vorſchub und Antrieb geben. Allein es iſt vorher erinnert, daß bey dieſer Fruchtbarkeit ei- nes in das andere gerechnet werde. Alſo bekom- men die Ehen alter Leute hier auch auf gewiſſe Wei- ſe Kinder, weil ſie mit denen jungen zu gleichen Theilen gehen. §. 35. Aus denen beſondern Liſten erhellet, daß Ehen
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und derſelben Unterſcheid und Urſachen.
wenigſtens 6 bis 7. Kinder zu geben ſcheinen. Es
iſt freylich auch zu wenig, wenn lauter fruchtbare
Ehen ſolten berechnet werden, ſonderlich wuͤrde es
hier in Berlin zu wenig ſeyn, wo es zu einer faſt
allgemeinen aber hoͤchſt tadelhaften Gewohnheit ge-
worden, daß die, ſo es irgends thun koͤnnen, ihren
Kindern Ammen halten, nicht aus Noth, ſondern
theils aus Bequemlichkeit, theils aus Hochmuth,
weil viele dieſes fuͤr ein nothwendiges Stuͤck ihres
Standes und Hoheit halten, daß ſie ſich uͤber die
Beobachtung der muͤtterlichen Pflicht hinweg ſetzen,
wodurch denn ſolche Muͤtter ſich ſowohl an ihren
Kindern verſuͤndigen, deren viele hiedurch um ihr
Leben kommen, als auch der Republic ſchaͤdlich fal-
len, weil ſie dem leichtfertigen Huren-Geſinde den
groͤſten Vorſchub und Antrieb geben. Allein es
iſt vorher erinnert, daß bey dieſer Fruchtbarkeit ei-
nes in das andere gerechnet werde. Alſo bekom-
men die Ehen alter Leute hier auch auf gewiſſe Wei-
ſe Kinder, weil ſie mit denen jungen zu gleichen
Theilen gehen.
§. 35.
Aus denen beſondern Liſten erhellet, daß
ſich unter denen verſchiedenen Provinzien ein Unter-
ſcheid in der Groͤſſe der Fruchtbarkeit befinde. Sie
ſind nicht alle gleich, wie man wohl vermuthen
moͤchte. Das Koͤnigreich Preuſſen iſt das frucht-
bareſte, die Weſtphaliſchen Lande ſtehen zuletzt. In
Preuſſen geben 2. Ehen 9. Kinder, in Weſiphalen aber
nur 7. Dieſer Unterſcheid traͤgt in groſſen Sum̃en ſehr
vieles aus. Z. Ex. wenn an beiden Orten tauſend
Ehen
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