Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Fortpflantzung und Verhältniß
stünden, allein die Gefahr ist so groß nicht als man
wohl dencket, und die Zahl der Frauen, so davon
sterben, ist gering, wie ich im Capitel von denen
Kranckheiten aus Rechnungen werde darthun.

In Städten kommt bey Manns-Personen die
unordentliche Lebens-Art zu der schwehren Arbeit
hinzu; die viele eher dem Tode überliefert, welches
auch bey der Liste der Kranckheiten wird klar werden.

Dieses alles, wenn es gehörig zusammen be-
trachtet wird, macht begreiflich gnug, wie es zugehe,
daß es mehr alte Frauen als Männer gebe. Es ist
nicht sowohl der Mangel der Kräfte als die Ver-
ringerung der Kräfte durch Arbeit, Strapazen und
Unmäßigkeit im Trincken, die Ursach der geringern
Dauer des Lebens bey denen Manns-Personen.

Und eben diese Ursachen sind auch wohl die Be-
wegungs-Ursach, weshalb die göttliche Vorsehung
mehr Manns-als Frauens-Personen läßt gebohren
werden. Die schwehre und gefährliche Arbeit muß
von Männern als dem stärckern Werckzeuge ver-
richtet werden. Selbige hat diese nothwendige Fol-
ge, daß sie die Kräfte aufreibet, und daß also die
Männer eher sterben als die Frauen. Es kommt
noch dazu, daß die Manns-Leute hier zu Lande später
heyrathen als die Frauens-Leute, und also ist ausser
der schwehren Arbeit noch ein Grund vorhanden,
weshalb sie eher sterben. Hiedurch wird manche
Frau eher eine Wittwe als sie aufhöret Kinder zu
zeugen, und es würde schwehr halten wieder einen
Mann zu bekommen, oder es würden die Jungfern
dabey zu kurtz kommen, wenn nicht etwas mehr
Junggesellen als Jungfern wären. Hiezu kommen
noch ferner die vielen und fast nie überall aufhören-

den

Von der Fortpflantzung und Verhaͤltniß
ſtuͤnden, allein die Gefahr iſt ſo groß nicht als man
wohl dencket, und die Zahl der Frauen, ſo davon
ſterben, iſt gering, wie ich im Capitel von denen
Kranckheiten aus Rechnungen werde darthun.

In Staͤdten kommt bey Manns-Perſonen die
unordentliche Lebens-Art zu der ſchwehren Arbeit
hinzu; die viele eher dem Tode uͤberliefert, welches
auch bey der Liſte der Kranckheiten wird klar werden.

Dieſes alles, wenn es gehoͤrig zuſammen be-
trachtet wird, macht begreiflich gnug, wie es zugehe,
daß es mehr alte Frauen als Maͤnner gebe. Es iſt
nicht ſowohl der Mangel der Kraͤfte als die Ver-
ringerung der Kraͤfte durch Arbeit, Strapazen und
Unmaͤßigkeit im Trincken, die Urſach der geringern
Dauer des Lebens bey denen Manns-Perſonen.

Und eben dieſe Urſachen ſind auch wohl die Be-
wegungs-Urſach, weshalb die goͤttliche Vorſehung
mehr Manns-als Frauens-Perſonen laͤßt gebohren
werden. Die ſchwehre und gefaͤhrliche Arbeit muß
von Maͤnnern als dem ſtaͤrckern Werckzeuge ver-
richtet werden. Selbige hat dieſe nothwendige Fol-
ge, daß ſie die Kraͤfte aufreibet, und daß alſo die
Maͤnner eher ſterben als die Frauen. Es kommt
noch dazu, daß die Manns-Leute hier zu Lande ſpaͤter
heyrathen als die Frauens-Leute, und alſo iſt auſſer
der ſchwehren Arbeit noch ein Grund vorhanden,
weshalb ſie eher ſterben. Hiedurch wird manche
Frau eher eine Wittwe als ſie aufhoͤret Kinder zu
zeugen, und es wuͤrde ſchwehr halten wieder einen
Mann zu bekommen, oder es wuͤrden die Jungfern
dabey zu kurtz kommen, wenn nicht etwas mehr
Junggeſellen als Jungfern waͤren. Hiezu kommen
noch ferner die vielen und faſt nie uͤberall aufhoͤren-

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0218" n="172"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Fortpflantzung und Verha&#x0364;ltniß</hi></fw><lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nden, allein die Gefahr i&#x017F;t &#x017F;o groß nicht als man<lb/>
wohl dencket, und die Zahl der Frauen, &#x017F;o davon<lb/>
&#x017F;terben, i&#x017F;t gering, wie ich im Capitel von denen<lb/>
Kranckheiten aus Rechnungen werde darthun.</p><lb/>
          <p>In Sta&#x0364;dten kommt bey Manns-Per&#x017F;onen die<lb/>
unordentliche Lebens-Art zu der &#x017F;chwehren Arbeit<lb/>
hinzu; die viele eher dem Tode u&#x0364;berliefert, welches<lb/>
auch bey der Li&#x017F;te der Kranckheiten wird klar werden.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es alles, wenn es geho&#x0364;rig zu&#x017F;ammen be-<lb/>
trachtet wird, macht begreiflich gnug, wie es zugehe,<lb/>
daß es mehr alte Frauen als Ma&#x0364;nner gebe. Es i&#x017F;t<lb/>
nicht &#x017F;owohl der Mangel der Kra&#x0364;fte als die Ver-<lb/>
ringerung der Kra&#x0364;fte durch Arbeit, Strapazen und<lb/>
Unma&#x0364;ßigkeit im Trincken, die Ur&#x017F;ach der geringern<lb/>
Dauer des Lebens bey denen Manns-Per&#x017F;onen.</p><lb/>
          <p>Und eben die&#x017F;e Ur&#x017F;achen &#x017F;ind auch wohl die Be-<lb/>
wegungs-Ur&#x017F;ach, weshalb die go&#x0364;ttliche Vor&#x017F;ehung<lb/>
mehr Manns-als Frauens-Per&#x017F;onen la&#x0364;ßt gebohren<lb/>
werden. Die &#x017F;chwehre und gefa&#x0364;hrliche Arbeit muß<lb/>
von Ma&#x0364;nnern als dem &#x017F;ta&#x0364;rckern Werckzeuge ver-<lb/>
richtet werden. Selbige hat die&#x017F;e nothwendige Fol-<lb/>
ge, daß &#x017F;ie die Kra&#x0364;fte aufreibet, und daß al&#x017F;o die<lb/>
Ma&#x0364;nner eher &#x017F;terben als die Frauen. Es kommt<lb/>
noch dazu, daß die Manns-Leute hier zu Lande &#x017F;pa&#x0364;ter<lb/>
heyrathen als die Frauens-Leute, und al&#x017F;o i&#x017F;t au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
der &#x017F;chwehren Arbeit noch ein Grund vorhanden,<lb/>
weshalb &#x017F;ie eher &#x017F;terben. Hiedurch wird manche<lb/>
Frau eher eine Wittwe als &#x017F;ie aufho&#x0364;ret Kinder zu<lb/>
zeugen, und es wu&#x0364;rde &#x017F;chwehr halten wieder einen<lb/>
Mann zu bekommen, oder es wu&#x0364;rden die Jungfern<lb/>
dabey zu kurtz kommen, wenn nicht etwas mehr<lb/>
Jungge&#x017F;ellen als Jungfern wa&#x0364;ren. Hiezu kommen<lb/>
noch ferner die vielen und fa&#x017F;t nie u&#x0364;berall aufho&#x0364;ren-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0218] Von der Fortpflantzung und Verhaͤltniß ſtuͤnden, allein die Gefahr iſt ſo groß nicht als man wohl dencket, und die Zahl der Frauen, ſo davon ſterben, iſt gering, wie ich im Capitel von denen Kranckheiten aus Rechnungen werde darthun. In Staͤdten kommt bey Manns-Perſonen die unordentliche Lebens-Art zu der ſchwehren Arbeit hinzu; die viele eher dem Tode uͤberliefert, welches auch bey der Liſte der Kranckheiten wird klar werden. Dieſes alles, wenn es gehoͤrig zuſammen be- trachtet wird, macht begreiflich gnug, wie es zugehe, daß es mehr alte Frauen als Maͤnner gebe. Es iſt nicht ſowohl der Mangel der Kraͤfte als die Ver- ringerung der Kraͤfte durch Arbeit, Strapazen und Unmaͤßigkeit im Trincken, die Urſach der geringern Dauer des Lebens bey denen Manns-Perſonen. Und eben dieſe Urſachen ſind auch wohl die Be- wegungs-Urſach, weshalb die goͤttliche Vorſehung mehr Manns-als Frauens-Perſonen laͤßt gebohren werden. Die ſchwehre und gefaͤhrliche Arbeit muß von Maͤnnern als dem ſtaͤrckern Werckzeuge ver- richtet werden. Selbige hat dieſe nothwendige Fol- ge, daß ſie die Kraͤfte aufreibet, und daß alſo die Maͤnner eher ſterben als die Frauen. Es kommt noch dazu, daß die Manns-Leute hier zu Lande ſpaͤter heyrathen als die Frauens-Leute, und alſo iſt auſſer der ſchwehren Arbeit noch ein Grund vorhanden, weshalb ſie eher ſterben. Hiedurch wird manche Frau eher eine Wittwe als ſie aufhoͤret Kinder zu zeugen, und es wuͤrde ſchwehr halten wieder einen Mann zu bekommen, oder es wuͤrden die Jungfern dabey zu kurtz kommen, wenn nicht etwas mehr Junggeſellen als Jungfern waͤren. Hiezu kommen noch ferner die vielen und faſt nie uͤberall aufhoͤren- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/218
Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/218>, abgerufen am 24.11.2024.