Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.Tagebuch von einer nach Nizza ten, in dem ich wohnte, war gar nichts, als ein mitsolchen Bäumen bepflanzter Platz; sie waren überall acht Fuß auseinander gesetzt. Man konnte also nir- gend darin herum gehen, weil keine Gänge gelassen waren. Jch bin auch nur ein einzigesmal auf zwey Minuten darin gewesen. Die etwas weiter entlege- nen Gärten sind besser eingerichtet, in Quartiere und dazwischen liegende Gänge eingetheilt. Da werden die Pommeranzenbäume so gesetzt, wie bey uns die Obstbäume in Küchengärten. Und man gönnet auch andern Bäumen, als Obstbäumen, Mandel-Feigen- und Kirschbäumen Platz; das Land aber wird zu Pflanzung der Küchengewächse gebraucht. Jn ganz entlegenen Orten werden wenig Pommeranzenbäume gesetzt; und die Gärten dienen da fürnehmlich zum An- bau der Küchengewächse und der Blumen. Eigent- liche Lustgärten, oder auch nur einzelne kleine Lustre- viere, findet man hier auch in größern Gärten nicht; alles ist lediglich auf den Gewinn eingerichtet. Zur Lust sieht man etwa ein paar hohe traurige Cypressen- bäume am Eingange des Gartens, und wo rechte Pracht seyn soll, etwa ein paar Dattelbäume. Der Handel mit Citronen und Orangen macht nur
Tagebuch von einer nach Nizza ten, in dem ich wohnte, war gar nichts, als ein mitſolchen Baͤumen bepflanzter Platz; ſie waren uͤberall acht Fuß auseinander geſetzt. Man konnte alſo nir- gend darin herum gehen, weil keine Gaͤnge gelaſſen waren. Jch bin auch nur ein einzigesmal auf zwey Minuten darin geweſen. Die etwas weiter entlege- nen Gaͤrten ſind beſſer eingerichtet, in Quartiere und dazwiſchen liegende Gaͤnge eingetheilt. Da werden die Pommeranzenbaͤume ſo geſetzt, wie bey uns die Obſtbaͤume in Kuͤchengaͤrten. Und man goͤnnet auch andern Baͤumen, als Obſtbaͤumen, Mandel-Feigen- und Kirſchbaͤumen Platz; das Land aber wird zu Pflanzung der Kuͤchengewaͤchſe gebraucht. Jn ganz entlegenen Orten werden wenig Pommeranzenbaͤume geſetzt; und die Gaͤrten dienen da fuͤrnehmlich zum An- bau der Kuͤchengewaͤchſe und der Blumen. Eigent- liche Luſtgaͤrten, oder auch nur einzelne kleine Luſtre- viere, findet man hier auch in groͤßern Gaͤrten nicht; alles iſt lediglich auf den Gewinn eingerichtet. Zur Luſt ſieht man etwa ein paar hohe traurige Cypreſſen- baͤume am Eingange des Gartens, und wo rechte Pracht ſeyn ſoll, etwa ein paar Dattelbaͤume. Der Handel mit Citronen und Orangen macht nur
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Tagebuch von einer nach Nizza
ten, in dem ich wohnte, war gar nichts, als ein mit
ſolchen Baͤumen bepflanzter Platz; ſie waren uͤberall
acht Fuß auseinander geſetzt. Man konnte alſo nir-
gend darin herum gehen, weil keine Gaͤnge gelaſſen
waren. Jch bin auch nur ein einzigesmal auf zwey
Minuten darin geweſen. Die etwas weiter entlege-
nen Gaͤrten ſind beſſer eingerichtet, in Quartiere und
dazwiſchen liegende Gaͤnge eingetheilt. Da werden
die Pommeranzenbaͤume ſo geſetzt, wie bey uns die
Obſtbaͤume in Kuͤchengaͤrten. Und man goͤnnet auch
andern Baͤumen, als Obſtbaͤumen, Mandel-Feigen-
und Kirſchbaͤumen Platz; das Land aber wird zu
Pflanzung der Kuͤchengewaͤchſe gebraucht. Jn ganz
entlegenen Orten werden wenig Pommeranzenbaͤume
geſetzt; und die Gaͤrten dienen da fuͤrnehmlich zum An-
bau der Kuͤchengewaͤchſe und der Blumen. Eigent-
liche Luſtgaͤrten, oder auch nur einzelne kleine Luſtre-
viere, findet man hier auch in groͤßern Gaͤrten nicht;
alles iſt lediglich auf den Gewinn eingerichtet. Zur
Luſt ſieht man etwa ein paar hohe traurige Cypreſſen-
baͤume am Eingange des Gartens, und wo rechte
Pracht ſeyn ſoll, etwa ein paar Dattelbaͤume.
Der Handel mit Citronen und Orangen macht
hier ein betraͤchtliches Gewerb aus. Alles wird in
Kiſten verpackt und verſchickt. Der Ertrag iſt nam-
haft. Man hat mir einen Garten gezeigt, den ich
9 bis hoͤchſtens 10 Morgen, jeden von 180 rheinl.
Quadratruthen ſchaͤtzte; aus dieſem ſollen in mittel-
maͤßigen Jahren fuͤr 8 bis 9000 Livres Citronen
und Pommeranzen verkauft werden; in ganz frucht-
baren Jahren ſoll der Ertrag auf 14000 Livres ge-
ſtiegen ſeyn. Doch wird das Hundert ſolcher Fruͤchte
nur
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