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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Auf
die Regeln ganz geläufig zu machen, damit sie
nicht zur Unzeit übertreten werden.

Bey Auflösung der Dissonanzen ist eigentlich
nur eine einzige Regel zu beobachten. Jede Dis-
sonanz tritt bey der Auflösung in die nächste
diatonische Stufe unter sich, so daß sie daselbst zu
einer Consonanz wird. Diese letzte Bedingung be-
stimmt die Fortschreitung oder das Stillliegen des
Basses, wenn die Dissonanz in den obern Stim-
men ist; und der obern Stimmen, wenn die Dis-
sonanz im Baß ist. Wie diese Regel der Auflö-
sung in allen Fällen beobachtet werde, erhellet aus
S. Disso-
nauz.
der Tabelle der Dissonanzen. Von der großen Se-
ptime, die aufwärts geht, ist anderswo gesprochen
(*) S.
Septime.
worden. (*)

Rameau und die, welche seine Theorie anneh-
men, haben Dissonanzen, welche bey der Auflö-
sung einen diatonischen Grad herauf treten. Diese
sind bis itzt von den deutschen Harmonisten nicht
angenommen. S. Dissonanz. Sexte.

Aufputzen der Gemählde.

Es ist eine für die Liebhaber der Mahlerey wichti-
ge Sache, wenn Gemählde, die durch Alter und
andre Zufälligkeiten schadhaft, oder durch Staub
und Unreinigkeiten verdunkelt worden, wieder zu
ihrer ersten Schönheit können hergestellt werden.
Dieses Aufputzen der Gemählde hat man in der
neuern Zeit sehr hoch gebracht, und dadurch man-
ches schöne Stük, das schon als verdorben, oder
fast ausgelöscht, in einen Winkel gesetzt, und der
Vergessenheit übergeben worden, wieder in die Bil-
dergallerien und zu großem Ansehen gebracht. Man
hat so gar Mittel gefunden, die Gemählde von
dem Grund, er sey Leinewand oder Holz, abzu-
nehmen, und auf einen neuen überzutragen. Eine
für die Erhaltung der Gemählde wichtige Erfindung.

Zu dem Aufputzen gehören verschiedene wichtige
Handgriffe, und überhaupt eine große Vorsichtig-
keit. Wenn ein in der Sache nur halb erfahrner
Mann sich daran waget, so läuft er Gefahr, das
Gemählde zu verderben. Diejenigen Liebhaber,
die gute, in schlechten Zustand gerathene, Stüke be-
sitzen, müssen sich sehr wol vorsehen, daß sie selbige
durch ungeschikte Aufputzer nicht noch mehr ver-
derben lassen. Es ist deswegen gut, daß die ganze
Sache unter den Händen der besten und erfahrne-
sten Künstler, als eine Art Geheimniß bleibe, an
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Auf
welches sich keiner wagen soll, der darin nicht voll-
kommen unterrichtet ist. Es ist zwar viel davon
bekannt worden, (*) aber niemanden zu rathen,(*) S. Bib-
liothek
der schönen
Wissensch.
IV. Theil.

die Künste an guten Gemählden zu probiren.

Der Mahler, Schulze, in Berlin, der seit vie-
len Jahren diese Kunst mit dem glüklichsten Erfolg
ausübet, ist in diesen Gegenden der einzige, dem
man auch die besten Sachen mit Zuversicht anver-
trauen kann.

Aufriß.
(Baukunst.)

Die Zeichnung eines Gebäudes, oder eines einzeln
Theils desselben, in der die Umrisse aller Theile, die
auf einmal ins Auge fallen können, nach ihrer wah-
ren verhältnißmäßigen Größe angezeiget werden.
Diese Zeichnung ist von der perspektivischen Zeich-
nung darin unterschieden, daß weder ein ge-
wisser Augenpunkt, noch eine Ansicht, dazu genommen
ist; da die perspektivische Zeichnung das äußere
oder innere eines Gebäudes so vorstellt, wie es aus
einem gewissen Stand und in einem gewissen Ge-
sichtspunkt in die Augen fällt.

Der Aufriß, etwas groß gezeichnet, dienet dem
Baumeister und den Werkleuten zur beständigen
Richtschnur in Bestimmung aller Theile. Denn
nach diesem Riß nehmen sie alle Höhen und Brei-
ten eines jeden Theiles.

Aufschlag.
(Musik.)

Die schwache Zeit des Takts, da der, so den Takt
schlägt, die Hand oder den Fuß aufhebt. Jn dem
Takt von zwey Zeiten fällt der Aufschlag in die
zweyte Zeit; in die dritte, wenn der Takt drey
Zeiten hat; und in die zweyte und vierte, wenn
er aus vier Zeiten besteht. Man sagt von ei-S. Takt.
nem Tonstük, es fange im Aufschlag an, wenn
es kurz oder ohne Accent mit der letzten Zeit eines
Takts anfängt, auf welche so gleich der Anfang des
zweyten Takts folget. So muß ein Gesang anfan-
gen, dessen Text jambisch ist, weil es nicht angeht,
daß ein Jambus einen Takt ausmache; denn die er-
ste Sylbe oder der erste Ton des Takts ist immer
nothwendig lang. Also behandelt die Musik die
jambische Versart, als wenn sie trochäisch mit einer
vorgesetzten kurzen Sylbe wäre. Anstatt

Komm Do|ris komm | zu je|nen Bu|chen,

liest
Erster Theil. M

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Auf
die Regeln ganz gelaͤufig zu machen, damit ſie
nicht zur Unzeit uͤbertreten werden.

Bey Aufloͤſung der Diſſonanzen iſt eigentlich
nur eine einzige Regel zu beobachten. Jede Diſ-
ſonanz tritt bey der Aufloͤſung in die naͤchſte
diatoniſche Stufe unter ſich, ſo daß ſie daſelbſt zu
einer Conſonanz wird. Dieſe letzte Bedingung be-
ſtimmt die Fortſchreitung oder das Stillliegen des
Baſſes, wenn die Diſſonanz in den obern Stim-
men iſt; und der obern Stimmen, wenn die Diſ-
ſonanz im Baß iſt. Wie dieſe Regel der Aufloͤ-
ſung in allen Faͤllen beobachtet werde, erhellet aus
S. Diſſo-
nauz.
der Tabelle der Diſſonanzen. Von der großen Se-
ptime, die aufwaͤrts geht, iſt anderswo geſprochen
(*) S.
Septime.
worden. (*)

Rameau und die, welche ſeine Theorie anneh-
men, haben Diſſonanzen, welche bey der Aufloͤ-
ſung einen diatoniſchen Grad herauf treten. Dieſe
ſind bis itzt von den deutſchen Harmoniſten nicht
angenommen. S. Diſſonanz. Sexte.

Aufputzen der Gemaͤhlde.

Es iſt eine fuͤr die Liebhaber der Mahlerey wichti-
ge Sache, wenn Gemaͤhlde, die durch Alter und
andre Zufaͤlligkeiten ſchadhaft, oder durch Staub
und Unreinigkeiten verdunkelt worden, wieder zu
ihrer erſten Schoͤnheit koͤnnen hergeſtellt werden.
Dieſes Aufputzen der Gemaͤhlde hat man in der
neuern Zeit ſehr hoch gebracht, und dadurch man-
ches ſchoͤne Stuͤk, das ſchon als verdorben, oder
faſt ausgeloͤſcht, in einen Winkel geſetzt, und der
Vergeſſenheit uͤbergeben worden, wieder in die Bil-
dergallerien und zu großem Anſehen gebracht. Man
hat ſo gar Mittel gefunden, die Gemaͤhlde von
dem Grund, er ſey Leinewand oder Holz, abzu-
nehmen, und auf einen neuen uͤberzutragen. Eine
fuͤr die Erhaltung der Gemaͤhlde wichtige Erfindung.

Zu dem Aufputzen gehoͤren verſchiedene wichtige
Handgriffe, und uͤberhaupt eine große Vorſichtig-
keit. Wenn ein in der Sache nur halb erfahrner
Mann ſich daran waget, ſo laͤuft er Gefahr, das
Gemaͤhlde zu verderben. Diejenigen Liebhaber,
die gute, in ſchlechten Zuſtand gerathene, Stuͤke be-
ſitzen, muͤſſen ſich ſehr wol vorſehen, daß ſie ſelbige
durch ungeſchikte Aufputzer nicht noch mehr ver-
derben laſſen. Es iſt deswegen gut, daß die ganze
Sache unter den Haͤnden der beſten und erfahrne-
ſten Kuͤnſtler, als eine Art Geheimniß bleibe, an
[Spaltenumbruch]

Auf
welches ſich keiner wagen ſoll, der darin nicht voll-
kommen unterrichtet iſt. Es iſt zwar viel davon
bekannt worden, (*) aber niemanden zu rathen,(*) S. Bib-
liothek
der ſchoͤnen
Wiſſenſch.
IV. Theil.

die Kuͤnſte an guten Gemaͤhlden zu probiren.

Der Mahler, Schulze, in Berlin, der ſeit vie-
len Jahren dieſe Kunſt mit dem gluͤklichſten Erfolg
ausuͤbet, iſt in dieſen Gegenden der einzige, dem
man auch die beſten Sachen mit Zuverſicht anver-
trauen kann.

Aufriß.
(Baukunſt.)

Die Zeichnung eines Gebaͤudes, oder eines einzeln
Theils deſſelben, in der die Umriſſe aller Theile, die
auf einmal ins Auge fallen koͤnnen, nach ihrer wah-
ren verhaͤltnißmaͤßigen Groͤße angezeiget werden.
Dieſe Zeichnung iſt von der perſpektiviſchen Zeich-
nung darin unterſchieden, daß weder ein ge-
wiſſer Augenpunkt, noch eine Anſicht, dazu genommen
iſt; da die perſpektiviſche Zeichnung das aͤußere
oder innere eines Gebaͤudes ſo vorſtellt, wie es aus
einem gewiſſen Stand und in einem gewiſſen Ge-
ſichtspunkt in die Augen faͤllt.

Der Aufriß, etwas groß gezeichnet, dienet dem
Baumeiſter und den Werkleuten zur beſtaͤndigen
Richtſchnur in Beſtimmung aller Theile. Denn
nach dieſem Riß nehmen ſie alle Hoͤhen und Brei-
ten eines jeden Theiles.

Aufſchlag.
(Muſik.)

Die ſchwache Zeit des Takts, da der, ſo den Takt
ſchlaͤgt, die Hand oder den Fuß aufhebt. Jn dem
Takt von zwey Zeiten faͤllt der Aufſchlag in die
zweyte Zeit; in die dritte, wenn der Takt drey
Zeiten hat; und in die zweyte und vierte, wenn
er aus vier Zeiten beſteht. Man ſagt von ei-S. Takt.
nem Tonſtuͤk, es fange im Aufſchlag an, wenn
es kurz oder ohne Accent mit der letzten Zeit eines
Takts anfaͤngt, auf welche ſo gleich der Anfang des
zweyten Takts folget. So muß ein Geſang anfan-
gen, deſſen Text jambiſch iſt, weil es nicht angeht,
daß ein Jambus einen Takt ausmache; denn die er-
ſte Sylbe oder der erſte Ton des Takts iſt immer
nothwendig lang. Alſo behandelt die Muſik die
jambiſche Versart, als wenn ſie trochaͤiſch mit einer
vorgeſetzten kurzen Sylbe waͤre. Anſtatt

Komm Do|ris komm | zu je|nen Bu|chen,

lieſt
Erſter Theil. M
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[89/0101] Auf Auf die Regeln ganz gelaͤufig zu machen, damit ſie nicht zur Unzeit uͤbertreten werden. Bey Aufloͤſung der Diſſonanzen iſt eigentlich nur eine einzige Regel zu beobachten. Jede Diſ- ſonanz tritt bey der Aufloͤſung in die naͤchſte diatoniſche Stufe unter ſich, ſo daß ſie daſelbſt zu einer Conſonanz wird. Dieſe letzte Bedingung be- ſtimmt die Fortſchreitung oder das Stillliegen des Baſſes, wenn die Diſſonanz in den obern Stim- men iſt; und der obern Stimmen, wenn die Diſ- ſonanz im Baß iſt. Wie dieſe Regel der Aufloͤ- ſung in allen Faͤllen beobachtet werde, erhellet aus der Tabelle der Diſſonanzen. Von der großen Se- ptime, die aufwaͤrts geht, iſt anderswo geſprochen worden. (*) S. Diſſo- nauz. (*) S. Septime. Rameau und die, welche ſeine Theorie anneh- men, haben Diſſonanzen, welche bey der Aufloͤ- ſung einen diatoniſchen Grad herauf treten. Dieſe ſind bis itzt von den deutſchen Harmoniſten nicht angenommen. S. Diſſonanz. Sexte. Aufputzen der Gemaͤhlde. Es iſt eine fuͤr die Liebhaber der Mahlerey wichti- ge Sache, wenn Gemaͤhlde, die durch Alter und andre Zufaͤlligkeiten ſchadhaft, oder durch Staub und Unreinigkeiten verdunkelt worden, wieder zu ihrer erſten Schoͤnheit koͤnnen hergeſtellt werden. Dieſes Aufputzen der Gemaͤhlde hat man in der neuern Zeit ſehr hoch gebracht, und dadurch man- ches ſchoͤne Stuͤk, das ſchon als verdorben, oder faſt ausgeloͤſcht, in einen Winkel geſetzt, und der Vergeſſenheit uͤbergeben worden, wieder in die Bil- dergallerien und zu großem Anſehen gebracht. Man hat ſo gar Mittel gefunden, die Gemaͤhlde von dem Grund, er ſey Leinewand oder Holz, abzu- nehmen, und auf einen neuen uͤberzutragen. Eine fuͤr die Erhaltung der Gemaͤhlde wichtige Erfindung. Zu dem Aufputzen gehoͤren verſchiedene wichtige Handgriffe, und uͤberhaupt eine große Vorſichtig- keit. Wenn ein in der Sache nur halb erfahrner Mann ſich daran waget, ſo laͤuft er Gefahr, das Gemaͤhlde zu verderben. Diejenigen Liebhaber, die gute, in ſchlechten Zuſtand gerathene, Stuͤke be- ſitzen, muͤſſen ſich ſehr wol vorſehen, daß ſie ſelbige durch ungeſchikte Aufputzer nicht noch mehr ver- derben laſſen. Es iſt deswegen gut, daß die ganze Sache unter den Haͤnden der beſten und erfahrne- ſten Kuͤnſtler, als eine Art Geheimniß bleibe, an welches ſich keiner wagen ſoll, der darin nicht voll- kommen unterrichtet iſt. Es iſt zwar viel davon bekannt worden, (*) aber niemanden zu rathen, die Kuͤnſte an guten Gemaͤhlden zu probiren. (*) S. Bib- liothek der ſchoͤnen Wiſſenſch. IV. Theil. Der Mahler, Schulze, in Berlin, der ſeit vie- len Jahren dieſe Kunſt mit dem gluͤklichſten Erfolg ausuͤbet, iſt in dieſen Gegenden der einzige, dem man auch die beſten Sachen mit Zuverſicht anver- trauen kann. Aufriß. (Baukunſt.) Die Zeichnung eines Gebaͤudes, oder eines einzeln Theils deſſelben, in der die Umriſſe aller Theile, die auf einmal ins Auge fallen koͤnnen, nach ihrer wah- ren verhaͤltnißmaͤßigen Groͤße angezeiget werden. Dieſe Zeichnung iſt von der perſpektiviſchen Zeich- nung darin unterſchieden, daß weder ein ge- wiſſer Augenpunkt, noch eine Anſicht, dazu genommen iſt; da die perſpektiviſche Zeichnung das aͤußere oder innere eines Gebaͤudes ſo vorſtellt, wie es aus einem gewiſſen Stand und in einem gewiſſen Ge- ſichtspunkt in die Augen faͤllt. Der Aufriß, etwas groß gezeichnet, dienet dem Baumeiſter und den Werkleuten zur beſtaͤndigen Richtſchnur in Beſtimmung aller Theile. Denn nach dieſem Riß nehmen ſie alle Hoͤhen und Brei- ten eines jeden Theiles. Aufſchlag. (Muſik.) Die ſchwache Zeit des Takts, da der, ſo den Takt ſchlaͤgt, die Hand oder den Fuß aufhebt. Jn dem Takt von zwey Zeiten faͤllt der Aufſchlag in die zweyte Zeit; in die dritte, wenn der Takt drey Zeiten hat; und in die zweyte und vierte, wenn er aus vier Zeiten beſteht. Man ſagt von ei- nem Tonſtuͤk, es fange im Aufſchlag an, wenn es kurz oder ohne Accent mit der letzten Zeit eines Takts anfaͤngt, auf welche ſo gleich der Anfang des zweyten Takts folget. So muß ein Geſang anfan- gen, deſſen Text jambiſch iſt, weil es nicht angeht, daß ein Jambus einen Takt ausmache; denn die er- ſte Sylbe oder der erſte Ton des Takts iſt immer nothwendig lang. Alſo behandelt die Muſik die jambiſche Versart, als wenn ſie trochaͤiſch mit einer vorgeſetzten kurzen Sylbe waͤre. Anſtatt S. Takt. Komm Do|ris komm | zu je|nen Bu|chen, lieſt Erſter Theil. M

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/101>, abgerufen am 28.04.2024.