Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Ale All Kunst dazu gehört, diesen Vers in die Länge er-träglich zu machen. Er scheinet sich zu Lehrgedichten, wo beständig Am schlechtesten wird dieser Vers, wenn der Wie zärtlich klagt der Vogel und ladet durch den Hayn, Alla Breve. (Musik.) Diese einem Tonstük vorgeschriebenen Worte be- All deutet wird, im andern aber nach dem gemeinenTakt, dessen Zeichen C ist, gesetzt worden. [Abbildung]
Jn dem ersten Gesang werden alle Sylben, welche Es giebt aber auch Fälle, wo den Tonstüken das Allegorie. (Redende und zeichnende Künste.) Ein natürliches Zeichen, oder ein Bild, in so fernS. Bild. Diese D 2
[Spaltenumbruch] Ale All Kunſt dazu gehoͤrt, dieſen Vers in die Laͤnge er-traͤglich zu machen. Er ſcheinet ſich zu Lehrgedichten, wo beſtaͤndig Am ſchlechteſten wird dieſer Vers, wenn der Wie zaͤrtlich klagt der Vogel und ladet durch den Hayn, Alla Breve. (Muſik.) Dieſe einem Tonſtuͤk vorgeſchriebenen Worte be- All deutet wird, im andern aber nach dem gemeinenTakt, deſſen Zeichen C iſt, geſetzt worden. [Abbildung]
Jn dem erſten Geſang werden alle Sylben, welche Es giebt aber auch Faͤlle, wo den Tonſtuͤken das Allegorie. (Redende und zeichnende Kuͤnſte.) Ein natuͤrliches Zeichen, oder ein Bild, in ſo fernS. Bild. Dieſe D 2
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Herr <hi rendition="#fr">Duſch</hi><lb/> hat eine Veraͤnderung in demſelben angebracht,<lb/> indem er ihm weibliche Abſchnitte gegeben:</p><lb/> <cit> <quote><hi rendition="#fr">Wie zaͤrtlich klagt der Vogel und ladet durch den Hayn,<lb/> Den kaum der Lenz verjuͤngert, ſein kuͤnſtig Weibchen<lb/><hi rendition="#et">ein!</hi><lb/> Doch, wenn durchs heiße Feld die Sommerwinde kei-<lb/><hi rendition="#et">chen,</hi><lb/> Das Laub ſich dunkler faͤrbt, die duͤrren Aehren blei-<lb/><hi rendition="#et">chen;</hi><lb/> So endigt Vaterſorge die Tage des Geſangs,<lb/> Und Fleis beſetzt die Stunden des ſuͤßen Muͤßiggangs!</hi><lb/> Wiſſenſch. <hi rendition="#aq">VII.</hi> Buch.</quote> </cit> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Alla Breve.</hi><lb/> (Muſik.)</head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ieſe einem Tonſtuͤk vorgeſchriebenen Worte be-<lb/> zeichnen eine beſondere Gattung der Bewegung, wo-<lb/> durch ein Takt gerade noch einmal ſo geſchwind<lb/> muß geſpielt werden, als ſonſt zu geſchehen pflegt:<lb/> naͤmlich eine ganze Taktnote ſo geſchwind als<lb/> ſonſt eine halbe, eine halbe ſo geſchwind wie ein<lb/> Viertel. 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Ale All
All
Kunſt dazu gehoͤrt, dieſen Vers in die Laͤnge er-
traͤglich zu machen.
Er ſcheinet ſich zu Lehrgedichten, wo beſtaͤndig
wichtige und neue Begriffe den Geiſt ruͤhren, noch
beſſer zu ſchiken, als zur Epopee; wo es unmoͤglich
iſt, den Geiſt oder das Herz in jedem einzeln Vers
hinlaͤnglich zu beſchaͤfftigen; wo es nothwendig
Stellen geben muß, die matt ſeyn wuͤrden, wenn
nicht der Wolklang des Verſes ſie etwas erhoͤhte.
Am ſchlechteſten wird dieſer Vers, wenn der
Abſchnitt ſich mit dem Ende reimt. Denn dadurch
wird er in zwey halbe Verſe getheilet, und man
kann nicht mehr wiſſen, ob man kurze ſechsfuͤßige
Jamben oder Alexandriner hoͤrt. Herr Duſch
hat eine Veraͤnderung in demſelben angebracht,
indem er ihm weibliche Abſchnitte gegeben:
Wie zaͤrtlich klagt der Vogel und ladet durch den Hayn,
Den kaum der Lenz verjuͤngert, ſein kuͤnſtig Weibchen
ein!
Doch, wenn durchs heiße Feld die Sommerwinde kei-
chen,
Das Laub ſich dunkler faͤrbt, die duͤrren Aehren blei-
chen;
So endigt Vaterſorge die Tage des Geſangs,
Und Fleis beſetzt die Stunden des ſuͤßen Muͤßiggangs!
Wiſſenſch. VII. Buch.
Alla Breve.
(Muſik.)
Dieſe einem Tonſtuͤk vorgeſchriebenen Worte be-
zeichnen eine beſondere Gattung der Bewegung, wo-
durch ein Takt gerade noch einmal ſo geſchwind
muß geſpielt werden, als ſonſt zu geſchehen pflegt:
naͤmlich eine ganze Taktnote ſo geſchwind als
ſonſt eine halbe, eine halbe ſo geſchwind wie ein
Viertel. Der Allabrevetakt beſteht alſo ei-
gentlich aus einer ganzen oder zwey halben Takt-
Noten, die aber eben ſo geſchwind geſungen wer-
den, als wenn es zwey Viertel waͤren. Dadurch
bekoͤmmt alſo der ganze Geſang nicht nur einen
ſchnellen Gang, ſondern gleiche Fuͤße, die alle aus
zwey Zeiten beſtehen, einer ſchweeren und einer
leichten — # | — # |, welches den Geſang
einfacher und ernſthafter macht, als wenn er eben ſo
geſchwind durch kuͤrzere Noten waͤre vorgetragen wor-
den. Folgendes Beyſpiel wird die Sache klar ma-
chen, da derſelbe Geſang im erſten Beyſpiel im
Allabrevetakt, der durch das Zeichen # ange-
deutet wird, im andern aber nach dem gemeinen
Takt, deſſen Zeichen C iſt, geſetzt worden.
[Abbildung]
Jn dem erſten Geſang werden alle Sylben, welche
auf die erſten Noten eines Takts kommen, durch-
aus gleich ſchwer oder mit gleich ſtarken Accenten
ausgeſprochen, alſo find ſechs ſolche ſchweere Ac-
cente in dem Geſange; da in dem andern nur viere
ſind, ky, e, ſon, ſon, indem die, welche auf die
dritte Note jedes Takts fallen, ob ſie gleich auch
einen Accent haben, dennoch weniger Nachdruk
bekommen; (S. Zeiten.) woraus leicht abzuneh-
men iſt, daß der Allabrevetakt dem Geſang einen
andern Charakter giebt.
Es giebt aber auch Faͤlle, wo den Tonſtuͤken das
Zeichen des Allabreve # vorgeſetzt wird, blos um
anzuzeigen, daß jeder Note nur die Haͤlfte der ihr
ſonſt gewoͤhnlichen Dauer muͤſſe gegeben werden.
Dadurch erhaͤlt man eine Abkuͤrzung im Schreiben,
da man eine ſolche Note # anſtatt dieſer # ſetzen
kann.
Allegorie.
(Redende und zeichnende Kuͤnſte.)
Ein natuͤrliches Zeichen, oder ein Bild, in ſo fern
es an die Stelle der bezeichneten Sache geſetzt wird.
So wol in der Rede, als in den zeichnenden Kuͤnſten
werden aus mancherley Abſichten Gegenſtaͤnde dar-
geſtellt, durch welche andre Dinge, vermittelſt der
Aehnlichkeit, die ſie mit jenen Gegenſtaͤnden haben,
koͤnnen erkennt werden. Das bekannte Spruͤch-
wort: Der Apfel faͤllt nicht weit vom Stamm,
ſtellt uns einen Gegenſtand aus der koͤrperlichen
Welt vor, durch welchen wir eine andre Sache er-
rathen ſollen; naͤmlich, daß Kinder gemeiniglich
nach den Aeltern arten. Wenn das Bild und das
Gegenbild zugleich dargeſtellt werden, ſo hat man
eine Vergleichung oder ein Gleichnis; wird
aber das Gegenbild ganz weggelaſſen, ſo hat man
die Allegorie.
S. Bild.
Dieſe
D 2
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