Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.springend, fiel ihm ein schwarzer, drei bis vier Fuß breiter, schlammiger Rand auf, welcher die grüne Insel rings umgab; augenscheinlich war das Wasser, wie zur Ebbezeit am Meeresufer, zurückgetreten. Diese Bemerkung frappirte den jungen Holländer so stark, daß er, alles Andere darüber vergessend, der ihm entgegenkommenden alten Frau zurief: Was ist denn das, Mutter Lora? Seit wann habt Ihr Ebbe auf Piet's Eiland? Ei, was ich sehen muß! rief die Alte, freudig die runzligen Hände zusammenschlagend, Bertold! -- Ich dachte schon, Ihr drüben im reichen Zorgenhofe hättet uns arme Fischersleute ganz und gar vergessen, -- so lange -- lange ist es her, daß ich dich nicht gesehen habe! Ja, Mutter, es ist mir auch hart aufgegangen, entgegnete Bertold, mit der Hand über die Stirn fahrend; aber sagt doch, woher kommt dieser schwarze Ebbestreifen? Wo anders her, als aus den fünf langen Schornsteinen, die da drüben uns zum Aerger Tag und Nacht seit Urbani rauchen. Sie zeigte dabei auf den fernen Wasserhorizont, wo in der That fünf schwarze Rauchsäulen gegen den hellblauen Himmel aufstiegen. Also doch! rief Bertold, wir haben an unseren Wiesen-Ufern noch nichts bemerkt. -- Wer hätte das gedacht! Aber weiter bringen sie es auch nicht, versicherte springend, fiel ihm ein schwarzer, drei bis vier Fuß breiter, schlammiger Rand auf, welcher die grüne Insel rings umgab; augenscheinlich war das Wasser, wie zur Ebbezeit am Meeresufer, zurückgetreten. Diese Bemerkung frappirte den jungen Holländer so stark, daß er, alles Andere darüber vergessend, der ihm entgegenkommenden alten Frau zurief: Was ist denn das, Mutter Lora? Seit wann habt Ihr Ebbe auf Piet's Eiland? Ei, was ich sehen muß! rief die Alte, freudig die runzligen Hände zusammenschlagend, Bertold! — Ich dachte schon, Ihr drüben im reichen Zorgenhofe hättet uns arme Fischersleute ganz und gar vergessen, — so lange — lange ist es her, daß ich dich nicht gesehen habe! Ja, Mutter, es ist mir auch hart aufgegangen, entgegnete Bertold, mit der Hand über die Stirn fahrend; aber sagt doch, woher kommt dieser schwarze Ebbestreifen? Wo anders her, als aus den fünf langen Schornsteinen, die da drüben uns zum Aerger Tag und Nacht seit Urbani rauchen. Sie zeigte dabei auf den fernen Wasserhorizont, wo in der That fünf schwarze Rauchsäulen gegen den hellblauen Himmel aufstiegen. Also doch! rief Bertold, wir haben an unseren Wiesen-Ufern noch nichts bemerkt. — Wer hätte das gedacht! Aber weiter bringen sie es auch nicht, versicherte <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0014"/> springend, fiel ihm ein schwarzer, drei bis vier Fuß breiter, schlammiger Rand auf, welcher die grüne Insel rings umgab; augenscheinlich war das Wasser, wie zur Ebbezeit am Meeresufer, zurückgetreten. Diese Bemerkung frappirte den jungen Holländer so stark, daß er, alles Andere darüber vergessend, der ihm entgegenkommenden alten Frau zurief:</p><lb/> <p>Was ist denn das, Mutter Lora? Seit wann habt Ihr Ebbe auf Piet's Eiland?</p><lb/> <p>Ei, was ich sehen muß! rief die Alte, freudig die runzligen Hände zusammenschlagend, Bertold! — Ich dachte schon, Ihr drüben im reichen Zorgenhofe hättet uns arme Fischersleute ganz und gar vergessen, — so lange — lange ist es her, daß ich dich nicht gesehen habe!</p><lb/> <p>Ja, Mutter, es ist mir auch hart aufgegangen, entgegnete Bertold, mit der Hand über die Stirn fahrend; aber sagt doch, woher kommt dieser schwarze Ebbestreifen?</p><lb/> <p>Wo anders her, als aus den fünf langen Schornsteinen, die da drüben uns zum Aerger Tag und Nacht seit Urbani rauchen. Sie zeigte dabei auf den fernen Wasserhorizont, wo in der That fünf schwarze Rauchsäulen gegen den hellblauen Himmel aufstiegen.</p><lb/> <p>Also doch! rief Bertold, wir haben an unseren Wiesen-Ufern noch nichts bemerkt. — Wer hätte das gedacht!</p><lb/> <p>Aber weiter bringen sie es auch nicht, versicherte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0014]
springend, fiel ihm ein schwarzer, drei bis vier Fuß breiter, schlammiger Rand auf, welcher die grüne Insel rings umgab; augenscheinlich war das Wasser, wie zur Ebbezeit am Meeresufer, zurückgetreten. Diese Bemerkung frappirte den jungen Holländer so stark, daß er, alles Andere darüber vergessend, der ihm entgegenkommenden alten Frau zurief:
Was ist denn das, Mutter Lora? Seit wann habt Ihr Ebbe auf Piet's Eiland?
Ei, was ich sehen muß! rief die Alte, freudig die runzligen Hände zusammenschlagend, Bertold! — Ich dachte schon, Ihr drüben im reichen Zorgenhofe hättet uns arme Fischersleute ganz und gar vergessen, — so lange — lange ist es her, daß ich dich nicht gesehen habe!
Ja, Mutter, es ist mir auch hart aufgegangen, entgegnete Bertold, mit der Hand über die Stirn fahrend; aber sagt doch, woher kommt dieser schwarze Ebbestreifen?
Wo anders her, als aus den fünf langen Schornsteinen, die da drüben uns zum Aerger Tag und Nacht seit Urbani rauchen. Sie zeigte dabei auf den fernen Wasserhorizont, wo in der That fünf schwarze Rauchsäulen gegen den hellblauen Himmel aufstiegen.
Also doch! rief Bertold, wir haben an unseren Wiesen-Ufern noch nichts bemerkt. — Wer hätte das gedacht!
Aber weiter bringen sie es auch nicht, versicherte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |