um diese Modificationen in sich aufzunehmen, hineinzu- legen, und eine Spur davon zu verwahren. Aber sie selbst wirkte mit, und enthielt zum Theil den Grund in sich von ihrer eigenen Veränderung, die verursachet ward, und war in so weit selbstthätig. Und diese Selbst- thätigkeit oder Eigenmacht kann als eine solche erhöhet werden, wodurch denn die Beziehung des innern Prin- cips auf die mit wirkende äußere Ursache verändert, und das Zuthun der letztern in Hinsicht auf die ganze Wir- kung entbehrlicher und minder nothwendig wird, wenn dieselbige oder doch eine ähnliche Wirkung hervorgebracht werden soll.
Jst diese Selbstthätigkeit des Vermögens bis auf einen gewissen Grad hin erhöhet, so entstehet die Leich- tigkeit, eine vorige Modifikation wieder anzunehmen, die das Einbildungsvermögen ausmachet, das Ver- mögen, die vorige Modifikation gewissermaßen wenig- stens wieder zu erneuren, ohne daß ein Einfluß einer sol- chen Ursache erfordert wird, wie zu der ersten Empfin- dung nothwendig war. Die wiedererweckten Einbildun- gen sind den Empfindungsvorstellungen in allem ähnlich, und nur an Lebhaftigkeit und Stärke von ihnen unter- schieden. Die innere Thätigkeit; der Aktus und die Kraft, welche in beyden wirket, ist also dieselbige, und der ganze Unterschied zwischen ihnen bestehet darinn, daß die Einbildungen durch eine innerlich mehr hinreichende Kraft, durch eine vergrößerte Selbstthätigkeit, bewir- ket werden, die Empfindungen aber, und die erste Auf- nahme der Vorstellungen die Beywirkung einer fremden und äußern Ursache erfodern.
Das menschliche Vermögen der Perception mehr selbstthätig gemacht, ist also das Vermögen zu reprodu- ciren, und mehr selbstthätiges Percipiren ist so viel als Reproduciren. Jenes gehet in dieses über, wenn die Kraft innerlich erhöhet ist, und dann die Ursachen
verschie-
der Vorſtellungen.
um dieſe Modificationen in ſich aufzunehmen, hineinzu- legen, und eine Spur davon zu verwahren. Aber ſie ſelbſt wirkte mit, und enthielt zum Theil den Grund in ſich von ihrer eigenen Veraͤnderung, die verurſachet ward, und war in ſo weit ſelbſtthaͤtig. Und dieſe Selbſt- thaͤtigkeit oder Eigenmacht kann als eine ſolche erhoͤhet werden, wodurch denn die Beziehung des innern Prin- cips auf die mit wirkende aͤußere Urſache veraͤndert, und das Zuthun der letztern in Hinſicht auf die ganze Wir- kung entbehrlicher und minder nothwendig wird, wenn dieſelbige oder doch eine aͤhnliche Wirkung hervorgebracht werden ſoll.
Jſt dieſe Selbſtthaͤtigkeit des Vermoͤgens bis auf einen gewiſſen Grad hin erhoͤhet, ſo entſtehet die Leich- tigkeit, eine vorige Modifikation wieder anzunehmen, die das Einbildungsvermoͤgen ausmachet, das Ver- moͤgen, die vorige Modifikation gewiſſermaßen wenig- ſtens wieder zu erneuren, ohne daß ein Einfluß einer ſol- chen Urſache erfordert wird, wie zu der erſten Empfin- dung nothwendig war. Die wiedererweckten Einbildun- gen ſind den Empfindungsvorſtellungen in allem aͤhnlich, und nur an Lebhaftigkeit und Staͤrke von ihnen unter- ſchieden. Die innere Thaͤtigkeit; der Aktus und die Kraft, welche in beyden wirket, iſt alſo dieſelbige, und der ganze Unterſchied zwiſchen ihnen beſtehet darinn, daß die Einbildungen durch eine innerlich mehr hinreichende Kraft, durch eine vergroͤßerte Selbſtthaͤtigkeit, bewir- ket werden, die Empfindungen aber, und die erſte Auf- nahme der Vorſtellungen die Beywirkung einer fremden und aͤußern Urſache erfodern.
Das menſchliche Vermoͤgen der Perception mehr ſelbſtthaͤtig gemacht, iſt alſo das Vermoͤgen zu reprodu- ciren, und mehr ſelbſtthaͤtiges Percipiren iſt ſo viel als Reproduciren. Jenes gehet in dieſes uͤber, wenn die Kraft innerlich erhoͤhet iſt, und dann die Urſachen
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der Vorſtellungen.
um dieſe Modificationen in ſich aufzunehmen, hineinzu-
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ſelbſt wirkte mit, und enthielt zum Theil den Grund in
ſich von ihrer eigenen Veraͤnderung, die verurſachet
ward, und war in ſo weit ſelbſtthaͤtig. Und dieſe Selbſt-
thaͤtigkeit oder Eigenmacht kann als eine ſolche erhoͤhet
werden, wodurch denn die Beziehung des innern Prin-
cips auf die mit wirkende aͤußere Urſache veraͤndert, und
das Zuthun der letztern in Hinſicht auf die ganze Wir-
kung entbehrlicher und minder nothwendig wird, wenn
dieſelbige oder doch eine aͤhnliche Wirkung hervorgebracht
werden ſoll.
Jſt dieſe Selbſtthaͤtigkeit des Vermoͤgens bis auf
einen gewiſſen Grad hin erhoͤhet, ſo entſtehet die Leich-
tigkeit, eine vorige Modifikation wieder anzunehmen,
die das Einbildungsvermoͤgen ausmachet, das Ver-
moͤgen, die vorige Modifikation gewiſſermaßen wenig-
ſtens wieder zu erneuren, ohne daß ein Einfluß einer ſol-
chen Urſache erfordert wird, wie zu der erſten Empfin-
dung nothwendig war. Die wiedererweckten Einbildun-
gen ſind den Empfindungsvorſtellungen in allem aͤhnlich,
und nur an Lebhaftigkeit und Staͤrke von ihnen unter-
ſchieden. Die innere Thaͤtigkeit; der Aktus und die
Kraft, welche in beyden wirket, iſt alſo dieſelbige, und
der ganze Unterſchied zwiſchen ihnen beſtehet darinn, daß
die Einbildungen durch eine innerlich mehr hinreichende
Kraft, durch eine vergroͤßerte Selbſtthaͤtigkeit, bewir-
ket werden, die Empfindungen aber, und die erſte Auf-
nahme der Vorſtellungen die Beywirkung einer fremden
und aͤußern Urſache erfodern.
Das menſchliche Vermoͤgen der Perception mehr
ſelbſtthaͤtig gemacht, iſt alſo das Vermoͤgen zu reprodu-
ciren, und mehr ſelbſtthaͤtiges Percipiren iſt ſo viel
als Reproduciren. Jenes gehet in dieſes uͤber, wenn
die Kraft innerlich erhoͤhet iſt, und dann die Urſachen
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/217>, abgerufen am 22.12.2024.
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