überhebe, sorgfältig auf alle Umstände zurück zu sehen, worunter wir sie anwenden. Ver- schiedene neuere Philosophen finden die Mate- rialität der Seele, der Analogie, der Natur und der Stufenleiter der Dinge gemäßer, als ihre wesentliche Verschiedenartigkeit von dem Körper. Die Natur gehet herauf von gröbe- rer zu feinerer Organisation in ihren zusam- mengesetzten Wesen, aber von der Organisa- tion zur Jmmaterialität scheinet ein Sprung zu seyn, der sich nicht wohl von ihr erwarten läßt. Mich deucht, es lasse sich dieselbige Art zu schlies- sen umkehren, und eben so gut für die Jmma- terialität der Seele gebrauchen, als gegen sie, und vielleicht noch besser. Fangen wir bey den Pflanzen und organisirten nicht beseelten We- sen an, und gehen zu den Thieren über, so se- hen wir auf Wesen, in welchen das innere Princip ihrer Lebensbewegungen durch alle Theile des Ganzen fast gleichförmig vertheilet ist, andere Wesen in der Stufenleiter stehen, wo solches mehr auf gewisse innere Theile, auf ein Gehirn, oder auf ein Fibern- und Nerven- system zusammengezogen ist. Jn den Poly- pen sind die Principe der Empfindlichkeit und der Bewegung wie in den Pflanzen allenthal- ben verbreitet, aber in den Polypen sind sie mehr und genauer mit einander zu Einem Ganzen vereinigt, haben mehr Gemeinschaft mit einander, und machen ein inniger verbun- denes Eins aus, als die vegetirende Kraft in den Pflanzen, die mehr in jedem Theil für sich
abge-
Vorrede.
uͤberhebe, ſorgfaͤltig auf alle Umſtaͤnde zuruͤck zu ſehen, worunter wir ſie anwenden. Ver- ſchiedene neuere Philoſophen finden die Mate- rialitaͤt der Seele, der Analogie, der Natur und der Stufenleiter der Dinge gemaͤßer, als ihre weſentliche Verſchiedenartigkeit von dem Koͤrper. Die Natur gehet herauf von groͤbe- rer zu feinerer Organiſation in ihren zuſam- mengeſetzten Weſen, aber von der Organiſa- tion zur Jmmaterialitaͤt ſcheinet ein Sprung zu ſeyn, der ſich nicht wohl von ihr erwarten laͤßt. Mich deucht, es laſſe ſich dieſelbige Art zu ſchlieſ- ſen umkehren, und eben ſo gut fuͤr die Jmma- terialitaͤt der Seele gebrauchen, als gegen ſie, und vielleicht noch beſſer. Fangen wir bey den Pflanzen und organiſirten nicht beſeelten We- ſen an, und gehen zu den Thieren uͤber, ſo ſe- hen wir auf Weſen, in welchen das innere Princip ihrer Lebensbewegungen durch alle Theile des Ganzen faſt gleichfoͤrmig vertheilet iſt, andere Weſen in der Stufenleiter ſtehen, wo ſolches mehr auf gewiſſe innere Theile, auf ein Gehirn, oder auf ein Fibern- und Nerven- ſyſtem zuſammengezogen iſt. Jn den Poly- pen ſind die Principe der Empfindlichkeit und der Bewegung wie in den Pflanzen allenthal- ben verbreitet, aber in den Polypen ſind ſie mehr und genauer mit einander zu Einem Ganzen vereinigt, haben mehr Gemeinſchaft mit einander, und machen ein inniger verbun- denes Eins aus, als die vegetirende Kraft in den Pflanzen, die mehr in jedem Theil fuͤr ſich
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[XXVII/0031]
Vorrede.
uͤberhebe, ſorgfaͤltig auf alle Umſtaͤnde zuruͤck
zu ſehen, worunter wir ſie anwenden. Ver-
ſchiedene neuere Philoſophen finden die Mate-
rialitaͤt der Seele, der Analogie, der Natur
und der Stufenleiter der Dinge gemaͤßer, als
ihre weſentliche Verſchiedenartigkeit von dem
Koͤrper. Die Natur gehet herauf von groͤbe-
rer zu feinerer Organiſation in ihren zuſam-
mengeſetzten Weſen, aber von der Organiſa-
tion zur Jmmaterialitaͤt ſcheinet ein Sprung zu
ſeyn, der ſich nicht wohl von ihr erwarten laͤßt.
Mich deucht, es laſſe ſich dieſelbige Art zu ſchlieſ-
ſen umkehren, und eben ſo gut fuͤr die Jmma-
terialitaͤt der Seele gebrauchen, als gegen ſie,
und vielleicht noch beſſer. Fangen wir bey den
Pflanzen und organiſirten nicht beſeelten We-
ſen an, und gehen zu den Thieren uͤber, ſo ſe-
hen wir auf Weſen, in welchen das innere
Princip ihrer Lebensbewegungen durch alle
Theile des Ganzen faſt gleichfoͤrmig vertheilet
iſt, andere Weſen in der Stufenleiter ſtehen,
wo ſolches mehr auf gewiſſe innere Theile, auf
ein Gehirn, oder auf ein Fibern- und Nerven-
ſyſtem zuſammengezogen iſt. Jn den Poly-
pen ſind die Principe der Empfindlichkeit und
der Bewegung wie in den Pflanzen allenthal-
ben verbreitet, aber in den Polypen ſind ſie
mehr und genauer mit einander zu Einem
Ganzen vereinigt, haben mehr Gemeinſchaft
mit einander, und machen ein inniger verbun-
denes Eins aus, als die vegetirende Kraft in
den Pflanzen, die mehr in jedem Theil fuͤr ſich
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. XXVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/31>, abgerufen am 22.12.2024.
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