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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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Kenntn. v. d. objektiv. Existenz d. Dinge.
VIII.
Jn welcher Ordnung die Gedanken von unse-
rer innern Existenz, und von der Existenz
äußerer Dinge entstehen?

Das Resultat dieser Anmerkungen über den Ursprung
der Grundbegriffe des Verstandes fällt von selbst
auf.

Zuerst, "daß es eben so natürlich, eben so nothwen-
"dig sey, und nach denselbigen Wirkungsgesetzen der
"Denkkraft erfolge, wenn ich denke: mein Körper
"ist ein wirklich vorhandenes Objekt, und ist
"nicht mein Jch; der Baum, den ich sehe und
"befühle, ist ein wirklich vorhandenes Objekt
"für sich, und weder meine Seele, noch mein
"Körper
;" diese Urtheile sind eben so natürlich, so na-
he den ersten Thätigkeiten der Reflexion, als wenn ich
denke: "Jch, als Seele bin ein wirkliches vor-
"handenes Ding.
" Diese Folgerung ist gegen Hu-
me
und Berkeley, die ich nicht weiter gebrauchen will.
Jch will eine andere herausziehen, welche zur Beurthei-
lung des Buffonschen Raisonnements über die Ordnung,
in der sich die Gedanken von der objektivischen und sub-
jektivischen Existenz entwickeln, dienlich ist, und die,
wenn es möglich ist, eine noch größere Evidenz an sich
hat.

Hr. von Buffon setzt voraus, der sich bildende
Verstand habe zuerst den ganzen Jnbegriff seiner Em-
pfindungen in Ein Ganzes vereiniget, und aus ihnen
allen Eine Existenz gemacht. Alsdenn müßte jede
einzelne bemerkte Modifikation mit diesem Ganzen Selbst
verglichen, auf solches bezogen worden seyn, und sich als
einen Theil oder Zug unsers Jchs, das heißt, als eine
Beschaffenheit desselben dargestellet haben. Was der

Mensch
Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge.
VIII.
Jn welcher Ordnung die Gedanken von unſe-
rer innern Exiſtenz, und von der Exiſtenz
aͤußerer Dinge entſtehen?

Das Reſultat dieſer Anmerkungen uͤber den Urſprung
der Grundbegriffe des Verſtandes faͤllt von ſelbſt
auf.

Zuerſt, „daß es eben ſo natuͤrlich, eben ſo nothwen-
„dig ſey, und nach denſelbigen Wirkungsgeſetzen der
„Denkkraft erfolge, wenn ich denke: mein Koͤrper
„iſt ein wirklich vorhandenes Objekt, und iſt
„nicht mein Jch; der Baum, den ich ſehe und
„befuͤhle, iſt ein wirklich vorhandenes Objekt
„fuͤr ſich, und weder meine Seele, noch mein
„Koͤrper
;“ dieſe Urtheile ſind eben ſo natuͤrlich, ſo na-
he den erſten Thaͤtigkeiten der Reflexion, als wenn ich
denke: „Jch, als Seele bin ein wirkliches vor-
„handenes Ding.
“ Dieſe Folgerung iſt gegen Hu-
me
und Berkeley, die ich nicht weiter gebrauchen will.
Jch will eine andere herausziehen, welche zur Beurthei-
lung des Buffonſchen Raiſonnements uͤber die Ordnung,
in der ſich die Gedanken von der objektiviſchen und ſub-
jektiviſchen Exiſtenz entwickeln, dienlich iſt, und die,
wenn es moͤglich iſt, eine noch groͤßere Evidenz an ſich
hat.

Hr. von Buffon ſetzt voraus, der ſich bildende
Verſtand habe zuerſt den ganzen Jnbegriff ſeiner Em-
pfindungen in Ein Ganzes vereiniget, und aus ihnen
allen Eine Exiſtenz gemacht. Alsdenn muͤßte jede
einzelne bemerkte Modifikation mit dieſem Ganzen Selbſt
verglichen, auf ſolches bezogen worden ſeyn, und ſich als
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[411/0471] Kenntn. v. d. objektiv. Exiſtenz d. Dinge. VIII. Jn welcher Ordnung die Gedanken von unſe- rer innern Exiſtenz, und von der Exiſtenz aͤußerer Dinge entſtehen? Das Reſultat dieſer Anmerkungen uͤber den Urſprung der Grundbegriffe des Verſtandes faͤllt von ſelbſt auf. Zuerſt, „daß es eben ſo natuͤrlich, eben ſo nothwen- „dig ſey, und nach denſelbigen Wirkungsgeſetzen der „Denkkraft erfolge, wenn ich denke: mein Koͤrper „iſt ein wirklich vorhandenes Objekt, und iſt „nicht mein Jch; der Baum, den ich ſehe und „befuͤhle, iſt ein wirklich vorhandenes Objekt „fuͤr ſich, und weder meine Seele, noch mein „Koͤrper;“ dieſe Urtheile ſind eben ſo natuͤrlich, ſo na- he den erſten Thaͤtigkeiten der Reflexion, als wenn ich denke: „Jch, als Seele bin ein wirkliches vor- „handenes Ding.“ Dieſe Folgerung iſt gegen Hu- me und Berkeley, die ich nicht weiter gebrauchen will. Jch will eine andere herausziehen, welche zur Beurthei- lung des Buffonſchen Raiſonnements uͤber die Ordnung, in der ſich die Gedanken von der objektiviſchen und ſub- jektiviſchen Exiſtenz entwickeln, dienlich iſt, und die, wenn es moͤglich iſt, eine noch groͤßere Evidenz an ſich hat. Hr. von Buffon ſetzt voraus, der ſich bildende Verſtand habe zuerſt den ganzen Jnbegriff ſeiner Em- pfindungen in Ein Ganzes vereiniget, und aus ihnen allen Eine Exiſtenz gemacht. Alsdenn muͤßte jede einzelne bemerkte Modifikation mit dieſem Ganzen Selbſt verglichen, auf ſolches bezogen worden ſeyn, und ſich als einen Theil oder Zug unſers Jchs, das heißt, als eine Beſchaffenheit deſſelben dargeſtellet haben. Was der Menſch

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/471>, abgerufen am 22.12.2024.