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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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höhetes, verlängertes oder mehr verfeinertes Empfin-
den?

Auf die Beantwortungen dieser Fragen sind die Un-
tersuchungen der systematischen Seelenlehrer hinausge-
gangen. Alles entstehet aus Einer Grundkraft; diese
wirket überall auf einerley Art und nach einerley Gesetzen.
Dieß ist ein Grundsaz fast bey allen.

So wie die Seele für sich ein einfaches Wesen ist;
so soll auch ihre wirkende Kraft einfach und einartig seyn,
und auf eine und dieselbige Art wirken, wann sie wirket,
und nur die Anstrengung und Stärke, mit welcher sie wir-
ket, und die Richtung der Kraft nebst den Gegenstän-
den, auf welche sie sich auslässet, sollen den Grund von
allen Verschiedenheiten ausmachen, die wir bey ihren
Aeußerungen und Thätigkeiten antreffen. Da mag sie
denn in sich selbst wirken, oder außer sich, sie mag
wirken im Denken, im Empfinden, im Vorstellen,
oder auch außer sich auf den Körper im Bewegen; so
können diese Wirkungen nur in solchen Hinsichten ver-
schieden seyn, als ich vorher angeführet habe.

Einige haben diese Einartigkeit der Seelen-Aeus-
serungen nur auf solche ausgedehnet, die man bey den
künstlichen Abtheilungen zu einer besondern Klasse hin-
brachte; und vor andern hat man diejenigen, welche zu
dem Erkenntniß-Vermögen gerechnet worden sind, und
unter den genannten dreyen, dem Empfinden, dem
Vorstellen und Denken begriffen werden können, als
gleichartig angesehn. Zu diesen Aktionen hat man eine
Grundkraft angenommen, und diese den Verstand ge-
nennet. Die Willens-Aeußerungen in der Seele sind
zu einer andern Klasse gebracht, und dann auch alle zu-
sammen auf eine ähnliche Weise in eine Grundkraft auf-
gelöset worden. Hr. Sulzer nimmt zwo Grundkräfte in
der Seele an, Verstand und Empfindsamkeit. Aber
die meisten sind weiter gegangen, und ihrer Meinung

nach
A 2

der Vorſtellungen.
hoͤhetes, verlaͤngertes oder mehr verfeinertes Empfin-
den?

Auf die Beantwortungen dieſer Fragen ſind die Un-
terſuchungen der ſyſtematiſchen Seelenlehrer hinausge-
gangen. Alles entſtehet aus Einer Grundkraft; dieſe
wirket uͤberall auf einerley Art und nach einerley Geſetzen.
Dieß iſt ein Grundſaz faſt bey allen.

So wie die Seele fuͤr ſich ein einfaches Weſen iſt;
ſo ſoll auch ihre wirkende Kraft einfach und einartig ſeyn,
und auf eine und dieſelbige Art wirken, wann ſie wirket,
und nur die Anſtrengung und Staͤrke, mit welcher ſie wir-
ket, und die Richtung der Kraft nebſt den Gegenſtaͤn-
den, auf welche ſie ſich auslaͤſſet, ſollen den Grund von
allen Verſchiedenheiten ausmachen, die wir bey ihren
Aeußerungen und Thaͤtigkeiten antreffen. Da mag ſie
denn in ſich ſelbſt wirken, oder außer ſich, ſie mag
wirken im Denken, im Empfinden, im Vorſtellen,
oder auch außer ſich auf den Koͤrper im Bewegen; ſo
koͤnnen dieſe Wirkungen nur in ſolchen Hinſichten ver-
ſchieden ſeyn, als ich vorher angefuͤhret habe.

Einige haben dieſe Einartigkeit der Seelen-Aeuſ-
ſerungen nur auf ſolche ausgedehnet, die man bey den
kuͤnſtlichen Abtheilungen zu einer beſondern Klaſſe hin-
brachte; und vor andern hat man diejenigen, welche zu
dem Erkenntniß-Vermoͤgen gerechnet worden ſind, und
unter den genannten dreyen, dem Empfinden, dem
Vorſtellen und Denken begriffen werden koͤnnen, als
gleichartig angeſehn. Zu dieſen Aktionen hat man eine
Grundkraft angenommen, und dieſe den Verſtand ge-
nennet. Die Willens-Aeußerungen in der Seele ſind
zu einer andern Klaſſe gebracht, und dann auch alle zu-
ſammen auf eine aͤhnliche Weiſe in eine Grundkraft auf-
geloͤſet worden. Hr. Sulzer nimmt zwo Grundkraͤfte in
der Seele an, Verſtand und Empfindſamkeit. Aber
die meiſten ſind weiter gegangen, und ihrer Meinung

nach
A 2
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[3/0063] der Vorſtellungen. hoͤhetes, verlaͤngertes oder mehr verfeinertes Empfin- den? Auf die Beantwortungen dieſer Fragen ſind die Un- terſuchungen der ſyſtematiſchen Seelenlehrer hinausge- gangen. Alles entſtehet aus Einer Grundkraft; dieſe wirket uͤberall auf einerley Art und nach einerley Geſetzen. Dieß iſt ein Grundſaz faſt bey allen. So wie die Seele fuͤr ſich ein einfaches Weſen iſt; ſo ſoll auch ihre wirkende Kraft einfach und einartig ſeyn, und auf eine und dieſelbige Art wirken, wann ſie wirket, und nur die Anſtrengung und Staͤrke, mit welcher ſie wir- ket, und die Richtung der Kraft nebſt den Gegenſtaͤn- den, auf welche ſie ſich auslaͤſſet, ſollen den Grund von allen Verſchiedenheiten ausmachen, die wir bey ihren Aeußerungen und Thaͤtigkeiten antreffen. Da mag ſie denn in ſich ſelbſt wirken, oder außer ſich, ſie mag wirken im Denken, im Empfinden, im Vorſtellen, oder auch außer ſich auf den Koͤrper im Bewegen; ſo koͤnnen dieſe Wirkungen nur in ſolchen Hinſichten ver- ſchieden ſeyn, als ich vorher angefuͤhret habe. Einige haben dieſe Einartigkeit der Seelen-Aeuſ- ſerungen nur auf ſolche ausgedehnet, die man bey den kuͤnſtlichen Abtheilungen zu einer beſondern Klaſſe hin- brachte; und vor andern hat man diejenigen, welche zu dem Erkenntniß-Vermoͤgen gerechnet worden ſind, und unter den genannten dreyen, dem Empfinden, dem Vorſtellen und Denken begriffen werden koͤnnen, als gleichartig angeſehn. Zu dieſen Aktionen hat man eine Grundkraft angenommen, und dieſe den Verſtand ge- nennet. Die Willens-Aeußerungen in der Seele ſind zu einer andern Klaſſe gebracht, und dann auch alle zu- ſammen auf eine aͤhnliche Weiſe in eine Grundkraft auf- geloͤſet worden. Hr. Sulzer nimmt zwo Grundkraͤfte in der Seele an, Verſtand und Empfindſamkeit. Aber die meiſten ſind weiter gegangen, und ihrer Meinung nach A 2

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/63>, abgerufen am 22.12.2024.