seinem innern Druck vorher schon hatte, ehe die Oeff- nung gemacht war, und solche durch diese letztern nicht erst annahm?
2.
Die unmittelbare Erfahrung scheinet uns also auf ein- mal alles ins Klare zu setzen. Jndessen wird die Aussicht bald wieder trübe, wenn wir sie deutlicher fassen wollen.
Wenn unser inneres Princip zum Wollen und Nichtwollen, zum Thun und zum Lassen, zu die- ser Art der Aktion und zu einer andern, innerlich un- bestimmt, oder zu allen auf gleiche Weise bestimmt ist, wie entstehet denn diejenige Kraftäußerung, welche wirk- lich erfolget? Wollen ist doch etwas anders, als Nichtwollen, eine andere Wirkung, eine andere Bestimmung; zur Rechten gehen ist doch eine andere Aktion, als zur Linken hin gehen. Woher das Eigene in der Art der Aktion, welche erfolget? Jst hier nicht etwas mehr, als bloß eine Applikation des unbestimm- ten innern Princips auf eine gewisse Vorstellung, oder auf ein gewisses Objekt?
Beide, die Deterministen sowohl, als Jndeter- ministen fcheinen darüber einig zu seyn, "daß in der "wirklichen Anwendung der innern Kraft eine eigene "hinzu gekommene Beschaffenheit, und zwar in "dem Jnnern der Aktion selbst vorhanden sey, die nicht "bloß von der Beschaffenheit des Objekts und von des- "sen Receptivität abhange." Es ist dasselbige Objekt, ich mag mich bestimmen zum Wollen oder zum Nicht- wollen; aber diese beiden Handlungen sind nach den Be- griffen beider Partheyen, unterschiedene Aktionen; in dem Wollen ist etwas, was in dem Nichtwollen nicht ist. Woher nun dieses?
Da ist eben die Beschaffenheit, sagen die Deter- ministen, welche auch ihren zureichenden Grund haben muß. Sie hat ihn auch in dem Gefallen, oder
in
und Freyheit.
ſeinem innern Druck vorher ſchon hatte, ehe die Oeff- nung gemacht war, und ſolche durch dieſe letztern nicht erſt annahm?
2.
Die unmittelbare Erfahrung ſcheinet uns alſo auf ein- mal alles ins Klare zu ſetzen. Jndeſſen wird die Ausſicht bald wieder truͤbe, wenn wir ſie deutlicher faſſen wollen.
Wenn unſer inneres Princip zum Wollen und Nichtwollen, zum Thun und zum Laſſen, zu die- ſer Art der Aktion und zu einer andern, innerlich un- beſtimmt, oder zu allen auf gleiche Weiſe beſtimmt iſt, wie entſtehet denn diejenige Kraftaͤußerung, welche wirk- lich erfolget? Wollen iſt doch etwas anders, als Nichtwollen, eine andere Wirkung, eine andere Beſtimmung; zur Rechten gehen iſt doch eine andere Aktion, als zur Linken hin gehen. Woher das Eigene in der Art der Aktion, welche erfolget? Jſt hier nicht etwas mehr, als bloß eine Applikation des unbeſtimm- ten innern Princips auf eine gewiſſe Vorſtellung, oder auf ein gewiſſes Objekt?
Beide, die Determiniſten ſowohl, als Jndeter- miniſten fcheinen daruͤber einig zu ſeyn, „daß in der „wirklichen Anwendung der innern Kraft eine eigene „hinzu gekommene Beſchaffenheit, und zwar in „dem Jnnern der Aktion ſelbſt vorhanden ſey, die nicht „bloß von der Beſchaffenheit des Objekts und von deſ- „ſen Receptivitaͤt abhange.‟ Es iſt daſſelbige Objekt, ich mag mich beſtimmen zum Wollen oder zum Nicht- wollen; aber dieſe beiden Handlungen ſind nach den Be- griffen beider Partheyen, unterſchiedene Aktionen; in dem Wollen iſt etwas, was in dem Nichtwollen nicht iſt. Woher nun dieſes?
Da iſt eben die Beſchaffenheit, ſagen die Deter- miniſten, welche auch ihren zureichenden Grund haben muß. Sie hat ihn auch in dem Gefallen, oder
in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0093"n="63"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und Freyheit.</hi></fw><lb/>ſeinem innern Druck vorher ſchon hatte, ehe die Oeff-<lb/>
nung gemacht war, und ſolche durch dieſe letztern nicht<lb/>
erſt annahm?</p></div><lb/><divn="3"><head>2.</head><lb/><p>Die unmittelbare Erfahrung ſcheinet uns alſo auf ein-<lb/>
mal alles ins Klare zu ſetzen. Jndeſſen wird die Ausſicht<lb/>
bald wieder truͤbe, wenn wir ſie deutlicher faſſen wollen.</p><lb/><p>Wenn unſer <hirendition="#fr">inneres Princip</hi> zum <hirendition="#fr">Wollen</hi> und<lb/><hirendition="#fr">Nichtwollen,</hi> zum <hirendition="#fr">Thun</hi> und zum <hirendition="#fr">Laſſen,</hi> zu die-<lb/>ſer Art der Aktion und zu einer andern, <hirendition="#fr">innerlich un-<lb/>
beſtimmt,</hi> oder zu allen auf gleiche Weiſe beſtimmt iſt,<lb/>
wie entſtehet denn diejenige Kraftaͤußerung, welche wirk-<lb/>
lich erfolget? <hirendition="#fr">Wollen</hi> iſt doch etwas anders, als<lb/><hirendition="#fr">Nichtwollen,</hi> eine andere Wirkung, eine andere<lb/>
Beſtimmung; zur Rechten gehen iſt doch eine andere<lb/>
Aktion, als zur Linken hin gehen. Woher das Eigene<lb/>
in der Art der Aktion, welche erfolget? Jſt hier nicht<lb/>
etwas mehr, als bloß eine Applikation des unbeſtimm-<lb/>
ten innern Princips auf eine gewiſſe Vorſtellung, oder<lb/>
auf ein gewiſſes Objekt?</p><lb/><p>Beide, die <hirendition="#fr">Determiniſten</hi>ſowohl, als <hirendition="#fr">Jndeter-<lb/>
miniſten</hi> fcheinen daruͤber einig zu ſeyn, „daß in der<lb/>„wirklichen Anwendung der innern Kraft eine <hirendition="#fr">eigene<lb/>„hinzu gekommene Beſchaffenheit,</hi> und zwar in<lb/>„dem Jnnern der Aktion ſelbſt vorhanden ſey, die nicht<lb/>„bloß von der Beſchaffenheit des Objekts und von deſ-<lb/>„ſen Receptivitaͤt abhange.‟ Es iſt daſſelbige Objekt,<lb/>
ich mag mich beſtimmen zum Wollen oder zum Nicht-<lb/>
wollen; aber dieſe beiden Handlungen ſind nach den Be-<lb/>
griffen beider Partheyen, unterſchiedene Aktionen; in<lb/>
dem <hirendition="#fr">Wollen</hi> iſt etwas, was in dem <hirendition="#fr">Nichtwollen</hi><lb/>
nicht iſt. Woher nun dieſes?</p><lb/><p>Da iſt eben die Beſchaffenheit, ſagen die <hirendition="#fr">Deter-<lb/>
miniſten,</hi> welche auch ihren <hirendition="#fr">zureichenden Grund</hi><lb/>
haben muß. Sie hat ihn auch in dem Gefallen, oder<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[63/0093]
und Freyheit.
ſeinem innern Druck vorher ſchon hatte, ehe die Oeff-
nung gemacht war, und ſolche durch dieſe letztern nicht
erſt annahm?
2.
Die unmittelbare Erfahrung ſcheinet uns alſo auf ein-
mal alles ins Klare zu ſetzen. Jndeſſen wird die Ausſicht
bald wieder truͤbe, wenn wir ſie deutlicher faſſen wollen.
Wenn unſer inneres Princip zum Wollen und
Nichtwollen, zum Thun und zum Laſſen, zu die-
ſer Art der Aktion und zu einer andern, innerlich un-
beſtimmt, oder zu allen auf gleiche Weiſe beſtimmt iſt,
wie entſtehet denn diejenige Kraftaͤußerung, welche wirk-
lich erfolget? Wollen iſt doch etwas anders, als
Nichtwollen, eine andere Wirkung, eine andere
Beſtimmung; zur Rechten gehen iſt doch eine andere
Aktion, als zur Linken hin gehen. Woher das Eigene
in der Art der Aktion, welche erfolget? Jſt hier nicht
etwas mehr, als bloß eine Applikation des unbeſtimm-
ten innern Princips auf eine gewiſſe Vorſtellung, oder
auf ein gewiſſes Objekt?
Beide, die Determiniſten ſowohl, als Jndeter-
miniſten fcheinen daruͤber einig zu ſeyn, „daß in der
„wirklichen Anwendung der innern Kraft eine eigene
„hinzu gekommene Beſchaffenheit, und zwar in
„dem Jnnern der Aktion ſelbſt vorhanden ſey, die nicht
„bloß von der Beſchaffenheit des Objekts und von deſ-
„ſen Receptivitaͤt abhange.‟ Es iſt daſſelbige Objekt,
ich mag mich beſtimmen zum Wollen oder zum Nicht-
wollen; aber dieſe beiden Handlungen ſind nach den Be-
griffen beider Partheyen, unterſchiedene Aktionen; in
dem Wollen iſt etwas, was in dem Nichtwollen
nicht iſt. Woher nun dieſes?
Da iſt eben die Beſchaffenheit, ſagen die Deter-
miniſten, welche auch ihren zureichenden Grund
haben muß. Sie hat ihn auch in dem Gefallen, oder
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/93>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.