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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Begründung der Lehre.
Kenntniß und genauere Anstellung, ist jedoch, wie wir sehen werden, von höchster
Wichtigkeit für die Lehre vom Ackerbau.

§. 23.

Versuche indessen, wo Zahl, Maaß und Gewicht möglichst genau angewandt,
und Alles, was wir diesen nicht unterwerfen können, doch mit möglichster Genauig-
keit beachtet worden, können wir allerdings auch vom Landwirthe erwarten, und sie
bleiben, ungeachtet sie nicht in vollkommenster Reinheit angestellt werden konnten,
dennoch von Wichtigkeit.

§. 24.

Besonders aber giebt es eine Art von Versuchen, welche den völlig reinen Ver-
suchen fast gleich kommen, und in der Landwirthschaft wenigstens eben so genau, wie
in vielen andern Erfahrungswissenschaften angestellet werden können. Dies sind die
komparativen Versuche. Da nemlich unter freiem Himmel die einwirkenden Dinge
selten nach unserer Willkühr herbeigeschafft und entfernt, eben so wenig gemessen und
gewogen werden können, so müssen wir, um die Wirkung eines in unserer Gewalt
stehenden Dinges zu erforschen, nur dieses einzige in verschiedenen zugleich und
neben einander angestellten Versuchen zusetzen und weglassen, quantitativisch und qua-
litativisch verändern, alles übrige aber möglichst gleich erhalten. Der Erfolg wird
uns dann über den Antheil, den der einzige veränderte Umstand darauf hatte, beleh-
ren und uns anzeigen, ob und in wiefern dieser zur Erreichung eines gewissen Zweckes
nützlich oder unnütz sey. Diese Versuche müssen jedoch, um vollständig zu seyn, un-
ter mannigfaltigen, nicht in unserer Gewalt stehenden Umständen, in verschiedenen
Klimaten, bei verschiedenem Witterungslaufe, auf verschiedenen Bodenarten, wie-
derholt werden.

§. 25.

Versuche dieser Art sind freilich nicht leicht, aber dennoch jedem denkenden Land-
wirthe möglich. Und jeder der einen solchen, aber vollständig, ausführt, sey es
auch nur unter besonderen Umständen, und treu erzählt, macht sich um die Wissen-
schaft des Gewerbes, und folglich auch um die Praxis bei Welt und Nachwelt ver-
dient. Sie in Menge anzustellen, übersteigt die Kräfte und die Forderungen, die

Begruͤndung der Lehre.
Kenntniß und genauere Anſtellung, iſt jedoch, wie wir ſehen werden, von hoͤchſter
Wichtigkeit fuͤr die Lehre vom Ackerbau.

§. 23.

Verſuche indeſſen, wo Zahl, Maaß und Gewicht moͤglichſt genau angewandt,
und Alles, was wir dieſen nicht unterwerfen koͤnnen, doch mit moͤglichſter Genauig-
keit beachtet worden, koͤnnen wir allerdings auch vom Landwirthe erwarten, und ſie
bleiben, ungeachtet ſie nicht in vollkommenſter Reinheit angeſtellt werden konnten,
dennoch von Wichtigkeit.

§. 24.

Beſonders aber giebt es eine Art von Verſuchen, welche den voͤllig reinen Ver-
ſuchen faſt gleich kommen, und in der Landwirthſchaft wenigſtens eben ſo genau, wie
in vielen andern Erfahrungswiſſenſchaften angeſtellet werden koͤnnen. Dies ſind die
komparativen Verſuche. Da nemlich unter freiem Himmel die einwirkenden Dinge
ſelten nach unſerer Willkuͤhr herbeigeſchafft und entfernt, eben ſo wenig gemeſſen und
gewogen werden koͤnnen, ſo muͤſſen wir, um die Wirkung eines in unſerer Gewalt
ſtehenden Dinges zu erforſchen, nur dieſes einzige in verſchiedenen zugleich und
neben einander angeſtellten Verſuchen zuſetzen und weglaſſen, quantitativiſch und qua-
litativiſch veraͤndern, alles uͤbrige aber moͤglichſt gleich erhalten. Der Erfolg wird
uns dann uͤber den Antheil, den der einzige veraͤnderte Umſtand darauf hatte, beleh-
ren und uns anzeigen, ob und in wiefern dieſer zur Erreichung eines gewiſſen Zweckes
nuͤtzlich oder unnuͤtz ſey. Dieſe Verſuche muͤſſen jedoch, um vollſtaͤndig zu ſeyn, un-
ter mannigfaltigen, nicht in unſerer Gewalt ſtehenden Umſtaͤnden, in verſchiedenen
Klimaten, bei verſchiedenem Witterungslaufe, auf verſchiedenen Bodenarten, wie-
derholt werden.

§. 25.

Verſuche dieſer Art ſind freilich nicht leicht, aber dennoch jedem denkenden Land-
wirthe moͤglich. Und jeder der einen ſolchen, aber vollſtaͤndig, ausfuͤhrt, ſey es
auch nur unter beſonderen Umſtaͤnden, und treu erzaͤhlt, macht ſich um die Wiſſen-
ſchaft des Gewerbes, und folglich auch um die Praxis bei Welt und Nachwelt ver-
dient. Sie in Menge anzuſtellen, uͤberſteigt die Kraͤfte und die Forderungen, die

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[10/0040] Begruͤndung der Lehre. Kenntniß und genauere Anſtellung, iſt jedoch, wie wir ſehen werden, von hoͤchſter Wichtigkeit fuͤr die Lehre vom Ackerbau. §. 23. Verſuche indeſſen, wo Zahl, Maaß und Gewicht moͤglichſt genau angewandt, und Alles, was wir dieſen nicht unterwerfen koͤnnen, doch mit moͤglichſter Genauig- keit beachtet worden, koͤnnen wir allerdings auch vom Landwirthe erwarten, und ſie bleiben, ungeachtet ſie nicht in vollkommenſter Reinheit angeſtellt werden konnten, dennoch von Wichtigkeit. §. 24. Beſonders aber giebt es eine Art von Verſuchen, welche den voͤllig reinen Ver- ſuchen faſt gleich kommen, und in der Landwirthſchaft wenigſtens eben ſo genau, wie in vielen andern Erfahrungswiſſenſchaften angeſtellet werden koͤnnen. Dies ſind die komparativen Verſuche. Da nemlich unter freiem Himmel die einwirkenden Dinge ſelten nach unſerer Willkuͤhr herbeigeſchafft und entfernt, eben ſo wenig gemeſſen und gewogen werden koͤnnen, ſo muͤſſen wir, um die Wirkung eines in unſerer Gewalt ſtehenden Dinges zu erforſchen, nur dieſes einzige in verſchiedenen zugleich und neben einander angeſtellten Verſuchen zuſetzen und weglaſſen, quantitativiſch und qua- litativiſch veraͤndern, alles uͤbrige aber moͤglichſt gleich erhalten. Der Erfolg wird uns dann uͤber den Antheil, den der einzige veraͤnderte Umſtand darauf hatte, beleh- ren und uns anzeigen, ob und in wiefern dieſer zur Erreichung eines gewiſſen Zweckes nuͤtzlich oder unnuͤtz ſey. Dieſe Verſuche muͤſſen jedoch, um vollſtaͤndig zu ſeyn, un- ter mannigfaltigen, nicht in unſerer Gewalt ſtehenden Umſtaͤnden, in verſchiedenen Klimaten, bei verſchiedenem Witterungslaufe, auf verſchiedenen Bodenarten, wie- derholt werden. §. 25. Verſuche dieſer Art ſind freilich nicht leicht, aber dennoch jedem denkenden Land- wirthe moͤglich. Und jeder der einen ſolchen, aber vollſtaͤndig, ausfuͤhrt, ſey es auch nur unter beſonderen Umſtaͤnden, und treu erzaͤhlt, macht ſich um die Wiſſen- ſchaft des Gewerbes, und folglich auch um die Praxis bei Welt und Nachwelt ver- dient. Sie in Menge anzuſtellen, uͤberſteigt die Kraͤfte und die Forderungen, die

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/40>, abgerufen am 23.11.2024.