Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Werthschätzung eines Landguts.
nutzte Grundstücke einen unglaublich höheren Werth, es sey als privative kultivirte
Weide oder zu anderer Benutzung, erlangen könne.

2) Auf der Brache und Stoppel des Ackerlandes. In sofern diese Weide
auf eignen Ackern ausgeübt wird, wird sie in der Veranschlagung als Acker oder der
Viehnutzung mit berechnet. Wenn sie aber vermöge einer Berechtigung auf fremden
Aeckern ausgeführt wird, so muß sie besonders in Anschlag gebracht werden. Denn
so nachtheilig solche im Ganzen ist, und so wenig Vortheil der berechtigte im Ver-
hältniß des Schadens, den er den Triftleidenden dadurch thut, hiervon hat, so geht
doch unter manchen Verhältnissen für jenen immer einige Benutzung daraus her-
vor, die er ohne Ersatz aufzugeben nicht schuldig ist. Die Hauptbenutzung derselben
ist ohne Zweifel für die Schäferei, so daß manche, obwohl fälschlich, geglaubt haben,
daß Schäfereien ohne solchen nicht bestehen könnten. Um ihren Werth auszumitteln,
muß man bestimmen, wieviel auf Boden dieser Art und bei dieser Düngung auf
einen Kopf Vieh erforderlich seyn würde, wenn der Acker den ganzen Sommer hin-
durch dreisch oder zur Weide läge. Sodann muß man die Dauer der Weidezeit,
deren Anfang und Ende nach der Observanz und Bestellung verschieden ist, berück-
sichtigen, und endlich die Vegetationsperiode, worin sie fällt; indem nämlich diese in
den frühern Monaten immer stärker, wie in den spätern ist. Die Brachbehütung ist
in den neuern Zeiten fast allenthalben durch die Berechtigung, einen Theil der Brache
zu bestellen, eingeschränkt worden, in einigen Gegenden jedoch nicht, und es muß
hier die Erlaubniß dazu von dem Triftberechtigten besonders eingeholt, und mit einem
Aequivalent bezahlt werden. So ist auch der Termin, wo der zu brachende Acker
zum erstenmale umgebrochen wird, bald willkührlich, bald früher oder später bestimmt;
und da diese Weide mit dem ersten Umbruche ihren Werth zum größten Theile verliert,
so ist hierauf bei Würdigung derselben besonders Rücksicht zu nehmen. So wie der
Verstand sein Licht über die Angelegenheiten des Ackerbaues mehr verbreitet, darf
man erwarten, daß diese alte, wohl mehrentheils erschlichene Berechtigung wird
aufgehoben werden, jedoch, der Gerechtigkeit nach, nicht ohne billigen Ersatz für den
wirklich daraus gezogenen Vortheil.

3) Auf Wiesen, im Frühjahre und nach geschehener Aberntung mit einem
oder zwei Schnitten. Hier kann ebenfalls nur von der Berechtigung auf fremden
Wiesen die Rede seyn, und der Werth derselben richtet sich nach der Güte des Wie-

Werthſchaͤtzung eines Landguts.
nutzte Grundſtuͤcke einen unglaublich hoͤheren Werth, es ſey als privative kultivirte
Weide oder zu anderer Benutzung, erlangen koͤnne.

2) Auf der Brache und Stoppel des Ackerlandes. In ſofern dieſe Weide
auf eignen Ackern ausgeuͤbt wird, wird ſie in der Veranſchlagung als Acker oder der
Viehnutzung mit berechnet. Wenn ſie aber vermoͤge einer Berechtigung auf fremden
Aeckern ausgefuͤhrt wird, ſo muß ſie beſonders in Anſchlag gebracht werden. Denn
ſo nachtheilig ſolche im Ganzen iſt, und ſo wenig Vortheil der berechtigte im Ver-
haͤltniß des Schadens, den er den Triftleidenden dadurch thut, hiervon hat, ſo geht
doch unter manchen Verhaͤltniſſen fuͤr jenen immer einige Benutzung daraus her-
vor, die er ohne Erſatz aufzugeben nicht ſchuldig iſt. Die Hauptbenutzung derſelben
iſt ohne Zweifel fuͤr die Schaͤferei, ſo daß manche, obwohl faͤlſchlich, geglaubt haben,
daß Schaͤfereien ohne ſolchen nicht beſtehen koͤnnten. Um ihren Werth auszumitteln,
muß man beſtimmen, wieviel auf Boden dieſer Art und bei dieſer Duͤngung auf
einen Kopf Vieh erforderlich ſeyn wuͤrde, wenn der Acker den ganzen Sommer hin-
durch dreiſch oder zur Weide laͤge. Sodann muß man die Dauer der Weidezeit,
deren Anfang und Ende nach der Obſervanz und Beſtellung verſchieden iſt, beruͤck-
ſichtigen, und endlich die Vegetationsperiode, worin ſie faͤllt; indem naͤmlich dieſe in
den fruͤhern Monaten immer ſtaͤrker, wie in den ſpaͤtern iſt. Die Brachbehuͤtung iſt
in den neuern Zeiten faſt allenthalben durch die Berechtigung, einen Theil der Brache
zu beſtellen, eingeſchraͤnkt worden, in einigen Gegenden jedoch nicht, und es muß
hier die Erlaubniß dazu von dem Triftberechtigten beſonders eingeholt, und mit einem
Aequivalent bezahlt werden. So iſt auch der Termin, wo der zu brachende Acker
zum erſtenmale umgebrochen wird, bald willkuͤhrlich, bald fruͤher oder ſpaͤter beſtimmt;
und da dieſe Weide mit dem erſten Umbruche ihren Werth zum groͤßten Theile verliert,
ſo iſt hierauf bei Wuͤrdigung derſelben beſonders Ruͤckſicht zu nehmen. So wie der
Verſtand ſein Licht uͤber die Angelegenheiten des Ackerbaues mehr verbreitet, darf
man erwarten, daß dieſe alte, wohl mehrentheils erſchlichene Berechtigung wird
aufgehoben werden, jedoch, der Gerechtigkeit nach, nicht ohne billigen Erſatz fuͤr den
wirklich daraus gezogenen Vortheil.

3) Auf Wieſen, im Fruͤhjahre und nach geſchehener Aberntung mit einem
oder zwei Schnitten. Hier kann ebenfalls nur von der Berechtigung auf fremden
Wieſen die Rede ſeyn, und der Werth derſelben richtet ſich nach der Guͤte des Wie-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0076" n="46"/><fw place="top" type="header">Werth&#x017F;cha&#x0364;tzung eines Landguts.</fw><lb/>
nutzte Grund&#x017F;tu&#x0364;cke einen unglaublich ho&#x0364;heren Werth, es &#x017F;ey als privative kultivirte<lb/>
Weide oder zu anderer Benutzung, erlangen ko&#x0364;nne.</p><lb/>
              <p>2) Auf der <hi rendition="#g">Brache</hi> und <hi rendition="#g">Stoppel</hi> des Ackerlandes. In &#x017F;ofern die&#x017F;e Weide<lb/>
auf eignen Ackern ausgeu&#x0364;bt wird, wird &#x017F;ie in der <choice><sic>Verau&#x017F;chlagung</sic><corr>Veran&#x017F;chlagung</corr></choice> als Acker oder der<lb/>
Viehnutzung mit berechnet. Wenn &#x017F;ie aber vermo&#x0364;ge einer Berechtigung auf fremden<lb/>
Aeckern ausgefu&#x0364;hrt wird, &#x017F;o muß &#x017F;ie be&#x017F;onders in An&#x017F;chlag gebracht werden. Denn<lb/>
&#x017F;o nachtheilig &#x017F;olche im Ganzen i&#x017F;t, und &#x017F;o wenig Vortheil der berechtigte im Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß des Schadens, den er den Triftleidenden dadurch thut, hiervon hat, &#x017F;o geht<lb/>
doch unter manchen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r jenen immer <hi rendition="#g">einige</hi> Benutzung daraus her-<lb/>
vor, die er ohne Er&#x017F;atz aufzugeben nicht &#x017F;chuldig i&#x017F;t. Die Hauptbenutzung der&#x017F;elben<lb/>
i&#x017F;t ohne Zweifel fu&#x0364;r die Scha&#x0364;ferei, &#x017F;o daß manche, obwohl fa&#x0364;l&#x017F;chlich, geglaubt haben,<lb/>
daß Scha&#x0364;fereien ohne &#x017F;olchen nicht be&#x017F;tehen ko&#x0364;nnten. Um ihren Werth auszumitteln,<lb/>
muß man be&#x017F;timmen, wieviel auf Boden die&#x017F;er Art und bei die&#x017F;er Du&#x0364;ngung auf<lb/>
einen Kopf Vieh erforderlich &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn der Acker den ganzen Sommer hin-<lb/>
durch drei&#x017F;ch oder zur Weide la&#x0364;ge. Sodann muß man die Dauer der Weidezeit,<lb/>
deren Anfang und Ende nach der Ob&#x017F;ervanz und Be&#x017F;tellung ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, beru&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;ichtigen, und endlich die Vegetationsperiode, worin &#x017F;ie fa&#x0364;llt; indem na&#x0364;mlich die&#x017F;e in<lb/>
den fru&#x0364;hern Monaten immer &#x017F;ta&#x0364;rker, wie in den &#x017F;pa&#x0364;tern i&#x017F;t. Die Brachbehu&#x0364;tung i&#x017F;t<lb/>
in den neuern Zeiten fa&#x017F;t allenthalben durch die Berechtigung, einen Theil der Brache<lb/>
zu be&#x017F;tellen, einge&#x017F;chra&#x0364;nkt worden, in einigen Gegenden jedoch nicht, und es muß<lb/>
hier die Erlaubniß dazu von dem Triftberechtigten be&#x017F;onders eingeholt, und mit einem<lb/>
Aequivalent bezahlt werden. So i&#x017F;t auch der Termin, wo der zu brachende Acker<lb/>
zum er&#x017F;tenmale umgebrochen wird, bald willku&#x0364;hrlich, bald fru&#x0364;her oder &#x017F;pa&#x0364;ter be&#x017F;timmt;<lb/>
und da die&#x017F;e Weide mit dem er&#x017F;ten Umbruche ihren Werth zum gro&#x0364;ßten Theile verliert,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t hierauf bei Wu&#x0364;rdigung der&#x017F;elben be&#x017F;onders Ru&#x0364;ck&#x017F;icht zu nehmen. So wie der<lb/>
Ver&#x017F;tand &#x017F;ein Licht u&#x0364;ber die Angelegenheiten des Ackerbaues mehr verbreitet, darf<lb/>
man erwarten, daß die&#x017F;e alte, wohl mehrentheils er&#x017F;chlichene Berechtigung wird<lb/>
aufgehoben werden, jedoch, der Gerechtigkeit nach, nicht ohne billigen Er&#x017F;atz fu&#x0364;r den<lb/>
wirklich daraus gezogenen Vortheil.</p><lb/>
              <p>3) Auf <hi rendition="#g">Wie&#x017F;en</hi>, im Fru&#x0364;hjahre und nach ge&#x017F;chehener Aberntung mit einem<lb/>
oder zwei Schnitten. Hier kann ebenfalls nur von der Berechtigung auf fremden<lb/>
Wie&#x017F;en die Rede &#x017F;eyn, und der Werth der&#x017F;elben richtet &#x017F;ich nach der Gu&#x0364;te des Wie-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0076] Werthſchaͤtzung eines Landguts. nutzte Grundſtuͤcke einen unglaublich hoͤheren Werth, es ſey als privative kultivirte Weide oder zu anderer Benutzung, erlangen koͤnne. 2) Auf der Brache und Stoppel des Ackerlandes. In ſofern dieſe Weide auf eignen Ackern ausgeuͤbt wird, wird ſie in der Veranſchlagung als Acker oder der Viehnutzung mit berechnet. Wenn ſie aber vermoͤge einer Berechtigung auf fremden Aeckern ausgefuͤhrt wird, ſo muß ſie beſonders in Anſchlag gebracht werden. Denn ſo nachtheilig ſolche im Ganzen iſt, und ſo wenig Vortheil der berechtigte im Ver- haͤltniß des Schadens, den er den Triftleidenden dadurch thut, hiervon hat, ſo geht doch unter manchen Verhaͤltniſſen fuͤr jenen immer einige Benutzung daraus her- vor, die er ohne Erſatz aufzugeben nicht ſchuldig iſt. Die Hauptbenutzung derſelben iſt ohne Zweifel fuͤr die Schaͤferei, ſo daß manche, obwohl faͤlſchlich, geglaubt haben, daß Schaͤfereien ohne ſolchen nicht beſtehen koͤnnten. Um ihren Werth auszumitteln, muß man beſtimmen, wieviel auf Boden dieſer Art und bei dieſer Duͤngung auf einen Kopf Vieh erforderlich ſeyn wuͤrde, wenn der Acker den ganzen Sommer hin- durch dreiſch oder zur Weide laͤge. Sodann muß man die Dauer der Weidezeit, deren Anfang und Ende nach der Obſervanz und Beſtellung verſchieden iſt, beruͤck- ſichtigen, und endlich die Vegetationsperiode, worin ſie faͤllt; indem naͤmlich dieſe in den fruͤhern Monaten immer ſtaͤrker, wie in den ſpaͤtern iſt. Die Brachbehuͤtung iſt in den neuern Zeiten faſt allenthalben durch die Berechtigung, einen Theil der Brache zu beſtellen, eingeſchraͤnkt worden, in einigen Gegenden jedoch nicht, und es muß hier die Erlaubniß dazu von dem Triftberechtigten beſonders eingeholt, und mit einem Aequivalent bezahlt werden. So iſt auch der Termin, wo der zu brachende Acker zum erſtenmale umgebrochen wird, bald willkuͤhrlich, bald fruͤher oder ſpaͤter beſtimmt; und da dieſe Weide mit dem erſten Umbruche ihren Werth zum groͤßten Theile verliert, ſo iſt hierauf bei Wuͤrdigung derſelben beſonders Ruͤckſicht zu nehmen. So wie der Verſtand ſein Licht uͤber die Angelegenheiten des Ackerbaues mehr verbreitet, darf man erwarten, daß dieſe alte, wohl mehrentheils erſchlichene Berechtigung wird aufgehoben werden, jedoch, der Gerechtigkeit nach, nicht ohne billigen Erſatz fuͤr den wirklich daraus gezogenen Vortheil. 3) Auf Wieſen, im Fruͤhjahre und nach geſchehener Aberntung mit einem oder zwei Schnitten. Hier kann ebenfalls nur von der Berechtigung auf fremden Wieſen die Rede ſeyn, und der Werth derſelben richtet ſich nach der Guͤte des Wie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/76
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/76>, abgerufen am 24.11.2024.