tel angerühmt worden und hat auch daher den Namen Labkraut erhalten. Man hat aber neuerlich diese Eigenschaft in Zweifel gezogen.
Am meisten aber bedient man sich des Magens saugender Kälber, und seines reinen Inhalts, und zwar des letztern der vier Magen.
§. 63.
Die Bereitung und Conservation dieses Kälbermagens ist nun sehr verschie-Das Kälber- magen-Lab. den und manche behaupten, daß, selbst wenn die Behandlung sich sehr nahe kommt, jede Verschiedenheit doch einen großen Einfluß auf die Beschaffenheit des Käses habe. In Ruf gekommene Käsemacherinnen machen deshalb zuweilen ein Geheimniß aus ihrer Magenlab-Bereitung. Aus den berühmtesten Käseprovinzen Englands, in Gloster und Chestershire hat uns Marshall in seinen Beschreibungen der Wirthschaften von Glocester und der mittelländischen Grafschaften die mannig- faltigen Labproceduren erzählt, die er bei seinem in dieser Absicht verlängerten Auf- enthalt daselbst ausgekundschaftet hatte, und dieser Theil seiner Schriften verdiente auch in dieser Hinsicht eine Uebersetzung. Ich glaube indessen nicht, daß kleine Verschiedenheiten einen so großen Einfluß auf die Beschaffenheit des Käses haben können, und Marshall scheint am Ende selbst auf diese Meinung zurückzukommen.
Eine der gebräuchlichsten Bereitungsarten ist folgende: Man schneidet den Magen des mit Milch getränkten Kalbes auf, und nimmt das Geronnene her- aus. Letzteres wird von Unreinigkeiten, besonders Haaren, gereinigt, und mit kaltem Wasser gewaschen, damit es völlig weiß werde. Darauf trocknet man es mit einem reinen Tuche ab, bestreuet es, und reibt es mit Salz tüchtig ein. Nun wird auch der Magen in kaltem Wasser gereinigt und mit Salz gerieben, und dann das Geronnene wieder hineingethan. Das Ganze giebt man in einen Topf und bestreuet es mit Salz. Man thut so viel Magen zusammen, als man etwa innerhalb vier Wochen erhalten kann. So müssen die Magen ein Jahr in den Gefäßen liegen, und will man sie nun gebrauchen, so öffnet man einen davon, schüttet das Geronnene heraus, und zerreibt es recht genau. Alsdann schlägt man drei frische Eidotter hinein, und gießt dann ein kleines Glas gute Sahne hinzu. Nachdem alles wohl durcheinander gerührt ist, setzen die Meisten ein we- nig Gewürz, Muskatennuß, Muskatenblüthe, eine Gewürznelke, und etwas Sa- fran, zu Pulver gerieben, dazu. Man thut dann die Masse wieder in den Ma-
Kaͤſebereitung.
tel angeruͤhmt worden und hat auch daher den Namen Labkraut erhalten. Man hat aber neuerlich dieſe Eigenſchaft in Zweifel gezogen.
Am meiſten aber bedient man ſich des Magens ſaugender Kaͤlber, und ſeines reinen Inhalts, und zwar des letztern der vier Magen.
§. 63.
Die Bereitung und Conſervation dieſes Kaͤlbermagens iſt nun ſehr verſchie-Das Kaͤlber- magen-Lab. den und manche behaupten, daß, ſelbſt wenn die Behandlung ſich ſehr nahe kommt, jede Verſchiedenheit doch einen großen Einfluß auf die Beſchaffenheit des Kaͤſes habe. In Ruf gekommene Kaͤſemacherinnen machen deshalb zuweilen ein Geheimniß aus ihrer Magenlab-Bereitung. Aus den beruͤhmteſten Kaͤſeprovinzen Englands, in Gloſter und Cheſterſhire hat uns Marſhall in ſeinen Beſchreibungen der Wirthſchaften von Gloceſter und der mittellaͤndiſchen Grafſchaften die mannig- faltigen Labproceduren erzaͤhlt, die er bei ſeinem in dieſer Abſicht verlaͤngerten Auf- enthalt daſelbſt ausgekundſchaftet hatte, und dieſer Theil ſeiner Schriften verdiente auch in dieſer Hinſicht eine Ueberſetzung. Ich glaube indeſſen nicht, daß kleine Verſchiedenheiten einen ſo großen Einfluß auf die Beſchaffenheit des Kaͤſes haben koͤnnen, und Marſhall ſcheint am Ende ſelbſt auf dieſe Meinung zuruͤckzukommen.
Eine der gebraͤuchlichſten Bereitungsarten iſt folgende: Man ſchneidet den Magen des mit Milch getraͤnkten Kalbes auf, und nimmt das Geronnene her- aus. Letzteres wird von Unreinigkeiten, beſonders Haaren, gereinigt, und mit kaltem Waſſer gewaſchen, damit es voͤllig weiß werde. Darauf trocknet man es mit einem reinen Tuche ab, beſtreuet es, und reibt es mit Salz tuͤchtig ein. Nun wird auch der Magen in kaltem Waſſer gereinigt und mit Salz gerieben, und dann das Geronnene wieder hineingethan. Das Ganze giebt man in einen Topf und beſtreuet es mit Salz. Man thut ſo viel Magen zuſammen, als man etwa innerhalb vier Wochen erhalten kann. So muͤſſen die Magen ein Jahr in den Gefaͤßen liegen, und will man ſie nun gebrauchen, ſo oͤffnet man einen davon, ſchuͤttet das Geronnene heraus, und zerreibt es recht genau. Alsdann ſchlaͤgt man drei friſche Eidotter hinein, und gießt dann ein kleines Glas gute Sahne hinzu. Nachdem alles wohl durcheinander geruͤhrt iſt, ſetzen die Meiſten ein we- nig Gewuͤrz, Muskatennuß, Muskatenbluͤthe, eine Gewuͤrznelke, und etwas Sa- fran, zu Pulver gerieben, dazu. Man thut dann die Maſſe wieder in den Ma-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0383"n="359"/><fwplace="top"type="header">Kaͤſebereitung.</fw><lb/>
tel angeruͤhmt worden und hat auch daher den Namen Labkraut erhalten.<lb/>
Man hat aber neuerlich dieſe Eigenſchaft in Zweifel gezogen.</p><lb/><p>Am meiſten aber bedient man ſich des Magens ſaugender Kaͤlber, und ſeines<lb/>
reinen Inhalts, und zwar des letztern der vier Magen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 63.</head><lb/><p>Die Bereitung und Conſervation dieſes Kaͤlbermagens iſt nun ſehr verſchie-<noteplace="right">Das Kaͤlber-<lb/>
magen-Lab.</note><lb/>
den und manche behaupten, daß, ſelbſt wenn die Behandlung ſich ſehr nahe<lb/>
kommt, jede Verſchiedenheit doch einen großen Einfluß auf die Beſchaffenheit des<lb/>
Kaͤſes habe. In Ruf gekommene Kaͤſemacherinnen machen deshalb zuweilen ein<lb/>
Geheimniß aus ihrer Magenlab-Bereitung. Aus den beruͤhmteſten Kaͤſeprovinzen<lb/>
Englands, in Gloſter und Cheſterſhire hat uns Marſhall in ſeinen Beſchreibungen<lb/>
der Wirthſchaften von Gloceſter und der mittellaͤndiſchen Grafſchaften die mannig-<lb/>
faltigen Labproceduren erzaͤhlt, die er bei ſeinem in dieſer Abſicht verlaͤngerten Auf-<lb/>
enthalt daſelbſt ausgekundſchaftet hatte, und dieſer Theil ſeiner Schriften verdiente<lb/>
auch in dieſer Hinſicht eine Ueberſetzung. Ich glaube indeſſen nicht, daß kleine<lb/>
Verſchiedenheiten einen ſo großen Einfluß auf die Beſchaffenheit des Kaͤſes haben<lb/>
koͤnnen, und Marſhall ſcheint am Ende ſelbſt auf dieſe Meinung zuruͤckzukommen.</p><lb/><p>Eine der gebraͤuchlichſten Bereitungsarten iſt folgende: Man ſchneidet den<lb/>
Magen des mit Milch getraͤnkten Kalbes auf, und nimmt das Geronnene her-<lb/>
aus. Letzteres wird von Unreinigkeiten, beſonders Haaren, gereinigt, und mit<lb/>
kaltem Waſſer gewaſchen, damit es voͤllig weiß werde. Darauf trocknet man es<lb/>
mit einem reinen Tuche ab, beſtreuet es, und reibt es mit Salz tuͤchtig ein. Nun<lb/>
wird auch der Magen in kaltem Waſſer gereinigt und mit Salz gerieben, und<lb/>
dann das Geronnene wieder hineingethan. Das Ganze giebt man in einen Topf<lb/>
und beſtreuet es mit Salz. Man thut ſo viel Magen zuſammen, als man etwa<lb/>
innerhalb vier Wochen erhalten kann. So muͤſſen die Magen ein Jahr in den<lb/>
Gefaͤßen liegen, und will man ſie nun gebrauchen, ſo oͤffnet man einen davon,<lb/>ſchuͤttet das Geronnene heraus, und zerreibt es recht genau. Alsdann ſchlaͤgt<lb/>
man drei friſche Eidotter hinein, und gießt dann ein kleines Glas gute Sahne<lb/>
hinzu. Nachdem alles wohl durcheinander geruͤhrt iſt, ſetzen die Meiſten ein we-<lb/>
nig Gewuͤrz, Muskatennuß, Muskatenbluͤthe, eine Gewuͤrznelke, und etwas Sa-<lb/>
fran, zu Pulver gerieben, dazu. Man thut dann die Maſſe wieder in den Ma-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[359/0383]
Kaͤſebereitung.
tel angeruͤhmt worden und hat auch daher den Namen Labkraut erhalten.
Man hat aber neuerlich dieſe Eigenſchaft in Zweifel gezogen.
Am meiſten aber bedient man ſich des Magens ſaugender Kaͤlber, und ſeines
reinen Inhalts, und zwar des letztern der vier Magen.
§. 63.
Die Bereitung und Conſervation dieſes Kaͤlbermagens iſt nun ſehr verſchie-
den und manche behaupten, daß, ſelbſt wenn die Behandlung ſich ſehr nahe
kommt, jede Verſchiedenheit doch einen großen Einfluß auf die Beſchaffenheit des
Kaͤſes habe. In Ruf gekommene Kaͤſemacherinnen machen deshalb zuweilen ein
Geheimniß aus ihrer Magenlab-Bereitung. Aus den beruͤhmteſten Kaͤſeprovinzen
Englands, in Gloſter und Cheſterſhire hat uns Marſhall in ſeinen Beſchreibungen
der Wirthſchaften von Gloceſter und der mittellaͤndiſchen Grafſchaften die mannig-
faltigen Labproceduren erzaͤhlt, die er bei ſeinem in dieſer Abſicht verlaͤngerten Auf-
enthalt daſelbſt ausgekundſchaftet hatte, und dieſer Theil ſeiner Schriften verdiente
auch in dieſer Hinſicht eine Ueberſetzung. Ich glaube indeſſen nicht, daß kleine
Verſchiedenheiten einen ſo großen Einfluß auf die Beſchaffenheit des Kaͤſes haben
koͤnnen, und Marſhall ſcheint am Ende ſelbſt auf dieſe Meinung zuruͤckzukommen.
Das Kaͤlber-
magen-Lab.
Eine der gebraͤuchlichſten Bereitungsarten iſt folgende: Man ſchneidet den
Magen des mit Milch getraͤnkten Kalbes auf, und nimmt das Geronnene her-
aus. Letzteres wird von Unreinigkeiten, beſonders Haaren, gereinigt, und mit
kaltem Waſſer gewaſchen, damit es voͤllig weiß werde. Darauf trocknet man es
mit einem reinen Tuche ab, beſtreuet es, und reibt es mit Salz tuͤchtig ein. Nun
wird auch der Magen in kaltem Waſſer gereinigt und mit Salz gerieben, und
dann das Geronnene wieder hineingethan. Das Ganze giebt man in einen Topf
und beſtreuet es mit Salz. Man thut ſo viel Magen zuſammen, als man etwa
innerhalb vier Wochen erhalten kann. So muͤſſen die Magen ein Jahr in den
Gefaͤßen liegen, und will man ſie nun gebrauchen, ſo oͤffnet man einen davon,
ſchuͤttet das Geronnene heraus, und zerreibt es recht genau. Alsdann ſchlaͤgt
man drei friſche Eidotter hinein, und gießt dann ein kleines Glas gute Sahne
hinzu. Nachdem alles wohl durcheinander geruͤhrt iſt, ſetzen die Meiſten ein we-
nig Gewuͤrz, Muskatennuß, Muskatenbluͤthe, eine Gewuͤrznelke, und etwas Sa-
fran, zu Pulver gerieben, dazu. Man thut dann die Maſſe wieder in den Ma-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/383>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.