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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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eigentlich beschrieben werden müssen.
ches sey/ und von der Regel abweiche/ in dem
letzten Exempel aber ja die Liebe und der Haß
durch das Auge/ und folglich durch die Ner-
ven
eingehe und erreget werde; so wäre doch gar
leicht zu antworten/ daß in natürlichen Dingen
diese Regeln nicht viel taugen/ die nicht durchge-
hend sind/ und daß/ ob schon die Liebe und Haß
in dem letzten Exempel durch die Augen ins Hertz
kommen/ so kommen sie doch deswegen nicht
durch die Nerven hinein. Denn es sind auch
Blut-Adern an denen Augen/ die ihren Zufluß
ins Hertze haben/ und wie das Bild des Gegen-
standes aus den Augen in die Nerven fället/ also
kan dasjenige/ was in dem Gegenstande mit uns
gleichförmig ist/ (es sey nun solches ein geistiges
oder cörperliches Wesen) auch durch die Augen
in die Blut-Adern fallen/ ob wir gleich die Art
und Weise nicht genauer begreiffen könten. Wie-
wohl sie auch so unbegreiflich nicht ist/ wenn man
nur erst einen wahren und genauen Unterscheid
zwischen cörperlichen und uncörperlichen Dingen
gemacht hat; Wovon an andern Orte mit meh-
rern.

68. Endlich indem ich einer ausserordent-
lichen Bewegung
erwehne/ und aber etwas
ausserordentliches allezeit gegen was ordentliches
gehalten werden muß/ die ordentliche Vewegung
des Geblüts aber/ in Betracht des gantzen
menschlichen Geschlechts/ nicht biß auff einen ge-

wissen
G 4

eigentlich beſchrieben werden muͤſſen.
ches ſey/ und von der Regel abweiche/ in dem
letzten Exempel aber ja die Liebe und der Haß
durch das Auge/ und folglich durch die Ner-
ven
eingehe und erreget werde; ſo waͤre doch gar
leicht zu antworten/ daß in natuͤrlichen Dingen
dieſe Regeln nicht viel taugen/ die nicht durchge-
hend ſind/ und daß/ ob ſchon die Liebe und Haß
in dem letzten Exempel durch die Augen ins Hertz
kommen/ ſo kommen ſie doch deswegen nicht
durch die Nerven hinein. Denn es ſind auch
Blut-Adern an denen Augen/ die ihren Zufluß
ins Hertze haben/ und wie das Bild des Gegen-
ſtandes aus den Augen in die Nerven faͤllet/ alſo
kan dasjenige/ was in dem Gegenſtande mit uns
gleichfoͤrmig iſt/ (es ſey nun ſolches ein geiſtiges
oder coͤrperliches Weſen) auch durch die Augen
in die Blut-Adern fallen/ ob wir gleich die Art
und Weiſe nicht genauer begreiffen koͤnten. Wie-
wohl ſie auch ſo unbegreiflich nicht iſt/ wenn man
nur erſt einen wahren und genauen Unterſcheid
zwiſchen coͤrperlichen und uncoͤrperlichen Dingen
gemacht hat; Wovon an andern Orte mit meh-
rern.

68. Endlich indem ich einer auſſerordent-
lichen Bewegung
erwehne/ und aber etwas
auſſerordentliches allezeit gegen was ordentliches
gehalten werden muß/ die ordentliche Vewegung
des Gebluͤts aber/ in Betracht des gantzen
menſchlichen Geſchlechts/ nicht biß auff einen ge-

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[103/0115] eigentlich beſchrieben werden muͤſſen. ches ſey/ und von der Regel abweiche/ in dem letzten Exempel aber ja die Liebe und der Haß durch das Auge/ und folglich durch die Ner- ven eingehe und erreget werde; ſo waͤre doch gar leicht zu antworten/ daß in natuͤrlichen Dingen dieſe Regeln nicht viel taugen/ die nicht durchge- hend ſind/ und daß/ ob ſchon die Liebe und Haß in dem letzten Exempel durch die Augen ins Hertz kommen/ ſo kommen ſie doch deswegen nicht durch die Nerven hinein. Denn es ſind auch Blut-Adern an denen Augen/ die ihren Zufluß ins Hertze haben/ und wie das Bild des Gegen- ſtandes aus den Augen in die Nerven faͤllet/ alſo kan dasjenige/ was in dem Gegenſtande mit uns gleichfoͤrmig iſt/ (es ſey nun ſolches ein geiſtiges oder coͤrperliches Weſen) auch durch die Augen in die Blut-Adern fallen/ ob wir gleich die Art und Weiſe nicht genauer begreiffen koͤnten. Wie- wohl ſie auch ſo unbegreiflich nicht iſt/ wenn man nur erſt einen wahren und genauen Unterſcheid zwiſchen coͤrperlichen und uncoͤrperlichen Dingen gemacht hat; Wovon an andern Orte mit meh- rern. 68. Endlich indem ich einer auſſerordent- lichen Bewegung erwehne/ und aber etwas auſſerordentliches allezeit gegen was ordentliches gehalten werden muß/ die ordentliche Vewegung des Gebluͤts aber/ in Betracht des gantzen menſchlichen Geſchlechts/ nicht biß auff einen ge- wiſſen G 4

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/115>, abgerufen am 21.11.2024.