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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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nnd denen daher rührenden Unt.
men! Ein Wohllüstiger fragt nichts darnach/
sondern er ist vielmehr ein Meister von indeco-
ro,
welcher bey uns Teutschen mit einen Worte
pfleget ein Grobianus genennet zu werden. Ein
Geldgeitziger hat die Gedult nicht seine Sin-
nen auff das decorum zu wenden/ und darauff
Achtung zu geben/ weil sein Kopff mit Rechnun-
gen angefüllet ist. So kann es dann nicht feh-
len/ weil ein Ehrgeitziger stets auff den Unter-
scheid der geringsten Dinge in dem gegenwär-
tigen
decoro (denn das vergangene oder das
studium antiquitatis hilfft ihn hierbey wenig)
Achtung giebet/ er sein judicium dadurch uber-
aus
exerciren und schärffen müsse. Und wenn
nun sein Judicium in solchen Dingen die keinen
gewissen Grund haben geschärffet ist/ so ist leichte
zu gedencken/ daß er auch geschickt seyn werde/ in
Wissenschafften/ die einen gewissen Grund ha-
ben für andern damit zu advanciren/ wenn er
sich nur darauff appliciren wil.

29. Ein Ehrgeitziger ist zwar nicht gantz
ungeschickt zu
ingenieusen Erfindungen:
Denn weil er in dem decoro auff alles Achtung
giebet/ so muß er auch darauff Achtung geben/
was sich zusammen schickt. Ja überhaupt/
wer den Unterscheid eines Dinges genau weiß/
der weiß auch nothwendig die Gleichförmigkeit
die es mit etlichen andern Dingen hat. Aber es kan
doch ein Ehrgeitziger auch nicht sagen/ daß er ein
ungemein Ingenium habe/ oder daß er an inge-

nieu-

nnd denen daher ruͤhrenden Unt.
men! Ein Wohlluͤſtiger fragt nichts darnach/
ſondern er iſt vielmehr ein Meiſter von indeco-
ro,
welcher bey uns Teutſchen mit einen Worte
pfleget ein Grobianus genennet zu werden. Ein
Geldgeitziger hat die Gedult nicht ſeine Sin-
nen auff das decorum zu wenden/ und darauff
Achtung zu geben/ weil ſein Kopff mit Rechnun-
gen angefuͤllet iſt. So kann es dann nicht feh-
len/ weil ein Ehrgeitziger ſtets auff den Unter-
ſcheid der geringſten Dinge in dem gegenwaͤr-
tigen
decoro (denn das vergangene oder das
ſtudium antiquitatis hilfft ihn hierbey wenig)
Achtung giebet/ er ſein judicium dadurch uber-
aus
exerciren und ſchaͤrffen muͤſſe. Und wenn
nun ſein Judicium in ſolchen Dingen die keinen
gewiſſen Grund haben geſchaͤrffet iſt/ ſo iſt leichte
zu gedencken/ daß er auch geſchickt ſeyn werde/ in
Wiſſenſchafften/ die einen gewiſſen Grund ha-
ben fuͤr andern damit zu advanciren/ wenn er
ſich nur darauff appliciren wil.

29. Ein Ehrgeitziger iſt zwar nicht gantz
ungeſchickt zu
ingenieuſen Erfindungen:
Denn weil er in dem decoro auff alles Achtung
giebet/ ſo muß er auch darauff Achtung geben/
was ſich zuſammen ſchickt. Ja uͤberhaupt/
wer den Unterſcheid eines Dinges genau weiß/
der weiß auch nothwendig die Gleichfoͤrmigkeit
die es mit etlichen andeꝛn Dingen hat. Aber es kan
doch ein Ehrgeitziger auch nicht ſagen/ daß er ein
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[239/0251] nnd denen daher ruͤhrenden Unt. men! Ein Wohlluͤſtiger fragt nichts darnach/ ſondern er iſt vielmehr ein Meiſter von indeco- ro, welcher bey uns Teutſchen mit einen Worte pfleget ein Grobianus genennet zu werden. Ein Geldgeitziger hat die Gedult nicht ſeine Sin- nen auff das decorum zu wenden/ und darauff Achtung zu geben/ weil ſein Kopff mit Rechnun- gen angefuͤllet iſt. So kann es dann nicht feh- len/ weil ein Ehrgeitziger ſtets auff den Unter- ſcheid der geringſten Dinge in dem gegenwaͤr- tigen decoro (denn das vergangene oder das ſtudium antiquitatis hilfft ihn hierbey wenig) Achtung giebet/ er ſein judicium dadurch uber- aus exerciren und ſchaͤrffen muͤſſe. Und wenn nun ſein Judicium in ſolchen Dingen die keinen gewiſſen Grund haben geſchaͤrffet iſt/ ſo iſt leichte zu gedencken/ daß er auch geſchickt ſeyn werde/ in Wiſſenſchafften/ die einen gewiſſen Grund ha- ben fuͤr andern damit zu advanciren/ wenn er ſich nur darauff appliciren wil. 29. Ein Ehrgeitziger iſt zwar nicht gantz ungeſchickt zu ingenieuſen Erfindungen: Denn weil er in dem decoro auff alles Achtung giebet/ ſo muß er auch darauff Achtung geben/ was ſich zuſammen ſchickt. Ja uͤberhaupt/ wer den Unterſcheid eines Dinges genau weiß/ der weiß auch nothwendig die Gleichfoͤrmigkeit die es mit etlichen andeꝛn Dingen hat. Aber es kan doch ein Ehrgeitziger auch nicht ſagen/ daß er ein ungemein Ingenium habe/ oder daß er an inge- nieu-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/251>, abgerufen am 21.11.2024.