Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.des allgemeinen Unglücks. 44. Daß aber dieses Vorurtheil das Mensch- 45. Dannenhero hat Er dem sonst guten ein- B 5
des allgemeinen Ungluͤcks. 44. Daß aber dieſes Vorurtheil das Menſch- 45. Dannenhero hat Er dem ſonſt guten ein- B 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0037" n="25"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">des allgemeinen Ungluͤcks.</hi> </fw><lb/> <p>44. Daß aber dieſes Vorurtheil das Menſch-<lb/> liche Geſchlecht <hi rendition="#fr">durchgehends beherrſche/</hi> wei-<lb/> ſet die Erfahrung. Die Natur hat durchgehends<lb/> zwar in allen Geſchoͤpffen <hi rendition="#fr">eine Veraͤnderung/</hi><lb/> auch in dem Menſchen eingefuͤhret/ alleine dieſe<lb/> Veraͤnderung hat ihre <hi rendition="#fr">langſame Maße/</hi> daß<lb/> man ſie nicht ehe mercket/ als wenn Sie ſchon ge-<lb/> ſchehen iſt/ und kan Jhr Wachsthum nicht alle<lb/> Augenblicke anzeigen/ ſondern gleichet einer Uhr/<lb/> die in 12. Stunden ein klein ſchrag gelegtes Bret<lb/> herunter laͤufft/ wie aus dem Exempel der vier<lb/> Jahres Zeiten und des Alters der Menſchen ab-<lb/> zuſehen iſt. Dieſe Veraͤnderung gleichwie ſie<lb/><hi rendition="#fr">warhafftig gut</hi> iſt; Alſo ſolte ſie auch den<lb/> Menſchen/ indem Er ſie genießet/ beluſtigen/ o-<lb/> der vergnuͤgen. Aber Sie iſt <hi rendition="#fr">allzu ruhig/</hi> und<lb/> der Menſch gewinnet wo nicht gar einen Eckel/<lb/> doch zum wenigſten kein Vergnuͤgen drob/ je<lb/> langſamer/ je ruhiger/ und folglich auch je beſſer<lb/> dieſelbe iſt; ja Er haͤlt es nicht fuͤr eine Veraͤn-<lb/> derung/ weil Er dieſelbe nicht alle Augenblick ge-<lb/> wahr wird.</p><lb/> <p>45. Dannenhero hat Er dem ſonſt guten<lb/> Sprichwort: <hi rendition="#fr">Veraͤnderung bringet Luſt/</hi><lb/> eine gantz andere Deutung gegeben/ indem Er<lb/> dieſe Veraͤnderung auff eine augenblickliche und<lb/> empfindliche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">applici</hi></hi>ret. Wenn Er z. e. auff der<lb/> Poſt fortfaͤhret und wachet/ wird Er es faſt nicht<lb/> gewahr/ wenn aus Nacht Tag wird/ und hat<lb/> kein ſolch Vergnuͤgen/ als wenn Er bey Nacht<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0037]
des allgemeinen Ungluͤcks.
44. Daß aber dieſes Vorurtheil das Menſch-
liche Geſchlecht durchgehends beherrſche/ wei-
ſet die Erfahrung. Die Natur hat durchgehends
zwar in allen Geſchoͤpffen eine Veraͤnderung/
auch in dem Menſchen eingefuͤhret/ alleine dieſe
Veraͤnderung hat ihre langſame Maße/ daß
man ſie nicht ehe mercket/ als wenn Sie ſchon ge-
ſchehen iſt/ und kan Jhr Wachsthum nicht alle
Augenblicke anzeigen/ ſondern gleichet einer Uhr/
die in 12. Stunden ein klein ſchrag gelegtes Bret
herunter laͤufft/ wie aus dem Exempel der vier
Jahres Zeiten und des Alters der Menſchen ab-
zuſehen iſt. Dieſe Veraͤnderung gleichwie ſie
warhafftig gut iſt; Alſo ſolte ſie auch den
Menſchen/ indem Er ſie genießet/ beluſtigen/ o-
der vergnuͤgen. Aber Sie iſt allzu ruhig/ und
der Menſch gewinnet wo nicht gar einen Eckel/
doch zum wenigſten kein Vergnuͤgen drob/ je
langſamer/ je ruhiger/ und folglich auch je beſſer
dieſelbe iſt; ja Er haͤlt es nicht fuͤr eine Veraͤn-
derung/ weil Er dieſelbe nicht alle Augenblick ge-
wahr wird.
45. Dannenhero hat Er dem ſonſt guten
Sprichwort: Veraͤnderung bringet Luſt/
eine gantz andere Deutung gegeben/ indem Er
dieſe Veraͤnderung auff eine augenblickliche und
empfindliche appliciret. Wenn Er z. e. auff der
Poſt fortfaͤhret und wachet/ wird Er es faſt nicht
gewahr/ wenn aus Nacht Tag wird/ und hat
kein ſolch Vergnuͤgen/ als wenn Er bey Nacht
ein-
B 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |