Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.der vern. Kunst/ die Affect. zu dämpffen. lichen Exempel/ daß eben deshalben närrischverliebte Leute manchmahl miteinander brechen/ weil die Enthaltung auf eine Zeitlang ihre Be- gierden desto brünstiger macht. Und also ist es höchst falsch und ein handgreifflicher Jrrthum/ wenn Cartesius lehret: daß dieses eine Gene- ral-Regel wider alle Gemüths-Neigungen sey/ daß ein Mensch bey Empfindung der- selben sein Urtheil suspendiren/ und die That bis zur Zeit der Ruhe aufschieben solle/ in- gleichen/ daß nach der gemeinen Lehre der Wille des Menschen seinem Wesen nach/ indif- ferent sey zum Guten und Bösen/ und er einen freyen Willen habe. (ee) 15. Nunmehr aber ist gar leicht zu zeigen/ ein (ee) conf. supra §. 4. 5. (ff) conf. cap. praeced.
n. 26. der vern. Kunſt/ die Affect. zu daͤmpffen. lichen Exempel/ daß eben deshalben naͤrriſchverliebte Leute manchmahl miteinander brechen/ weil die Enthaltung auf eine Zeitlang ihre Be- gierden deſto bruͤnſtiger macht. Und alſo iſt es hoͤchſt falſch und ein handgreifflicher Jrrthum/ wenn Carteſius lehret: daß dieſes eine Gene- ral-Regel wider alle Gemuͤths-Neigungen ſey/ daß ein Menſch bey Empfindung der- ſelben ſein Urtheil ſuſpendiren/ und die That bis zur Zeit der Ruhe aufſchieben ſolle/ in- gleichen/ daß nach der gemeinen Lehre der Wille des Menſchen ſeinem Weſen nach/ indif- ferent ſey zum Guten und Boͤſen/ und er einen freyen Willen habe. (ee) 15. Nunmehr aber iſt gar leicht zu zeigen/ ein (ee) conf. ſuprà §. 4. 5. (ff) conf. cap. præced.
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der vern. Kunſt/ die Affect. zu daͤmpffen.
lichen Exempel/ daß eben deshalben naͤrriſch
verliebte Leute manchmahl miteinander brechen/
weil die Enthaltung auf eine Zeitlang ihre Be-
gierden deſto bruͤnſtiger macht. Und alſo iſt es
hoͤchſt falſch und ein handgreifflicher Jrrthum/
wenn Carteſius lehret: daß dieſes eine Gene-
ral-Regel wider alle Gemuͤths-Neigungen
ſey/ daß ein Menſch bey Empfindung der-
ſelben ſein Urtheil ſuſpendiren/ und die That
bis zur Zeit der Ruhe aufſchieben ſolle/ in-
gleichen/ daß nach der gemeinen Lehre der
Wille des Menſchen ſeinem Weſen nach/ indif-
ferent ſey zum Guten und Boͤſen/ und er einen
freyen Willen habe. (ee)
15. Nunmehr aber iſt gar leicht zu zeigen/
wie die herrſchende Paſſion den Menſchen hinde-
re/ daß er die auf jede Paſſion inſonderheit
applicirte Regeln des vorigen Hauptſtuͤcks
nicht ausuͤben koͤnne. Wenn die Wohlluſt
bey ihm herrſchet/ (ff) wird dieſelbe ihn ſtets an-
treiben/ daß er die Nuͤchternheit und Keuſchheit/
wo nicht fuͤr Laſter/ doch fuͤr Narrheit halte/ und
die empfundene Suͤßigkeit und Luſt wird ihn hin-
dern/ das Boͤſe der Wohlluſt nie gruͤndlich zu
erwegen. Ja/ er wird eben deshalben die Ver-
drießligkeit die mit Empfindung der Wohlluſt
ohnmittelbar vergeſellſchafftet iſt/ nicht vor Ver-
drießligkeit halten/ ſondern ſich bereden/ es ſey
ein
(ee) conf. ſuprà §. 4. 5.
(ff) conf. cap. præced.
n. 26.
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