Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 15. H. von der Unzulängligkeit als wenn ein Fisch ausser dem Wasser leben wol-te. Freygebige Thaten zu üben/ würde eben so viel seyn/ als ihn zu foltern/ und Dienste zu lei- sten/ wovon er keine Vergeltung zu hoffen hat/ würde eben seyn/ als wenn ein contracter Mann aufgerichts gehen wolte. 18. So unzulänglich aber als die vernünff- der-
Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit als wenn ein Fiſch auſſer dem Waſſer leben wol-te. Freygebige Thaten zu uͤben/ wuͤrde eben ſo viel ſeyn/ als ihn zu foltern/ und Dienſte zu lei- ſten/ wovon er keine Vergeltung zu hoffen hat/ wuͤrde eben ſeyn/ als wenn ein contracter Mann aufgerichts gehen wolte. 18. So unzulaͤnglich aber als die vernuͤnff- der-
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Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit
als wenn ein Fiſch auſſer dem Waſſer leben wol-
te. Freygebige Thaten zu uͤben/ wuͤrde eben ſo
viel ſeyn/ als ihn zu foltern/ und Dienſte zu lei-
ſten/ wovon er keine Vergeltung zu hoffen hat/
wuͤrde eben ſeyn/ als wenn ein contracter Mann
aufgerichts gehen wolte.
18. So unzulaͤnglich aber als die vernuͤnff-
tige Kunſt auch iſt/ ſo muß man doch dieſelbi-
ge nicht gaͤntzlich verachten/ und aus denen
Augen ſetzen. Denn es weiſet die taͤgliche Er-
fahrung/ daß der noch bey einem jeden Menſchen
verhandene Funcken der vernuͤnfftigen Liebe
denſelben offt und taͤglich erinnert/ und ihn we-
gen ſeines Thun und Laſſens beſtrafft. Und
ob wohl ein Menſch nicht vermoͤgend iſt/ die herr-
ſchende Begierde zu daͤmpffen/ auch gar ſelten
capabel iſt/ der ſtarcken Reitzung Widerſtand
zu thun/ daß ſie nicht in aͤuſſerliches Thun und
Laſſen heraus brechen ſolte/ wenn ihn nicht die
Furcht einer andern laſterhafften Paſſion zuruͤcke
haͤlt/ ſo iſt er dennoch vermoͤgend/ aus freyem
Willen immer mehr Boͤſes zu thun/ und
durch muthwillige Suchung der Gelegenheit/
und freywillige Neigung zu denen Thaten/
die ſeinen Affect noch mehr ſtaͤrcken/ denſelben
mehr zu reitzen/ und alſo ſchlimmer zu werden;
Jngleichen/ daß/ wann er ſchon offte vorher ſie-
het/ daß er was thun werde/ das ihm hernach
ſelbſt leid iſt/ und daß er wohl manchmahl Ge-
legenheit zu verfallen meiden koͤnte/ wenn er ſich
der-
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