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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Beschluß.
voller Barmhertzigkeit/ da hingegen die na-
türliche Weißheit sey Jrrdisch (nach dem Geld-
geitz) Menschlich
(nach der Wollust) und
Teuffelisch (nach dem Ehrgeitz.) Man kan
ja wol und soll auch von denen Dingen/ die in
der Schrifft zu weilen als unterschieden vorge-
stellet werden/ sich unterschiedene concepte ma-
chen; Aber man muß nicht Dinge von einander
sondern/ die nicht von einander zu sondern sind/
[o]der meinen/ daß diese unterschiedene concepte
[auff alle] Fragen müsten appliciret werden/ und
daß [d]aran die Seligkeit hänge. Mir dünckt/
wenn man bey Anfange des Streits/ an statt daß
man gestritten hätte: ob der Glaube oder die
Liebe seelig machte? einander gezeiget hätte/ daß
man auf einer Seite die wahren Liebes Wer-
cke/
auf der andern aber den lebendigen und
durch die Liebe thätigen Glauben hätte/ oder da
es hier und da gemangelt/ ein ander fein beyder-
seits auf das innerste geführet/ und auf das
[R]eich Gottes in uns/ so würde es vielleicht
besser stehen. Wie wenn nun einer heute auff-
stünde und machte die dritte Parthey? Wie
wenn er sagte/ die Hoffnung machte seelig.
Was würde da für ein neu Lermen werden.
Meine Sitten-Lehre sagt mir: Glaube/ Liebe/
Hoffnung
machen seelig/ auch die Weißheit.
Wo eines mangelt/ da ist das andre auch nicht.
Und also habe ich ein groß compendium, daß
ich die vielen grossen Bücher und Streit-Fragen/

die
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Beſchluß.
voller Barmhertzigkeit/ da hingegen die na-
tuͤrliche Weißheit ſey Jrrdiſch (nach dem Geld-
geitz) Menſchlich
(nach der Wolluſt) und
Teuffeliſch (nach dem Ehrgeitz.) Man kan
ja wol und ſoll auch von denen Dingen/ die in
der Schrifft zu weilen als unterſchieden vorge-
ſtellet werden/ ſich unterſchiedene concepte ma-
chen; Aber man muß nicht Dinge von einander
ſondern/ die nicht von einander zu ſondern ſind/
[o]der meinen/ daß dieſe unterſchiedene concepte
[auff alle] Fragen muͤſten appliciret werden/ und
daß [d]aran die Seligkeit haͤnge. Mir duͤnckt/
wenn man bey Anfange des Streits/ an ſtatt daß
man geſtritten haͤtte: ob der Glaube oder die
Liebe ſeelig machte? einander gezeiget haͤtte/ daß
man auf einer Seite die wahren Liebes Wer-
cke/
auf der andern aber den lebendigen und
durch die Liebe thaͤtigen Glauben haͤtte/ oder da
es hier und da gemangelt/ ein ander fein beyder-
ſeits auf das innerſte gefuͤhret/ und auf das
[R]eich Gottes in uns/ ſo wuͤrde es vielleicht
beſſer ſtehen. Wie wenn nun einer heute auff-
ſtuͤnde und machte die dritte Parthey? Wie
wenn er ſagte/ die Hoffnung machte ſeelig.
Was wuͤrde da fuͤr ein neu Lermen werden.
Meine Sitten-Lehre ſagt mir: Glaube/ Liebe/
Hoffnung
machen ſeelig/ auch die Weißheit.
Wo eines mangelt/ da iſt das andre auch nicht.
Und alſo habe ich ein groß compendium, daß
ich die vielen groſſen Buͤcher und Streit-Fragen/

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[545/0557] Beſchluß. voller Barmhertzigkeit/ da hingegen die na- tuͤrliche Weißheit ſey Jrrdiſch (nach dem Geld- geitz) Menſchlich (nach der Wolluſt) und Teuffeliſch (nach dem Ehrgeitz.) Man kan ja wol und ſoll auch von denen Dingen/ die in der Schrifft zu weilen als unterſchieden vorge- ſtellet werden/ ſich unterſchiedene concepte ma- chen; Aber man muß nicht Dinge von einander ſondern/ die nicht von einander zu ſondern ſind/ oder meinen/ daß dieſe unterſchiedene concepte auff alle Fragen muͤſten appliciret werden/ und daß daran die Seligkeit haͤnge. Mir duͤnckt/ wenn man bey Anfange des Streits/ an ſtatt daß man geſtritten haͤtte: ob der Glaube oder die Liebe ſeelig machte? einander gezeiget haͤtte/ daß man auf einer Seite die wahren Liebes Wer- cke/ auf der andern aber den lebendigen und durch die Liebe thaͤtigen Glauben haͤtte/ oder da es hier und da gemangelt/ ein ander fein beyder- ſeits auf das innerſte gefuͤhret/ und auf das Reich Gottes in uns/ ſo wuͤrde es vielleicht beſſer ſtehen. Wie wenn nun einer heute auff- ſtuͤnde und machte die dritte Parthey? Wie wenn er ſagte/ die Hoffnung machte ſeelig. Was wuͤrde da fuͤr ein neu Lermen werden. Meine Sitten-Lehre ſagt mir: Glaube/ Liebe/ Hoffnung machen ſeelig/ auch die Weißheit. Wo eines mangelt/ da iſt das andre auch nicht. Und alſo habe ich ein groß compendium, daß ich die vielen groſſen Buͤcher und Streit-Fragen/ die M m

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/557>, abgerufen am 21.11.2024.