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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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andern die Warheit beyzubringen.

77. Noch weniger aber ist man beforget/
wie man bey denen Leuten/ die gar keine Lust
oder Liebe zum
studieren/ und folglich
auch keine
attention mitbringen/ einige
mit Glimpff erwecken möge.
Denn ent-
weder man läst sie gehen/ und saget ihnen von
was man zu sagen: wollen sie es nicht anhören
und auffmercken/ so mag der Schade ihre seyn.
Oder wenn es hoch kömmt/ so erzürnet man
sich über ihre Nachläßigkeit und schlechte Lust
die sie zum studieren haben/ und richtet sie aus/
oder sperret sie wohl ein/ daß sie zu Hause blei-
ben müssen; wodurch aber doch allenthalben
keine Liebe und attention erwecket/ sondern
nur der Haß gegen die studia vermehret wird.

78. Endlich ist dieses ein allgemeiner Jrr-
thumb in praxi, weil man meinet/ daß die la-
teini
sche Sprache ein nothwendiges und we-
fentliches Stück zur Gelahrheit sey/ und daß/
wer nicht von Jugend auff in die Schule ge-
gangen/ und hernach auff einer mit vielen und
grossen Ptivilegien versehenen Universität
studieret habe/ obnmöglich ein gelehrter Mann
seyn könne; So bildet man sich auch ein/ daß
ie länger ein Mensch auff Schulen und
Academien gewesen/ und daselbst fleißig

stu-
andern die Warheit beyzubringen.

77. Noch weniger aber iſt man beforget/
wie man bey denen Leuten/ die gar keine Luſt
oder Liebe zum
ſtudieren/ und folglich
auch keine
attention mitbringen/ einige
mit Glimpff erwecken moͤge.
Denn ent-
weder man laͤſt ſie gehen/ und ſaget ihnen von
was man zu ſagen: wollen ſie es nicht anhoͤren
und auffmercken/ ſo mag der Schade ihre ſeyn.
Oder wenn es hoch koͤmmt/ ſo erzuͤrnet man
ſich uͤber ihre Nachlaͤßigkeit und ſchlechte Luſt
die ſie zum ſtudieren haben/ und richtet ſie aus/
oder ſperret ſie wohl ein/ daß ſie zu Hauſe blei-
ben muͤſſen; wodurch aber doch allenthalben
keine Liebe und attention erwecket/ ſondern
nur der Haß gegen die ſtudia vermehret wird.

78. Endlich iſt dieſes ein allgemeiner Jrr-
thumb in praxi, weil man meinet/ daß die la-
teini
ſche Sprache ein nothwendiges und we-
fentliches Stuͤck zur Gelahrheit ſey/ und daß/
wer nicht von Jugend auff in die Schule ge-
gangen/ und hernach auff einer mit vielen und
groſſen Ptivilegien verſehenen Univerſitaͤt
ſtudieret habe/ obnmoͤglich ein gelehrter Mann
ſeyn koͤnne; So bildet man ſich auch ein/ daß
ie laͤnger ein Menſch auff Schulen und
Academien geweſen/ und daſelbſt fleißig

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[107/0133] andern die Warheit beyzubringen. 77. Noch weniger aber iſt man beforget/ wie man bey denen Leuten/ die gar keine Luſt oder Liebe zum ſtudieren/ und folglich auch keine attention mitbringen/ einige mit Glimpff erwecken moͤge. Denn ent- weder man laͤſt ſie gehen/ und ſaget ihnen von was man zu ſagen: wollen ſie es nicht anhoͤren und auffmercken/ ſo mag der Schade ihre ſeyn. Oder wenn es hoch koͤmmt/ ſo erzuͤrnet man ſich uͤber ihre Nachlaͤßigkeit und ſchlechte Luſt die ſie zum ſtudieren haben/ und richtet ſie aus/ oder ſperret ſie wohl ein/ daß ſie zu Hauſe blei- ben muͤſſen; wodurch aber doch allenthalben keine Liebe und attention erwecket/ ſondern nur der Haß gegen die ſtudia vermehret wird. 78. Endlich iſt dieſes ein allgemeiner Jrr- thumb in praxi, weil man meinet/ daß die la- teiniſche Sprache ein nothwendiges und we- fentliches Stuͤck zur Gelahrheit ſey/ und daß/ wer nicht von Jugend auff in die Schule ge- gangen/ und hernach auff einer mit vielen und groſſen Ptivilegien verſehenen Univerſitaͤt ſtudieret habe/ obnmoͤglich ein gelehrter Mann ſeyn koͤnne; So bildet man ſich auch ein/ daß ie laͤnger ein Menſch auff Schulen und Academien geweſen/ und daſelbſt fleißig ſtu-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/133>, abgerufen am 21.11.2024.