Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

Das 2. H. Von der Geschickligkeit
durch andere Fragen von Dingen/ die ihnen
sehr bekant sind/ dahin/ daß sie sich selbst contra-
diciren
,
und solchergestalt die Thorheit ihrer
ersten Antwort erkennen müssen.

117. Hastu mehr Zuhörer als einen/ so
frage über einer quaestion auch die andern Zu-
hörer. Auff diese Art wirstu leichtlich zweyer-
ley auch wohl dreyerley Meinungen über eine
Frage heraus kriegen. Laß einen jeden die rai-
son
von seiner Antwort sagen/ und die andern/
die derselben zuwider sind/ beantworten. Hilff
ihnen anfangs allen beyden/ und endlich gib
die rechte decision, und weise denen andern/ wor-
an es ihnen gefehlet.

118. Aber obschon bey dieser conversation
dein ordentlich Amt ist zu fragen/ und der Zuhö-
rer zu antworten/ so mustu doch auch deinen
Zuhörern vergönnen zu fragen/
wenn sie
nehmlich dubia über deine Lehrsätze haben/ und
dieselbe nicht heben können. Jedoch befleißi-
ge dich/ daß du ihnen alsobald durch neue Fra-
gen von bekanten Dingen selbsten zeigest/ wie
man auff diese dubia antworten solle.

119. Der Nutzen dieser Lehrart ist unbe-
schreiblich. (1.) ist sie leichte und angenehm/
so wohl für dich als deine Zuhörer. Weder

du

Das 2. H. Von der Geſchickligkeit
durch andere Fragen von Dingen/ die ihnen
ſehr bekant ſind/ dahin/ daß ſie ſich ſelbſt contra-
diciren
,
und ſolchergeſtalt die Thorheit ihrer
erſten Antwort erkennen muͤſſen.

117. Haſtu mehr Zuhoͤrer als einen/ ſo
frage uͤber einer quæſtion auch die andern Zu-
hoͤrer. Auff dieſe Art wirſtu leichtlich zweyer-
ley auch wohl dreyerley Meinungen uͤber eine
Frage heraus kriegen. Laß einen jeden die rai-
ſon
von ſeiner Antwort ſagen/ und die andern/
die derſelben zuwider ſind/ beantworten. Hilff
ihnen anfangs allen beyden/ und endlich gib
die rechte deciſion, und weiſe denen andern/ wor-
an es ihnen gefehlet.

118. Aber obſchon bey dieſer converſation
dein ordentlich Amt iſt zu fragen/ und der Zuhoͤ-
rer zu antworten/ ſo muſtu doch auch deinen
Zuhoͤrern vergoͤnnen zu fragen/
wenn ſie
nehmlich dubia uͤber deine Lehrſaͤtze haben/ und
dieſelbe nicht heben koͤnnen. Jedoch befleißi-
ge dich/ daß du ihnen alſobald durch neue Fra-
gen von bekanten Dingen ſelbſten zeigeſt/ wie
man auff dieſe dubia antworten ſolle.

119. Der Nutzen dieſer Lehrart iſt unbe-
ſchreiblich. (1.) iſt ſie leichte und angenehm/
ſo wohl fuͤr dich als deine Zuhoͤrer. Weder

du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0156" n="130"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 2. H. Von der Ge&#x017F;chickligkeit</hi></fw><lb/>
durch andere Fragen von Dingen/ die ihnen<lb/>
&#x017F;ehr bekant &#x017F;ind/ dahin/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">contra-<lb/>
diciren</hi>,</hi> und &#x017F;olcherge&#x017F;talt die Thorheit ihrer<lb/>
er&#x017F;ten Antwort erkennen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>117. <hi rendition="#fr">Ha&#x017F;tu mehr Zuho&#x0364;rer als einen/</hi> &#x017F;o<lb/>
frage u&#x0364;ber einer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">quæ&#x017F;tion</hi></hi> auch die andern Zu-<lb/>
ho&#x0364;rer. Auff die&#x017F;e Art wir&#x017F;tu leichtlich zweyer-<lb/>
ley auch wohl dreyerley Meinungen u&#x0364;ber eine<lb/>
Frage heraus kriegen. Laß einen jeden die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">rai-<lb/>
&#x017F;on</hi></hi> von &#x017F;einer Antwort &#x017F;agen/ und die andern/<lb/>
die der&#x017F;elben zuwider &#x017F;ind/ beantworten. Hilff<lb/>
ihnen anfangs allen beyden/ und endlich gib<lb/>
die rechte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">deci&#x017F;ion</hi>,</hi> und wei&#x017F;e denen andern/ wor-<lb/>
an es ihnen gefehlet.</p><lb/>
        <p>118. Aber ob&#x017F;chon bey die&#x017F;er <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">conver&#x017F;ation</hi></hi><lb/>
dein ordentlich Amt i&#x017F;t zu fragen/ und der Zuho&#x0364;-<lb/>
rer zu antworten/ &#x017F;o mu&#x017F;tu doch <hi rendition="#fr">auch deinen<lb/>
Zuho&#x0364;rern vergo&#x0364;nnen zu fragen/</hi> wenn &#x017F;ie<lb/>
nehmlich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">dubia</hi></hi> u&#x0364;ber deine Lehr&#x017F;a&#x0364;tze haben/ und<lb/>
die&#x017F;elbe nicht heben ko&#x0364;nnen. Jedoch befleißi-<lb/>
ge dich/ daß du ihnen al&#x017F;obald durch neue Fra-<lb/>
gen von bekanten Dingen &#x017F;elb&#x017F;ten zeige&#x017F;t/ wie<lb/>
man auff die&#x017F;e <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">dubia</hi></hi> antworten &#x017F;olle.</p><lb/>
        <p>119. <hi rendition="#fr">Der Nutzen</hi> die&#x017F;er Lehrart i&#x017F;t unbe-<lb/>
&#x017F;chreiblich. (1.) i&#x017F;t <hi rendition="#fr">&#x017F;ie leichte</hi> und <hi rendition="#fr">angenehm/</hi><lb/>
&#x017F;o wohl fu&#x0364;r dich als deine Zuho&#x0364;rer. Weder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">du</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0156] Das 2. H. Von der Geſchickligkeit durch andere Fragen von Dingen/ die ihnen ſehr bekant ſind/ dahin/ daß ſie ſich ſelbſt contra- diciren, und ſolchergeſtalt die Thorheit ihrer erſten Antwort erkennen muͤſſen. 117. Haſtu mehr Zuhoͤrer als einen/ ſo frage uͤber einer quæſtion auch die andern Zu- hoͤrer. Auff dieſe Art wirſtu leichtlich zweyer- ley auch wohl dreyerley Meinungen uͤber eine Frage heraus kriegen. Laß einen jeden die rai- ſon von ſeiner Antwort ſagen/ und die andern/ die derſelben zuwider ſind/ beantworten. Hilff ihnen anfangs allen beyden/ und endlich gib die rechte deciſion, und weiſe denen andern/ wor- an es ihnen gefehlet. 118. Aber obſchon bey dieſer converſation dein ordentlich Amt iſt zu fragen/ und der Zuhoͤ- rer zu antworten/ ſo muſtu doch auch deinen Zuhoͤrern vergoͤnnen zu fragen/ wenn ſie nehmlich dubia uͤber deine Lehrſaͤtze haben/ und dieſelbe nicht heben koͤnnen. Jedoch befleißi- ge dich/ daß du ihnen alſobald durch neue Fra- gen von bekanten Dingen ſelbſten zeigeſt/ wie man auff dieſe dubia antworten ſolle. 119. Der Nutzen dieſer Lehrart iſt unbe- ſchreiblich. (1.) iſt ſie leichte und angenehm/ ſo wohl fuͤr dich als deine Zuhoͤrer. Weder du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/156
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/156>, abgerufen am 21.11.2024.