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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 4. H. Von der Geschickligkeit
Natur her schuldige Ehrerbietung und Hoch-
achtung gröblich verletzt.

37. Ferner so pflegt man auch diejenigen
Bücher/ als was sonderliches zu achten/ über de-
rer Verfertigung die Autores eine lange Zeit
zugebracht/ und hingegen diejenigen nicht viel
zu loben/ die geschwinde gemacht worden. Da
doch zum öfftern die Bücher/ über denen man
lange gemacht und viel daran geändert/ deßhal-
ber nicht besser sind/ und manchmahl der erste
Auffsatz einer Schrifft ja so gut ist/ als dessen
Ausbesserung: Auch die allzugrosse Langsam-
keit vielmehr eine Anzeigung einer Langsamkeit
des Verstandes bey dem Autore oder seiner Ei-
gensinnigkeit ist/ als der Güte seines Buchs;
und ein jeder der in seinem Kopffe auffgeräumet
hat/ gar leicht befinden wird/ daß diejenigen
Dinge/ die er geschwinde verfertiget/ öffters
besser sind als die/ zu denen er lange Zeit sich be-
dienet/ weil bey jenen seine Attention in einer
Hitze die Gedancken beysammen hält/ und also
viel kräfftiger wircken kan/ als wenn durch viel-
fältiges Absetzen die Begierde und Attention
distrahir
et und verdrossen gemacht wird.

38. Gleiche Bewandniß hat es mit der Grös-
se
eines Buchs/ oder der Menge der Schriff-

ten

Das 4. H. Von der Geſchickligkeit
Natur her ſchuldige Ehrerbietung und Hoch-
achtung groͤblich verletzt.

37. Ferner ſo pflegt man auch diejenigen
Buͤcher/ als was ſonderliches zu achten/ uͤber de-
rer Verfertigung die Autores eine lange Zeit
zugebracht/ und hingegen diejenigen nicht viel
zu loben/ die geſchwinde gemacht wordẽ. Da
doch zum oͤfftern die Buͤcher/ uͤber denen man
lange gemacht und viel daran geaͤndert/ deßhal-
ber nicht beſſer ſind/ und manchmahl der erſte
Auffſatz einer Schrifft ja ſo gut iſt/ als deſſen
Ausbeſſerung: Auch die allzugroſſe Langſam-
keit vielmehr eine Anzeigung einer Langſamkeit
des Verſtandes bey dem Autore oder ſeiner Ei-
genſinnigkeit iſt/ als der Guͤte ſeines Buchs;
und ein jeder der in ſeinem Kopffe auffgeraͤumet
hat/ gar leicht befinden wird/ daß diejenigen
Dinge/ die er geſchwinde verfertiget/ oͤffters
beſſer ſind als die/ zu denen er lange Zeit ſich be-
dienet/ weil bey jenen ſeine Attention in einer
Hitze die Gedancken beyſammen haͤlt/ und alſo
viel kraͤfftiger wircken kan/ als wenn durch viel-
faͤltiges Abſetzen die Begierde und Attention
distrahir
et und verdroſſen gemacht wird.

38. Gleiche Bewandniß hat es mit der Groͤſ-
ſe
eines Buchs/ oder der Menge der Schriff-

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[250/0276] Das 4. H. Von der Geſchickligkeit Natur her ſchuldige Ehrerbietung und Hoch- achtung groͤblich verletzt. 37. Ferner ſo pflegt man auch diejenigen Buͤcher/ als was ſonderliches zu achten/ uͤber de- rer Verfertigung die Autores eine lange Zeit zugebracht/ und hingegen diejenigen nicht viel zu loben/ die geſchwinde gemacht wordẽ. Da doch zum oͤfftern die Buͤcher/ uͤber denen man lange gemacht und viel daran geaͤndert/ deßhal- ber nicht beſſer ſind/ und manchmahl der erſte Auffſatz einer Schrifft ja ſo gut iſt/ als deſſen Ausbeſſerung: Auch die allzugroſſe Langſam- keit vielmehr eine Anzeigung einer Langſamkeit des Verſtandes bey dem Autore oder ſeiner Ei- genſinnigkeit iſt/ als der Guͤte ſeines Buchs; und ein jeder der in ſeinem Kopffe auffgeraͤumet hat/ gar leicht befinden wird/ daß diejenigen Dinge/ die er geſchwinde verfertiget/ oͤffters beſſer ſind als die/ zu denen er lange Zeit ſich be- dienet/ weil bey jenen ſeine Attention in einer Hitze die Gedancken beyſammen haͤlt/ und alſo viel kraͤfftiger wircken kan/ als wenn durch viel- faͤltiges Abſetzen die Begierde und Attention distrahiret und verdroſſen gemacht wird. 38. Gleiche Bewandniß hat es mit der Groͤſ- ſe eines Buchs/ oder der Menge der Schriff- ten

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/276>, abgerufen am 27.11.2024.