Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].Das 1. H. von der Geschickligkeit. weil er in denen praejudiciis schon veraltertist/ so verlanget er solches nicht/ sondern hasset dieselbigen vielmehr. Ja wenn er gleich die Lehre von Erkentniß der Warheit völlig be- griffe/ würde er doch zur Ausübung derselben incapabcl seyn/ weil die kurtze Zeit die er noch zu leben hat/ nicht zuläßt/ daß er nach und nach von denen Jrrthümern sich befreye/ wie er nach und nach darzu kommen ist. Denn sich der in so langer Zeit befestigten Jrrthümer auff einmahl oder in kurtzer Zeit entledigen wollen/ ist wider die gesunde Vernunfft. 12. Demnach ist das mittelmäßige Alter/ 12. So ist demnach dein Verstand geschickt dern
Das 1. H. von der Geſchickligkeit. weil er in denen præjudiciis ſchon veraltertiſt/ ſo verlanget er ſolches nicht/ ſondern haſſet dieſelbigen vielmehr. Ja wenn er gleich die Lehre von Erkentniß der Warheit voͤllig be- griffe/ wuͤrde er doch zur Ausuͤbung derſelben incapabcl ſeyn/ weil die kurtze Zeit die er noch zu leben hat/ nicht zulaͤßt/ daß er nach und nach von denen Jrrthuͤmern ſich befreye/ wie er nach und nach darzu kommen iſt. Denn ſich der in ſo langer Zeit befeſtigten Jrrthuͤmer auff einmahl oder in kurtzer Zeit entledigen wollen/ iſt wider die geſunde Vernunfft. 12. Demnach iſt das mittelmaͤßige Alter/ 12. So iſt demnach dein Verſtand geſchickt dern
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Das 1. H. von der Geſchickligkeit.
weil er in denen præjudiciis ſchon veraltert
iſt/ ſo verlanget er ſolches nicht/ ſondern haſſet
dieſelbigen vielmehr. Ja wenn er gleich die
Lehre von Erkentniß der Warheit voͤllig be-
griffe/ wuͤrde er doch zur Ausuͤbung derſelben
incapabcl ſeyn/ weil die kurtze Zeit die er noch
zu leben hat/ nicht zulaͤßt/ daß er nach und
nach von denen Jrrthuͤmern ſich befreye/ wie
er nach und nach darzu kommen iſt. Denn ſich
der in ſo langer Zeit befeſtigten Jrrthuͤmer auff
einmahl oder in kurtzer Zeit entledigen wollen/
iſt wider die geſunde Vernunfft.
12. Demnach iſt das mittelmaͤßige Alter/
als nehmlich zum wenigſten von 12. oder 14.
biß auff das hoͤchſte etliche und dreißig Jahr
am geſchickteſten durch Begreiffung der Ver-
nunfft-Lehre auch zugleich die von Jugend auff
eingeſaugten Jrrthuͤmer zu erkennen/ und
auch hernach dieſe Erkentniß auszuuͤben. Je-
doch iſt kein Zweiffel/ daß binnen dieſem ſpa-
tio derjenige am geſchickteſten ſey/ der an er-
ſten darzu thut.
12. So iſt demnach dein Verſtand geſchickt
genung zu dieſer Ausuͤbung/ ſo wohl auch das
Vermoͤgen des Willens/ wenn du nur nicht
ſelbſt dich muthwillig daran hindern willſt/ ſon-
dern
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