Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].che und nicht das Weibliche Geschlecht angenommen. So wun- End- E
che und nicht das Weibliche Geſchlecht angenommen. So wun- End- E
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che und nicht das Weibliche Geſchlecht angenommen. So wun-
derlich nun dieſe objection iſt/ ſo wunderlich iſt auch die darauf er-
folgete Antwort/ welche wohl niemand errathen wuͤrde/ wenn er
gleich noch ſo tieffſinnig meditirte. Er ſpricht: es ſey eine ſon-
derbare Urſache/ warumb GOtt das Maͤnnliche Geſchlecht fuͤr
dem Weiblichen angenommen habe/ weil nemlich GOTT durch
Annehmung der menſchlichen Natur ſich habe erniedrigen wol-
len/ die Manns-Perſonen aber unter allen vernuͤnfftigen Creatu-
ren die allerverachteſten und niedrigſten waͤren. Eben ſo geſcheid
antwortet er an ſelbigem Orte auff den Einwurff/ warumb denn
Paulus denen Weibes-Perſonen das Predigen verboten habe?
Denn er ſagt/ es waͤre deßwegen geſchehen/ weil ſie mehr Ver-
ſtand haͤtten als die Maͤnner/ und damit es nicht das Anſehen ge-
winnen moͤchte/ als ob das Frauenzimmer durch ihre Schoͤnheit
und natuͤrliche Beredtſamkeit ſo viel Leute an ſich zoͤgen. Jm
vierdten Geſpraͤch erzehlet er/ daß etliche die Meinung behauptet
haͤtten/ ob waͤren die Engel etliche hundert Jahr fuͤr der Welt er-
ſchaffen worden. Aber dieſe ſchlaͤgt er alsbald mit einer eintzigen
Frage zu Boden: Denn/ ſpricht er/ an welchem Orte hielten ſich
denn die Engel auff/ da noch kein Ort geſchaffen war? u. ſ. w.
Dem ſey aber nun allen wie ihm wolle/ ſo ſolten wir Teutſchen
uns doch den von dem Bouhours uns gethanen Vorwurff/ als ob
wir keine beaux esprits unter uns haͤtten/ nicht nur darzu an-
reitzen laſſen/ daß wir deſto eyffriger ihnen das Gegentheil in der
That erwieſen/ ſondern daß wir auch durchgehends ſowohl hohes
als niedern Standes/ ſowohl Adel als Unadel/ ſowohl Weibes-als
Mannes-Perſonen uns einen ſchoͤnen Geiſt zu erlangen/ ange-
legen ſeyn lieſſen/ welches wir ja ſo leicht zu wege bringen koͤnten/
als die Frantzoſen/ wann wir nur rechtſchaffene Luſt darzu
haͤtten.
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