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Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].

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Endlich Le bon gout und die warhafftige galanterie be-
treflend/ so pfleget man zwar insgemein nach Franckreich zu rei-
sen/ wenn man in diesen Eigenschafften sich vollkommen machen
wil/ und ist an dem/ daß die Frantzosen hiervon profession ma-
chen. Aber wenn wir die Warheit sagen sollen/ so können wir
diese gute Qvalitäten auch bey uns antreffen/ wenn wir uns
nur von dem gemeinen Pöbel etwas absonderten/ und nicht ein
iedweder sich einbildete/ daß er nach seiner eigenen impression
galant
genug wäre und le bon gout vollkommen besässe. Wie
mancher junger Mensch/ der erst ausfliegt/ affectirt mit aller
Gewalt für galant angesehen zu seyn/ und seinen guten Verstand
sehen zu lassen; Aber auff was Weise? Bald kleidet man sich
auff die wunderlichste Art von der Welt/ und dürffen unsere
Schneider nur mit zwey Worten sagen: diese Mode komme nur
gantz warm aus Franckreich/ so ist es schon gut/ wenn gleich die
Frantzosen uns damit höchlich auslachen. Bald/ wenn man stu-
diren oder was nöthigers thun soll/ verliebt man sich sterblich/ und
zwar zum öfftern in ein gut einfältig Buttes-Mägdgen/ aus deren
Augen man gleich sehen kan/ daß eine Seele ohne Geist den Leib
bewohne. Was gehen nun da für galanterien vor? Wie zu-
trampelt man sich vor dem Fenster/ ob man die Ehre haben könne/
die Jungfer/ oder doch an deren statt die Magd oder die Katze zu
grüssen? Wie viel verliebte Briefe/ die man aus zehen Romans
zusammen gesuchet hat/ und die mit vielen flammenden und mit
Pfeilen durchschossenen Hertzen bemahlet sind/ werden da abge-
schicket/ gleich als ob man des guten Kindes affection damit
bombardiren wolte? Wie lässet man sichs sauer werden/ eine
galante Nacht-Music zu bringen? Wie spielet man mit denen
verliebten Minen überall/ auch wohl in dem GOttes-Hause?
Daß ja von denen galanten Histörgen iedermann zusagen wisse/
und auff den galanten Menschen mit Fingern weisen könne.

Bald

Endlich Le bon gout und die warhafftige galanterie be-
treflend/ ſo pfleget man zwar insgemein nach Franckreich zu rei-
ſen/ wenn man in dieſen Eigenſchafften ſich vollkommen machen
wil/ und iſt an dem/ daß die Frantzoſen hiervon profeſſion ma-
chen. Aber wenn wir die Warheit ſagen ſollen/ ſo koͤnnen wir
dieſe gute Qvalitaͤten auch bey uns antreffen/ wenn wir uns
nur von dem gemeinen Poͤbel etwas abſonderten/ und nicht ein
iedweder ſich einbildete/ daß er nach ſeiner eigenen impreſſion
galant
genug waͤre und le bon goùt vollkommen beſaͤſſe. Wie
mancher junger Menſch/ der erſt ausfliegt/ affectirt mit aller
Gewalt fuͤr galant angeſehen zu ſeyn/ und ſeinen guten Verſtand
ſehen zu laſſen; Aber auff was Weiſe? Bald kleidet man ſich
auff die wunderlichſte Art von der Welt/ und duͤrffen unſere
Schneider nur mit zwey Worten ſagen: dieſe Mode komme nur
gantz warm aus Franckreich/ ſo iſt es ſchon gut/ wenn gleich die
Frantzoſen uns damit hoͤchlich auslachen. Bald/ wenn man ſtu-
diren oder was noͤthigers thun ſoll/ verliebt man ſich ſterblich/ und
zwar zum oͤfftern in ein gut einfaͤltig Buttes-Maͤgdgen/ aus deren
Augen man gleich ſehen kan/ daß eine Seele ohne Geiſt den Leib
bewohne. Was gehen nun da fuͤr galanterien vor? Wie zu-
trampelt man ſich vor dem Fenſter/ ob man die Ehre haben koͤnne/
die Jungfer/ oder doch an deren ſtatt die Magd oder die Katze zu
gruͤſſen? Wie viel verliebte Briefe/ die man aus zehen Romans
zuſammen geſuchet hat/ und die mit vielen flammenden und mit
Pfeilen durchſchoſſenen Hertzen bemahlet ſind/ werden da abge-
ſchicket/ gleich als ob man des guten Kindes affection damit
bombardiren wolte? Wie laͤſſet man ſichs ſauer werden/ eine
galante Nacht-Muſic zu bringen? Wie ſpielet man mit denen
verliebten Minen uͤberall/ auch wohl in dem GOttes-Hauſe?
Daß ja von denen galanten Hiſtoͤrgen iedermann zuſagen wiſſe/
und auff den galanten Menſchen mit Fingern weiſen koͤnne.

Bald
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/36>, abgerufen am 21.11.2024.