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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Wucher anvertrauet worden, zu frieden; weil durch ihre Beyhülffe, nach weggeworffenen Schuppen der Vorurtheile, das wahre von dem falschen: das wahrscheinliche von dem irrigen: das gute von dem bösen: die Tugend von den Lastern; die raisonnable Liebe von den thörigten und gar offte mehr als bestialischen Begierden: das Unerschaffene von dem Erschaffenen: den Schöpffer von dem Geschöpffe: GOtt von der Welt: das Christenthum vom Heydenthum: den Christlichen Weltweisen vom Heydnischen Raisonneur: den Philosophum Eclecticum von einem Philosopho Sectario: den Theologum vom Philosopho: den Theologum Revelatum von einem Theologo Naturali; die, in den Geschöpffen offenbahrte Bibel von dem, durch den Mund der Propheten, Aposteln und anderer heiliger Männer gepredigten Wort GOttes: dieses warhafftige Wort GOttes wiederum von der Philosophia und losen Verführung nach der menschen Lehre und nach der Welt-Satzungen und nicht nach Christo, in welchem die gantze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet: den geistlichen, neuen und wiedergebohrnen Menschen von der fleischlichen, alten und sündlichen Creatur: den aufrichtig- und thätigen Christen von den Scheinheiligen, Pharisäern, Maul-Christen und Tartuffen: In Summa, die vielfältige moralische Personen; genau, ohne mühsahme Arbeit und schwermüthiges Nachgrübeln, aus einander zu mustern: und von ihnen, ihren verschiedenen Ziel-Puncten und im Schilde führenden Actionen: pro differentia & diversitate darbey vorkommender idearum, modorum respectuum, relationum physicarum, moralium & spiritualium nec non circumstantiarum, quarum vel minima totam rei & casus faciem immutat; einen conceptum genuinum & adaequatum, nach der Ausübung der Vernunfftlehre und dem Wege zur Warheit zu formiren: und entweder ein wahres oder wahrscheinliches Sentiment zu fällen; ich mich, GOtt sey lob, in einem guten, gesunden und unverdorbenen Stande sehe. Ob nun ein so qualificirtes Judicium, welches in seinen ächten Farben, ohne Schmincke entworffen: Wann der Quantität nach, von einem Sonnenstäublein, es gleich überwogen würde; eine Facultas Animae seye: durch derer Circulirung ein lentum Corpus Melancholicum, in quo terrearum partium moles superior: zur freudiger Activität und lebhafftiger Bewegung gebracht werde; überlasse ich den Illuminatis zur Cntscheidung: welche diese curieuse und nützliche Wissenschafft der cörperlichen und sittlichen Complexionen, en Maitres in vollkommenem Grad zu wissen, sich flattiren.

Wucher anvertrauet worden, zu frieden; weil durch ihre Beyhülffe, nach weggeworffenen Schuppen der Vorurtheile, das wahre von dem falschen: das wahrscheinliche von dem irrigen: das gute von dem bösen: die Tugend von den Lastern; die raisonnable Liebe von den thörigten und gar offte mehr als bestialischen Begierden: das Unerschaffene von dem Erschaffenen: den Schöpffer von dem Geschöpffe: GOtt von der Welt: das Christenthum vom Heydenthum: den Christlichen Weltweisen vom Heydnischen Raisonneur: den Philosophum Eclecticum von einem Philosopho Sectario: den Theologum vom Philosopho: den Theologum Revelatum von einem Theologo Naturali; die, in den Geschöpffen offenbahrte Bibel von dem, durch den Mund der Propheten, Aposteln und anderer heiliger Männer gepredigten Wort GOttes: dieses warhafftige Wort GOttes wiederum von der Philosophia und losen Verführung nach der menschen Lehre und nach der Welt-Satzungen und nicht nach Christo, in welchem die gantze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet: den geistlichen, neuen und wiedergebohrnen Menschen von der fleischlichen, alten und sündlichen Creatur: den aufrichtig- und thätigen Christen von den Scheinheiligen, Pharisäern, Maul-Christen und Tartuffen: In Summa, die vielfältige moralische Personen; genau, ohne mühsahme Arbeit und schwermüthiges Nachgrübeln, aus einander zu mustern: und von ihnen, ihren verschiedenen Ziel-Puncten und im Schilde führenden Actionen: pro differentia & diversitate darbey vorkommender idearum, modorum respectuum, relationum physicarum, moralium & spiritualium nec non circumstantiarum, quarum vel minima totam rei & casus faciem immutat; einen conceptum genuinum & adaequatum, nach der Ausübung der Vernunfftlehre und dem Wege zur Warheit zu formiren: und entweder ein wahres oder wahrscheinliches Sentiment zu fällen; ich mich, GOtt sey lob, in einem guten, gesunden und unverdorbenen Stande sehe. Ob nun ein so qualificirtes Judicium, welches in seinen ächten Farben, ohne Schmincke entworffen: Wann der Quantität nach, von einem Sonnenstäublein, es gleich überwogen würde; eine Facultas Animae seye: durch derer Circulirung ein lentum Corpus Melancholicum, in quo terrearum partium moles superior: zur freudiger Activität und lebhafftiger Bewegung gebracht werde; überlasse ich den Illuminatis zur Cntscheidung: welche diese curieuse und nützliche Wissenschafft der cörperlichen und sittlichen Complexionen, en Maitres in vollkommenem Grad zu wissen, sich flattiren.

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[270/0286] Wucher anvertrauet worden, zu frieden; weil durch ihre Beyhülffe, nach weggeworffenen Schuppen der Vorurtheile, das wahre von dem falschen: das wahrscheinliche von dem irrigen: das gute von dem bösen: die Tugend von den Lastern; die raisonnable Liebe von den thörigten und gar offte mehr als bestialischen Begierden: das Unerschaffene von dem Erschaffenen: den Schöpffer von dem Geschöpffe: GOtt von der Welt: das Christenthum vom Heydenthum: den Christlichen Weltweisen vom Heydnischen Raisonneur: den Philosophum Eclecticum von einem Philosopho Sectario: den Theologum vom Philosopho: den Theologum Revelatum von einem Theologo Naturali; die, in den Geschöpffen offenbahrte Bibel von dem, durch den Mund der Propheten, Aposteln und anderer heiliger Männer gepredigten Wort GOttes: dieses warhafftige Wort GOttes wiederum von der Philosophia und losen Verführung nach der menschen Lehre und nach der Welt-Satzungen und nicht nach Christo, in welchem die gantze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet: den geistlichen, neuen und wiedergebohrnen Menschen von der fleischlichen, alten und sündlichen Creatur: den aufrichtig- und thätigen Christen von den Scheinheiligen, Pharisäern, Maul-Christen und Tartuffen: In Summa, die vielfältige moralische Personen; genau, ohne mühsahme Arbeit und schwermüthiges Nachgrübeln, aus einander zu mustern: und von ihnen, ihren verschiedenen Ziel-Puncten und im Schilde führenden Actionen: pro differentia & diversitate darbey vorkommender idearum, modorum respectuum, relationum physicarum, moralium & spiritualium nec non circumstantiarum, quarum vel minima totam rei & casus faciem immutat; einen conceptum genuinum & adaequatum, nach der Ausübung der Vernunfftlehre und dem Wege zur Warheit zu formiren: und entweder ein wahres oder wahrscheinliches Sentiment zu fällen; ich mich, GOtt sey lob, in einem guten, gesunden und unverdorbenen Stande sehe. Ob nun ein so qualificirtes Judicium, welches in seinen ächten Farben, ohne Schmincke entworffen: Wann der Quantität nach, von einem Sonnenstäublein, es gleich überwogen würde; eine Facultas Animae seye: durch derer Circulirung ein lentum Corpus Melancholicum, in quo terrearum partium moles superior: zur freudiger Activität und lebhafftiger Bewegung gebracht werde; überlasse ich den Illuminatis zur Cntscheidung: welche diese curieuse und nützliche Wissenschafft der cörperlichen und sittlichen Complexionen, en Maitres in vollkommenem Grad zu wissen, sich flattiren.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/286>, abgerufen am 21.11.2024.