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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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an, daß allbereit unter denen Scholasticis Durandusgeläugnet hätte, daß die Ehe ein eigentlich so genanntes Sacrament wäre.

Jedoch sind noch viel Lehren bey uns im Schwange / die aus dem Sacrament der Ehe herfiiessen.

§. VI. Alleine es ist nicht genug, daß die unsrigen läugnen, daß die Ehe ein Sacrament sey, sondern es ist auch von nöthen, daß die Lehren, welche die Catholischen aus dem Grundsatze, daß die Ehe ein Sacrament wäre, herleiten, gleichfalls verworffen würden, wenn anders die Lehre der unsrigen wohl zusammen hengen soll. Daß aber dieses bishero noch nicht geschehen, ist aus der täglichen Erfahrung offenbahr, indem gar sehr viel Exempel derer in denen Consistoriis der Protestirenden gesprochenen Urtheil dergleichen conclusiones vielmehr bekräfftigen. Es hat der seelige Herr Johann Samuel Strycke eine disputation von denen Reliquien des Sacraments in Ehe-Sachen gehalten, in welcher er durch gar viele Exempel beweiset, daß wir noch heute viel solche Reliquien behalten haben, iedoch hat er nicht alle Reliquien berühret, deßwegen ich mir vorgenommen, in denen notis ad Lancelottum bey Gelegenheit hin und wiedenr noch andere dergleichen conclusiones anzumercken, die aus der Die man zwar verwerffen aber deßhalben nicht sofort die Gebräuche abschaffen muß.Lehre, daß die Ehe ein Sacrament sey, herfliessen. Indem ich aber erinnert, daß man dergleichen Lehren verwerffen müsse, gehet mein Zweck gantz nicht dahin, daß man auch alle aus solchen Lehren eingeführte Gebräuche abschaffen solle. Man kan ja viel Dinge behalten, ja man ist auch schuldig solches zu thun, wenn es der Nutzen des gemeinen Wesens erfordert, wenn es solche Dinge sind, die an sich weder böse noch gut sind, ob man schon eine geraume Zeit dafür gehalten, als wenn sie durch ein allgemeines Göttliches Gesetz wären gebothen worden. Also ist die Bischöffliche Gewalt zwar nicht von GOtt schlechterdings in allen bürgerlichen Gesellschafften, auch nicht in allen Christlichen Republicken eingeführet worden, und nichts destoweniger ist es nicht nöthig, daß man die Bischöffe abschaffen müsse. Eben dieses ist auch von der Priester-Trauung bey denen Ehen zu melden.

Handgreifliche Grund-Wahrheiten von der Ehe.

§. VII. Damit ich aber auch einen kleinen Vorschmack gebe, wie man ohne sonderbahre Mühe sich aus denen bißherigen Verwirrungen in Ehesachen auswickeln könne, will ich zuförderst etliche handgreifliche Warheiten von der Ehe zum voraus setzen. Die Ehe ist unstreitig ein allgemeines menschliches Geschäffte, welches so wohl bey Heyden als Christen anzutreffen, und ist dannenhero so wohl nach denen politischen als Moral-Regeln der gesunden Vernunfft einzurichten. (Die Canonisten gestehen Ja selbst, daß zwischen denen Ungläubigen eine wahre und rechtmäßige Ehe sey, alleine sie wäre nur kein Sacrament,) daraus folget nun, daß die wesentliche

an, daß allbereit unter denen Scholasticis Durandusgeläugnet hätte, daß die Ehe ein eigentlich so genanntes Sacrament wäre.

Jedoch sind noch viel Lehren bey uns im Schwange / die aus dem Sacrament der Ehe herfiiessen.

§. VI. Alleine es ist nicht genug, daß die unsrigen läugnen, daß die Ehe ein Sacrament sey, sondern es ist auch von nöthen, daß die Lehren, welche die Catholischen aus dem Grundsatze, daß die Ehe ein Sacrament wäre, herleiten, gleichfalls verworffen würden, wenn anders die Lehre der unsrigen wohl zusammen hengen soll. Daß aber dieses bishero noch nicht geschehen, ist aus der täglichen Erfahrung offenbahr, indem gar sehr viel Exempel derer in denen Consistoriis der Protestirenden gesprochenen Urtheil dergleichen conclusiones vielmehr bekräfftigen. Es hat der seelige Herr Johann Samuel Strycke eine disputation von denen Reliquien des Sacraments in Ehe-Sachen gehalten, in welcher er durch gar viele Exempel beweiset, daß wir noch heute viel solche Reliquien behalten haben, iedoch hat er nicht alle Reliquien berühret, deßwegen ich mir vorgenommen, in denen notis ad Lancelottum bey Gelegenheit hin und wiedẽr noch andere dergleichen conclusiones anzumercken, die aus der Die man zwar verwerffen aber deßhalben nicht sofort die Gebräuche abschaffen muß.Lehre, daß die Ehe ein Sacrament sey, herfliessen. Indem ich aber erinnert, daß man dergleichen Lehren verwerffen müsse, gehet mein Zweck gantz nicht dahin, daß man auch alle aus solchen Lehren eingeführte Gebräuche abschaffen solle. Man kan ja viel Dinge behalten, ja man ist auch schuldig solches zu thun, wenn es der Nutzen des gemeinen Wesens erfordert, wenn es solche Dinge sind, die an sich weder böse noch gut sind, ob man schon eine geraume Zeit dafür gehalten, als wenn sie durch ein allgemeines Göttliches Gesetz wären gebothen worden. Also ist die Bischöffliche Gewalt zwar nicht von GOtt schlechterdings in allen bürgerlichen Gesellschafften, auch nicht in allen Christlichen Republicken eingeführet worden, und nichts destoweniger ist es nicht nöthig, daß man die Bischöffe abschaffen müsse. Eben dieses ist auch von der Priester-Trauung bey denen Ehen zu melden.

Handgreifliche Grund-Wahrheiten von der Ehe.

§. VII. Damit ich aber auch einen kleinen Vorschmack gebe, wie man ohne sonderbahre Mühe sich aus denen bißherigen Verwirrungen in Ehesachen auswickeln könne, will ich zuförderst etliche handgreifliche Warheiten von der Ehe zum voraus setzen. Die Ehe ist unstreitig ein allgemeines menschliches Geschäffte, welches so wohl bey Heyden als Christen anzutreffen, und ist dannenhero so wohl nach denen politischen als Moral-Regeln der gesunden Vernunfft einzurichten. (Die Canonisten gestehen Ja selbst, daß zwischen denen Ungläubigen eine wahre und rechtmäßige Ehe sey, alleine sie wäre nur kein Sacrament,) daraus folget nun, daß die wesentliche

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[268/0276] an, daß allbereit unter denen Scholasticis Durandusgeläugnet hätte, daß die Ehe ein eigentlich so genanntes Sacrament wäre. §. VI. Alleine es ist nicht genug, daß die unsrigen läugnen, daß die Ehe ein Sacrament sey, sondern es ist auch von nöthen, daß die Lehren, welche die Catholischen aus dem Grundsatze, daß die Ehe ein Sacrament wäre, herleiten, gleichfalls verworffen würden, wenn anders die Lehre der unsrigen wohl zusammen hengen soll. Daß aber dieses bishero noch nicht geschehen, ist aus der täglichen Erfahrung offenbahr, indem gar sehr viel Exempel derer in denen Consistoriis der Protestirenden gesprochenen Urtheil dergleichen conclusiones vielmehr bekräfftigen. Es hat der seelige Herr Johann Samuel Strycke eine disputation von denen Reliquien des Sacraments in Ehe-Sachen gehalten, in welcher er durch gar viele Exempel beweiset, daß wir noch heute viel solche Reliquien behalten haben, iedoch hat er nicht alle Reliquien berühret, deßwegen ich mir vorgenommen, in denen notis ad Lancelottum bey Gelegenheit hin und wiedẽr noch andere dergleichen conclusiones anzumercken, die aus der Lehre, daß die Ehe ein Sacrament sey, herfliessen. Indem ich aber erinnert, daß man dergleichen Lehren verwerffen müsse, gehet mein Zweck gantz nicht dahin, daß man auch alle aus solchen Lehren eingeführte Gebräuche abschaffen solle. Man kan ja viel Dinge behalten, ja man ist auch schuldig solches zu thun, wenn es der Nutzen des gemeinen Wesens erfordert, wenn es solche Dinge sind, die an sich weder böse noch gut sind, ob man schon eine geraume Zeit dafür gehalten, als wenn sie durch ein allgemeines Göttliches Gesetz wären gebothen worden. Also ist die Bischöffliche Gewalt zwar nicht von GOtt schlechterdings in allen bürgerlichen Gesellschafften, auch nicht in allen Christlichen Republicken eingeführet worden, und nichts destoweniger ist es nicht nöthig, daß man die Bischöffe abschaffen müsse. Eben dieses ist auch von der Priester-Trauung bey denen Ehen zu melden. Die man zwar verwerffen aber deßhalben nicht sofort die Gebräuche abschaffen muß. §. VII. Damit ich aber auch einen kleinen Vorschmack gebe, wie man ohne sonderbahre Mühe sich aus denen bißherigen Verwirrungen in Ehesachen auswickeln könne, will ich zuförderst etliche handgreifliche Warheiten von der Ehe zum voraus setzen. Die Ehe ist unstreitig ein allgemeines menschliches Geschäffte, welches so wohl bey Heyden als Christen anzutreffen, und ist dannenhero so wohl nach denen politischen als Moral-Regeln der gesunden Vernunfft einzurichten. (Die Canonisten gestehen Ja selbst, daß zwischen denen Ungläubigen eine wahre und rechtmäßige Ehe sey, alleine sie wäre nur kein Sacrament,) daraus folget nun, daß die wesentliche

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/276>, abgerufen am 24.11.2024.