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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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cipia vom Hexen-Wesen nicht eben so ridicul seyn, als derer Catholischen Und dieses werden sie auch desto lieber anzunehmen Ursach haben, weil ein Theologus [fremdsprachliches Material] i. e. Wittebergice Lutheranus, dergleichen D. Meyer biß an sein Ende gewesen, mit diesem Histörgen denen Catholicken eine Lection geben wollen; die gemeinen in Hexen-Acten anzutreffende indicia aber gemeiniglich nicht viel besser sind, als die indicia, daraus so viel animalia rationalia sich feste einbildeten, der Affe in der Historie wäre ein Gespenst von der verstorbenen Frau, und sie derowegen wohl thun werden, sich selbst bey der Nase zu zupffen, und wo nicht öffentlich auszuruffen, doch in der Stille, oder in ihren Kämmerlein allein gantz heimlich zu sprechen: Turpe est Doctori cum culpa redarguit ipsum. Das Histörgen selbst, wie es in D. Meyers obgemeldeten Büchelgen p. 110. seqq. zu lesen, lautet also: Nachdem Ludovicus Sfortias die Länder, so disseits des Schweitzer-Gebürges gelegen, überkommen, und als ein Hertzog zu Mayland bestättiget wurde, war in Mayland ein Affe von ungemeiner Grösse, welchen der Hertzog seiner Lust und Ansehens halber aufs fleißigste zu speisen und pflegen befohlen, wie er ihm denn auch ein bequemes Bette in seinem Schlosse bereiten liesse. Es kam dieses Thier sowohl an Gestalt als an Sanfftmuth und Fähigkeit des Verstandes dem Menschen ziemlich nahe, dannenhero sich viel über dieses Affen Klugheit, Geschicklichkeit, Verstand und Aufrichtigkeit, wenn er sowohl durchs Castell als über den Marckt und andere Strassen der Stadt, ja auch in die Häuser der Bürger frey und ungehindert gienge, und bald die Vorbeygehenden grüste, bald freundlich schmeichelte, bald auf allerhand Art (absonderlich mit den Kindern) spielte, nicht genug verwundern kunten. Erfügte niemand einigen Schaden zu, und erzürnte sich nie, wenn er nicht sehre gereitzet wurde. Alle liebkoseten ihm, theils weiler von so liebreichem Gemüthe war, theils weil sie wusten, daß ihn der Hertzog hefftig liebete. Unter andern adelichen Häusern aber, die etwas weit von dem Castell lagen, war eines, welches er am allermeisten besuchte, in welchen eine reiche und betagte Wittwe wohnete. Diese alte Frau (die Nonnahieß) hatte zwey Söhne, davon der älteste Anshelmus die Mutter überaus liebte und ehrte: dieser, als er sahe, wie die Mutter öffters mit dem Affen spielte, befahl er allen Haus-Leuten, daß sie das Thier, wenn es ins Hauß käme, wohl solten pflegen und freundlich mit demselben umgehen, damit die Mutter bey ihren grauen Jahren dieses Trostes nicht möchte beraubet werden. Deßwegen kam der Affe alle

cipia vom Hexen-Wesen nicht eben so ridicul seyn, als derer Catholischen Und dieses werden sie auch desto lieber anzunehmen Ursach haben, weil ein Theologus [fremdsprachliches Material] i. e. Wittebergice Lutheranus, dergleichen D. Meyer biß an sein Ende gewesen, mit diesem Histörgen denen Catholicken eine Lection geben wollen; die gemeinen in Hexen-Acten anzutreffende indicia aber gemeiniglich nicht viel besser sind, als die indicia, daraus so viel animalia rationalia sich feste einbildeten, der Affe in der Historie wäre ein Gespenst von der verstorbenen Frau, und sie derowegen wohl thun werden, sich selbst bey der Nase zu zupffen, und wo nicht öffentlich auszuruffen, doch in der Stille, oder in ihren Kämmerlein allein gantz heimlich zu sprechen: Turpe est Doctori cum culpa redarguit ipsum. Das Histörgen selbst, wie es in D. Meyers obgemeldeten Büchelgen p. 110. seqq. zu lesen, lautet also: Nachdem Ludovicus Sfortias die Länder, so disseits des Schweitzer-Gebürges gelegen, überkommen, und als ein Hertzog zu Mayland bestättiget wurde, war in Mayland ein Affe von ungemeiner Grösse, welchen der Hertzog seiner Lust und Ansehens halber aufs fleißigste zu speisen und pflegen befohlen, wie er ihm denn auch ein bequemes Bette in seinem Schlosse bereiten liesse. Es kam dieses Thier sowohl an Gestalt als an Sanfftmuth und Fähigkeit des Verstandes dem Menschen ziemlich nahe, dannenhero sich viel über dieses Affen Klugheit, Geschicklichkeit, Verstand und Aufrichtigkeit, wenn er sowohl durchs Castell als über den Marckt und andere Strassen der Stadt, ja auch in die Häuser der Bürger frey und ungehindert gienge, und bald die Vorbeygehenden grüste, bald freundlich schmeichelte, bald auf allerhand Art (absonderlich mit den Kindern) spielte, nicht genug verwundern kunten. Erfügte niemand einigen Schaden zu, und erzürnte sich nie, wenn er nicht sehre gereitzet wurde. Alle liebkoseten ihm, theils weiler von so liebreichem Gemüthe war, theils weil sie wusten, daß ihn der Hertzog hefftig liebete. Unter andern adelichen Häusern aber, die etwas weit von dem Castell lagen, war eines, welches er am allermeisten besuchte, in welchen eine reiche und betagte Wittwe wohnete. Diese alte Frau (die Nonnahieß) hatte zwey Söhne, davon der älteste Anshelmus die Mutter überaus liebte und ehrte: dieser, als er sahe, wie die Mutter öffters mit dem Affen spielte, befahl er allen Haus-Leuten, daß sie das Thier, wenn es ins Hauß käme, wohl solten pflegen und freundlich mit demselben umgehen, damit die Mutter bey ihren grauen Jahren dieses Trostes nicht möchte beraubet werden. Deßwegen kam der Affe alle

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[335/0343] cipia vom Hexen-Wesen nicht eben so ridicul seyn, als derer Catholischen Und dieses werden sie auch desto lieber anzunehmen Ursach haben, weil ein Theologus _ i. e. Wittebergice Lutheranus, dergleichen D. Meyer biß an sein Ende gewesen, mit diesem Histörgen denen Catholicken eine Lection geben wollen; die gemeinen in Hexen-Acten anzutreffende indicia aber gemeiniglich nicht viel besser sind, als die indicia, daraus so viel animalia rationalia sich feste einbildeten, der Affe in der Historie wäre ein Gespenst von der verstorbenen Frau, und sie derowegen wohl thun werden, sich selbst bey der Nase zu zupffen, und wo nicht öffentlich auszuruffen, doch in der Stille, oder in ihren Kämmerlein allein gantz heimlich zu sprechen: Turpe est Doctori cum culpa redarguit ipsum. Das Histörgen selbst, wie es in D. Meyers obgemeldeten Büchelgen p. 110. seqq. zu lesen, lautet also: Nachdem Ludovicus Sfortias die Länder, so disseits des Schweitzer-Gebürges gelegen, überkommen, und als ein Hertzog zu Mayland bestättiget wurde, war in Mayland ein Affe von ungemeiner Grösse, welchen der Hertzog seiner Lust und Ansehens halber aufs fleißigste zu speisen und pflegen befohlen, wie er ihm denn auch ein bequemes Bette in seinem Schlosse bereiten liesse. Es kam dieses Thier sowohl an Gestalt als an Sanfftmuth und Fähigkeit des Verstandes dem Menschen ziemlich nahe, dannenhero sich viel über dieses Affen Klugheit, Geschicklichkeit, Verstand und Aufrichtigkeit, wenn er sowohl durchs Castell als über den Marckt und andere Strassen der Stadt, ja auch in die Häuser der Bürger frey und ungehindert gienge, und bald die Vorbeygehenden grüste, bald freundlich schmeichelte, bald auf allerhand Art (absonderlich mit den Kindern) spielte, nicht genug verwundern kunten. Erfügte niemand einigen Schaden zu, und erzürnte sich nie, wenn er nicht sehre gereitzet wurde. Alle liebkoseten ihm, theils weiler von so liebreichem Gemüthe war, theils weil sie wusten, daß ihn der Hertzog hefftig liebete. Unter andern adelichen Häusern aber, die etwas weit von dem Castell lagen, war eines, welches er am allermeisten besuchte, in welchen eine reiche und betagte Wittwe wohnete. Diese alte Frau (die Nonnahieß) hatte zwey Söhne, davon der älteste Anshelmus die Mutter überaus liebte und ehrte: dieser, als er sahe, wie die Mutter öffters mit dem Affen spielte, befahl er allen Haus-Leuten, daß sie das Thier, wenn es ins Hauß käme, wohl solten pflegen und freundlich mit demselben umgehen, damit die Mutter bey ihren grauen Jahren dieses Trostes nicht möchte beraubet werden. Deßwegen kam der Affe alle

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/343>, abgerufen am 21.11.2024.