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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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und kluge Leute gar leicht begreiffen; daß in allen Regiments-Formen gutes und böses unter einander gemischt sey, und daß dannenhero ein jeder ambesten thue, wann er an den Orte, da er einmahl ist, verbleibe, und sich nach selbigen accommedire; indessen aber doch die so genannte freye Reichs Bürgerschafft zuweilen so beschaffen sey; daß Bürger, so unter einer noch so strengen Monarchie leben, es sey nun, was die Einschränckungen der natürlichen Freyheit, oder die Menge und Grösse der Gaben betrifft, nicht die geringste Ursache haben, den Zustand freyer Reichs-Bürger zu beneiden. Eben so ist es auch mit denen die im Regiment sind, beschaffen; Gibt es an Königlichen und Fürstlichen Höffen hin und wieder vielen Haß und Feindschafft, auch factiones unter denen Hoff Ministern; so giebt es nicht weniger factiones unter denen Raths-Personen in Reichs-Städten; Bemühet man sich an Höffen seinen Wiederwärtigen unter dem Schein des Rechten mit Gewalt zu drucken; so sind dergleichen Exempel in denen Reichs-Städten auch nicht rar.

§. III. Es wird bey diesem Eingange keines weges mehrerDer erste casus nebst der specie facti und Haupt-Frage. Worte bedürffen, indem die beykommende species facti hiervon ein klärliches Exempel geben wird. Diese wurde Anno 1696. in Martio an unsre Facultaet geschickt, auch dabey die Reichs-Stadt selbst in dem Beyschreiben mit Nahmen genennet, die ich aber billig aus bewegenden Ursachen, allhier zu nennen, unterlasse.

Bey einer nahmhafften Evangelischen Reichs-Stadt befindet sich eine gewisse Person, welche bereits in Anno 1680, und also in seinen gantz jungen Jahren, wegen erwiesener feiner capacitaet, in den Rath erwehlet, und nach der Hand immer von einem Amt zu den andern avanciret worden, indem sie Anno 1681. gleich wieder zwey neue, Anno 1684. vier andere, Anno 1688. aber das, selbigen Orts wichtige Pfleg oder Ober-Vormünder-Amt erlanget, Anno 1690. ferner zu zweyen, Anno 1692. noch zu zweyen, und endlich eben in selbigen Jahr abermahl zu einen höhern Amt gekommen, ohne was man ihm öffters für Nebencommisiones aufgetragen hat, so, daß man nicht gewust, wie man ihn, nach solcher Stadt ihren habenden Käyserlichen Regiments Ordnungen, und darauff fundirten Gewohnheiten, nur besser hätte bedencken können oder sollen, darneben ist er von seinen Eltern reichlich ausgestattet worden, und hatte etliche 1000. Rsthlr. mit seiner Frauen erheyrathet, also, daß ihm in allen Stücken hätte wohl seyn können, wann er sich seines Glücks nur selbsten zu gebrauchen gewust hätte; Er hat aber bald anfangs eine grosse ambition von sich verspühren lassen, die ihme anvertrauete Aemter vor seine qualitäten viel zu gering geachtet, dieselbige end-

und kluge Leute gar leicht begreiffen; daß in allen Regiments-Formen gutes und böses unter einander gemischt sey, und daß dannenhero ein jeder ambesten thue, wann er an den Orte, da er einmahl ist, verbleibe, und sich nach selbigen accommedire; indessen aber doch die so genannte freye Reichs Bürgerschafft zuweilen so beschaffen sey; daß Bürger, so unter einer noch so strengen Monarchie leben, es sey nun, was die Einschränckungen der natürlichẽ Freyheit, oder die Menge und Grösse der Gaben betrifft, nicht die geringste Ursache haben, den Zustand freyer Reichs-Bürger zu beneiden. Eben so ist es auch mit denen die im Regiment sind, beschaffen; Gibt es an Königlichen und Fürstlichen Höffen hin und wieder vielen Haß und Feindschafft, auch factiones unter denen Hoff Ministern; so giebt es nicht weniger factiones unter denen Raths-Personen in Reichs-Städten; Bemühet man sich an Höffen seinen Wiederwärtigen unter dem Schein des Rechten mit Gewalt zu drucken; so sind dergleichen Exempel in denen Reichs-Städten auch nicht rar.

§. III. Es wird bey diesem Eingange keines weges mehrerDer erste cásus nebst der specie facti und Haupt-Frage. Worte bedürffen, indem die beykommende species facti hiervon ein klärliches Exempel geben wird. Diese wurde Anno 1696. in Martio an unsre Facultaet geschickt, auch dabey die Reichs-Stadt selbst in dem Beyschreiben mit Nahmen genennet, die ich aber billig aus bewegenden Ursachen, allhier zu nennen, unterlasse.

Bey einer nahmhafften Evangelischen Reichs-Stadt befindet sich eine gewisse Person, welche bereits in Anno 1680, und also in seinen gantz jungen Jahren, wegen erwiesener feiner capacitaet, in den Rath erwehlet, und nach der Hand immer von einem Amt zu den andern avanciret worden, indem sie Anno 1681. gleich wieder zwey neue, Anno 1684. vier andere, Anno 1688. aber das, selbigen Orts wichtige Pfleg oder Ober-Vormünder-Amt erlanget, Anno 1690. ferner zu zweyen, Anno 1692. noch zu zweyen, und endlich eben in selbigen Jahr abermahl zu einen höhern Amt gekommen, ohne was man ihm öffters für Nebencommisiones aufgetragen hat, so, daß man nicht gewust, wie man ihn, nach solcher Stadt ihren habenden Käyserlichen Regiments Ordnungen, und darauff fundirten Gewohnheiten, nur besser hätte bedencken können oder sollen, darneben ist er von seinen Eltern reichlich ausgestattet worden, und hatte etliche 1000. Rsthlr. mit seiner Frauen erheyrathet, also, daß ihm in allen Stücken hätte wohl seyn können, wann er sich seines Glücks nur selbsten zu gebrauchen gewust hätte; Er hat aber bald anfangs eine grosse ambition von sich verspühren lassen, die ihme anvertrauete Aemter vor seine qualitäten viel zu gering geachtet, dieselbige end-

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[243/0249] und kluge Leute gar leicht begreiffen; daß in allen Regiments-Formen gutes und böses unter einander gemischt sey, und daß dannenhero ein jeder ambesten thue, wann er an den Orte, da er einmahl ist, verbleibe, und sich nach selbigen accommedire; indessen aber doch die so genannte freye Reichs Bürgerschafft zuweilen so beschaffen sey; daß Bürger, so unter einer noch so strengen Monarchie leben, es sey nun, was die Einschränckungen der natürlichẽ Freyheit, oder die Menge und Grösse der Gaben betrifft, nicht die geringste Ursache haben, den Zustand freyer Reichs-Bürger zu beneiden. Eben so ist es auch mit denen die im Regiment sind, beschaffen; Gibt es an Königlichen und Fürstlichen Höffen hin und wieder vielen Haß und Feindschafft, auch factiones unter denen Hoff Ministern; so giebt es nicht weniger factiones unter denen Raths-Personen in Reichs-Städten; Bemühet man sich an Höffen seinen Wiederwärtigen unter dem Schein des Rechten mit Gewalt zu drucken; so sind dergleichen Exempel in denen Reichs-Städten auch nicht rar. §. III. Es wird bey diesem Eingange keines weges mehrer Worte bedürffen, indem die beykommende species facti hiervon ein klärliches Exempel geben wird. Diese wurde Anno 1696. in Martio an unsre Facultaet geschickt, auch dabey die Reichs-Stadt selbst in dem Beyschreiben mit Nahmen genennet, die ich aber billig aus bewegenden Ursachen, allhier zu nennen, unterlasse. Der erste cásus nebst der specie facti und Haupt-Frage. Bey einer nahmhafften Evangelischen Reichs-Stadt befindet sich eine gewisse Person, welche bereits in Anno 1680, und also in seinen gantz jungen Jahren, wegen erwiesener feiner capacitaet, in den Rath erwehlet, und nach der Hand immer von einem Amt zu den andern avanciret worden, indem sie Anno 1681. gleich wieder zwey neue, Anno 1684. vier andere, Anno 1688. aber das, selbigen Orts wichtige Pfleg oder Ober-Vormünder-Amt erlanget, Anno 1690. ferner zu zweyen, Anno 1692. noch zu zweyen, und endlich eben in selbigen Jahr abermahl zu einen höhern Amt gekommen, ohne was man ihm öffters für Nebencommisiones aufgetragen hat, so, daß man nicht gewust, wie man ihn, nach solcher Stadt ihren habenden Käyserlichen Regiments Ordnungen, und darauff fundirten Gewohnheiten, nur besser hätte bedencken können oder sollen, darneben ist er von seinen Eltern reichlich ausgestattet worden, und hatte etliche 1000. Rsthlr. mit seiner Frauen erheyrathet, also, daß ihm in allen Stücken hätte wohl seyn können, wann er sich seines Glücks nur selbsten zu gebrauchen gewust hätte; Er hat aber bald anfangs eine grosse ambition von sich verspühren lassen, die ihme anvertrauete Aemter vor seine qualitäten viel zu gering geachtet, dieselbige end-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/249>, abgerufen am 21.11.2024.