Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.es dannenhero scheinen möchte, daß allbereits definitive in der Sachen gesprochen werden können; Dieweil aber dennoch nach den Reguln eines gesetzmäßigen Processus die Litiscontestation des Beklagten zum Grunde gesetzet und alsdann allererst, dafern es nöthig, mit Auffnehmung des Beweises verfahren werden muß, allhie aber der Beklagte auf die von neuen wieder ihn eingebrachte Klage-Puncte noch nicht articulatim geantwortet hat, die Aussage der Zeugen auch nicht auf vorhin geleisteten Eyd, sondern nur summarie geschehen ist, und dahero, wenn man bereits difinitive sprechen wollen, Beklagten den modum procedendi hernach anzufechten und die Sache zu verzögern dadurch leichte Anlaß gegeben werden könne, indessen aber doch aus seiner eigenen Bekändnüß so viel schon zu ersehen, daß er pendente lite bey seinem Predigt-Amte ohne grosses Aergerniß nicht gelassen werden mag; So ist dergestalt zu erkennen gewesen. §. IX. Ferner wurden 1701. in Julio Acta eingesendet, worinnen folgender Casus enthalten. Einer aus der Gemeine hatte wieder seinen Prediger propter denegationem sacrorum Klage erhoben, Beklagter hingegen unterschiedene excesse wieder ihn angegeben, sonderlich aber daß Kläger ein perjurium begangen hätte, weßhalben Beklagter begehret, daß Kläger Kirchen-Busse thun solte, und als die Partheyen drüber verfahren, war fol. 91. erkannt worden: Daß Kläger die von Beklagten ihm angemuthere Kirchen-Buße, seines Einwendens ungehindert zu praestiren schuldig, auch darzu von seinem Provisorat Amt zu entsetzen sey, es wäre dann, daß er in denen nächsten 14. Tagen / dasjenige, so ex actis ratione des imputirten perjurii wieder ihn stritte, gründlich elidiren, und daß es damit eine andere Beschaffenheit hätte klärlich dociren könte etc. Darauff war eine Commission angeordnet worden, die Sache in loco zu untersuchen, so auch geschehen, worauff fol. 181. ferner erkannt worden: daß, weil Kläger dasjenige / was ihm zu elidiren &c. injungiret worden, wie Rechtens nicht geleistet, nunmehro voriges Urtheil vor purificiret zu achten, und was darinnen erkannt / an demselben zu effectuiren. Nachdem er auch dasjenige, wessen er Beklagten beschuldiget, durch die veranlassete Commission nicht zu Recht erwiesen, so würde Beklagter nunmehro davon billich absolviret; Kläger hingegen zur gebührenden Satifaction ihm in eine öffentliche Christliche Abbitte, jedoch seiner Ehren ohne Schaden, vertheilet, dabeneben in eine Erstattung der Unkosten, so auf 12. Thlr. zu moderiren, condemniret. Hiernechst war aus beygefügten Actis zu sehen, daß die Umbstände des dem Kläger es dannenhero scheinen möchte, daß allbereits definitive in der Sachen gesprochen werden können; Dieweil aber dennoch nach den Reguln eines gesetzmäßigen Processus die Litiscontestation des Beklagten zum Grunde gesetzet und alsdann allererst, dafern es nöthig, mit Auffnehmung des Beweises verfahren werden muß, allhie aber der Beklagte auf die von neuen wieder ihn eingebrachte Klage-Puncte noch nicht articulatim geantwortet hat, die Aussage der Zeugen auch nicht auf vorhin geleisteten Eyd, sondern nur summarie geschehen ist, und dahero, wenn man bereits difinitive sprechen wollen, Beklagten den modum procedendi hernach anzufechten und die Sache zu verzögern dadurch leichte Anlaß gegeben werden könne, indessen aber doch aus seiner eigenen Bekändnüß so viel schon zu ersehen, daß er pendente lite bey seinem Predigt-Amte ohne grosses Aergerniß nicht gelassen werden mag; So ist dergestalt zu erkennen gewesen. §. IX. Ferner wurden 1701. in Julio Acta eingesendet, worinnen folgender Casus enthalten. Einer aus der Gemeine hatte wieder seinen Prediger propter denegationem sacrorum Klage erhoben, Beklagter hingegen unterschiedene excesse wieder ihn angegeben, sonderlich aber daß Kläger ein perjurium begangen hätte, weßhalben Beklagter begehret, daß Kläger Kirchen-Busse thun solte, und als die Partheyen drüber verfahren, war fol. 91. erkannt worden: Daß Kläger die von Beklagten ihm angemuthere Kirchen-Buße, seines Einwendens ungehindert zu praestiren schuldig, auch darzu von seinem Provisorat Amt zu entsetzen sey, es wäre dann, daß er in denen nächsten 14. Tagen / dasjenige, so ex actis ratione des imputirten perjurii wieder ihn stritte, gründlich elidiren, und daß es damit eine andere Beschaffenheit hätte klärlich dociren könte etc. Darauff war eine Commission angeordnet worden, die Sache in loco zu untersuchen, so auch geschehen, worauff fol. 181. ferner erkannt worden: daß, weil Kläger dasjenige / was ihm zu elidiren &c. injungiret worden, wie Rechtens nicht geleistet, nunmehro voriges Urtheil vor purificiret zu achten, und was darinnen erkannt / an demselben zu effectuiren. Nachdem er auch dasjenige, wessen er Beklagten beschuldiget, durch die veranlassete Commission nicht zu Recht erwiesen, so würde Beklagter nunmehro davon billich absolviret; Kläger hingegen zur gebührenden Satifaction ihm in eine öffentliche Christliche Abbitte, jedoch seiner Ehren ohne Schaden, vertheilet, dabeneben in eine Erstattung der Unkosten, so auf 12. Thlr. zu moderiren, condemniret. Hiernechst war aus beygefügten Actis zu sehen, daß die Umbstände des dem Kläger <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0316" n="310"/> es dannenhero scheinen möchte, daß allbereits definitive in der Sachen gesprochen werden können; Dieweil aber dennoch nach den Reguln eines gesetzmäßigen Processus die Litiscontestation des Beklagten zum Grunde gesetzet und alsdann allererst, dafern es nöthig, mit Auffnehmung des Beweises verfahren werden muß, allhie aber der Beklagte auf die von neuen wieder ihn eingebrachte Klage-Puncte noch nicht articulatim geantwortet hat, die Aussage der Zeugen auch nicht auf vorhin geleisteten Eyd, sondern nur summarie geschehen ist, und dahero, wenn man bereits difinitive sprechen wollen, Beklagten den modum procedendi hernach anzufechten und die Sache zu verzögern dadurch leichte Anlaß gegeben werden könne, indessen aber doch aus seiner eigenen Bekändnüß so viel schon zu ersehen, daß er pendente lite bey seinem Predigt-Amte ohne grosses Aergerniß nicht gelassen werden mag; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.</p> <note place="left">Der dritte <hi rendition="#i">Casus</hi> wegen eines <hi rendition="#i">perjurii</hi>.</note> <p>§. IX. Ferner wurden 1701. in Julio Acta eingesendet, worinnen folgender Casus enthalten. Einer aus der Gemeine hatte wieder seinen Prediger propter denegationem sacrorum Klage erhoben, Beklagter hingegen unterschiedene excesse wieder ihn angegeben, sonderlich aber daß Kläger ein perjurium begangen hätte, weßhalben Beklagter begehret, daß Kläger Kirchen-Busse thun solte, und als die Partheyen drüber verfahren, war fol. 91. erkannt worden: Daß Kläger die von Beklagten ihm angemuthere Kirchen-Buße, seines Einwendens ungehindert zu <hi rendition="#i">praestir</hi>en schuldig, auch darzu von seinem <hi rendition="#i">Provisorat</hi> Amt zu entsetzen sey, es wäre dann, daß er in denen nächsten 14. 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es dannenhero scheinen möchte, daß allbereits definitive in der Sachen gesprochen werden können; Dieweil aber dennoch nach den Reguln eines gesetzmäßigen Processus die Litiscontestation des Beklagten zum Grunde gesetzet und alsdann allererst, dafern es nöthig, mit Auffnehmung des Beweises verfahren werden muß, allhie aber der Beklagte auf die von neuen wieder ihn eingebrachte Klage-Puncte noch nicht articulatim geantwortet hat, die Aussage der Zeugen auch nicht auf vorhin geleisteten Eyd, sondern nur summarie geschehen ist, und dahero, wenn man bereits difinitive sprechen wollen, Beklagten den modum procedendi hernach anzufechten und die Sache zu verzögern dadurch leichte Anlaß gegeben werden könne, indessen aber doch aus seiner eigenen Bekändnüß so viel schon zu ersehen, daß er pendente lite bey seinem Predigt-Amte ohne grosses Aergerniß nicht gelassen werden mag; So ist dergestalt zu erkennen gewesen.
§. IX. Ferner wurden 1701. in Julio Acta eingesendet, worinnen folgender Casus enthalten. Einer aus der Gemeine hatte wieder seinen Prediger propter denegationem sacrorum Klage erhoben, Beklagter hingegen unterschiedene excesse wieder ihn angegeben, sonderlich aber daß Kläger ein perjurium begangen hätte, weßhalben Beklagter begehret, daß Kläger Kirchen-Busse thun solte, und als die Partheyen drüber verfahren, war fol. 91. erkannt worden: Daß Kläger die von Beklagten ihm angemuthere Kirchen-Buße, seines Einwendens ungehindert zu praestiren schuldig, auch darzu von seinem Provisorat Amt zu entsetzen sey, es wäre dann, daß er in denen nächsten 14. Tagen / dasjenige, so ex actis ratione des imputirten perjurii wieder ihn stritte, gründlich elidiren, und daß es damit eine andere Beschaffenheit hätte klärlich dociren könte etc. Darauff war eine Commission angeordnet worden, die Sache in loco zu untersuchen, so auch geschehen, worauff fol. 181. ferner erkannt worden: daß, weil Kläger dasjenige / was ihm zu elidiren &c. injungiret worden, wie Rechtens nicht geleistet, nunmehro voriges Urtheil vor purificiret zu achten, und was darinnen erkannt / an demselben zu effectuiren. Nachdem er auch dasjenige, wessen er Beklagten beschuldiget, durch die veranlassete Commission nicht zu Recht erwiesen, so würde Beklagter nunmehro davon billich absolviret; Kläger hingegen zur gebührenden Satifaction ihm in eine öffentliche Christliche Abbitte, jedoch seiner Ehren ohne Schaden, vertheilet, dabeneben in eine Erstattung der Unkosten, so auf 12. Thlr. zu moderiren, condemniret. Hiernechst war aus beygefügten Actis zu sehen, daß die Umbstände des dem Kläger
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/316>, abgerufen am 26.06.2024. |