Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.pfindlichste weltliche Straffen zu bringen, die man abermahls mit der Larve, als wenn es geistliche Straffen wären, bemäntelt, sich angelegen seyn lassen, auch darinnen erwünschten Fortgang gefunden, absonderlich aber dergleichen Streiche sich in denen Ehe-Sachen bedienet, sobald der Papst es dahin gebracht, daß der Clerisey die Ehen verboten worden. Weil nun dergleichen inventiones, an welchen die Päpste viele secula gearbeitet, ehe sie dieselben recht zu stande bringen können, von denen reformatoribus der Protestirenden Kirchen nicht wohl auff einmahl eingeschen werden können, als ist nicht zu verwundern, daß auch dergleichen reliquien des politischen Papstthums auff denen Universitäten der Protestirenden sich feste gesetzt, und daselbst eine geraume Zeit, wie in Papstthum, dominiret, davon gegenwärtiger Handel ein deutliches Exempel an die Hand giebt. §. II. Es hatte auff einer berühmten Universität zu K. ein LicentiatusHieher gehöriger Handel nebst unserm Response. juris und damahls Professor extraordinarius Herr D. St. der vorhero etliche Jahr auff hiesiger Universität studiret hatte zu Ende des 1697. Jahrs eine disputation von Ehe-Sachen drücken lassen, in welcher er in vielen Stücken von denen besagten reliqiis abgegangen; Wannenhero der dortige Senatus Academicus, wie auch die Juristische Facultät, von deren meisten membris er dissentiret, seinem Vorhaben sich entgegen gesetzt, und er also genöthiget worden in Februario des darauff folgenden 1698. Jahres uns eine speciem facti zu zuschicken, und unser Responsum zu begehren, welches ihm auch auff nachfolgende Art ertheilet worden, und aus demselben die übrigen zur specie facti gehörige nothwendige Umbstände angemercket werden können. Hat derselbe ohnlängst eine Juristische Disputation sub A. pro loco Professionis extraordinariae zu K. de Matrimonio illegitimo indulgentia Principis confirmato verfertiget, welche auch von dem dortigen Herrn Decano Facultatis juridicae gewöhnlicher massen censuriret und vom Magnifico Rectore daselbst unterschrieben und zum Druck befördert, auch hernach, wie gebräuchlich, die exemplaria davon publice distribuiret worden. Als aber derselbe solche den 12. Dec. vorigen Jahres halten wollen, hat der Senatus Academicus und Facultas Jurdica den Tag vorhero Ihm solches untersaget und die Ursach vorgewendet; daß darin unterschiedene Dinge enthalten wären, welche pietatem, pudorem & honestatem, auch den dem Principi schuldigsten-unterthänigsten respect verletzten. Hat derselbe hierauff dieserwegen bey dem illustri Regimine sich unterthänigst beschweret, und nachdem der löbliche Senatus Academicus, wie auch die löbliche Juristen Facultät auf Erfordern ihre casus inhibitio- pfindlichste weltliche Straffen zu bringen, die man abermahls mit der Larve, als wenn es geistliche Straffen wären, bemäntelt, sich angelegen seyn lassen, auch darinnen erwünschten Fortgang gefunden, absonderlich aber dergleichen Streiche sich in denen Ehe-Sachen bedienet, sobald der Papst es dahin gebracht, daß der Clerisey die Ehen verboten worden. Weil nun dergleichen inventiones, an welchen die Päpste viele secula gearbeitet, ehe sie dieselben recht zu stande bringen können, von denen reformatoribus der Protestirenden Kirchen nicht wohl auff einmahl eingeschen werden können, als ist nicht zu verwundern, daß auch dergleichen reliquien des politischen Papstthums auff denen Universitäten der Protestirenden sich feste gesetzt, und daselbst eine geraume Zeit, wie in Papstthum, dominiret, davon gegenwärtiger Handel ein deutliches Exempel an die Hand giebt. §. II. Es hatte auff einer berühmten Universität zu K. ein LicentiatusHieher gehöriger Handel nebst unserm Response. juris und damahls Professor extraordinarius Herr D. St. der vorhero etliche Jahr auff hiesiger Universität studiret hatte zu Ende des 1697. Jahrs eine disputation von Ehe-Sachen drücken lassen, in welcher er in vielen Stücken von denen besagten reliqiis abgegangen; Wannenhero der dortige Senatus Academicus, wie auch die Juristische Facultät, von deren meisten membris er dissentiret, seinem Vorhaben sich entgegen gesetzt, und er also genöthiget worden in Februario des darauff folgenden 1698. Jahres uns eine speciem facti zu zuschicken, und unser Responsum zu begehren, welches ihm auch auff nachfolgende Art ertheilet worden, und aus demselben die übrigen zur specie facti gehörige nothwendige Umbstände angemercket werden können. Hat derselbe ohnlängst eine Juristische Disputation sub A. pro loco Professionis extraordinariae zu K. de Matrimonio illegitimo indulgentia Principis confirmato verfertiget, welche auch von dem dortigen Herrn Decano Facultatis juridicae gewöhnlicher massen censuriret und vom Magnifico Rectore daselbst unterschrieben und zum Druck befördert, auch hernach, wie gebräuchlich, die exemplaria davon publice distribuiret worden. Als aber derselbe solche den 12. Dec. vorigen Jahres halten wollen, hat der Senatus Academicus und Facultas Jurdica den Tag vorhero Ihm solches untersaget und die Ursach vorgewendet; daß darin unterschiedene Dinge enthalten wären, welche pietatem, pudorem & honestatem, auch den dem Principi schuldigsten-unterthänigsten respect verletzten. Hat derselbe hierauff dieserwegen bey dem illustri Regimine sich unterthänigst beschweret, und nachdem der löbliche Senatus Academicus, wie auch die löbliche Juristen Facultät auf Erfordern ihre casus inhibitio- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0325" n="319"/> pfindlichste weltliche Straffen zu bringen, die man abermahls mit der Larve, als wenn es geistliche Straffen wären, bemäntelt, sich angelegen seyn lassen, auch darinnen erwünschten Fortgang gefunden, absonderlich aber dergleichen Streiche sich in denen Ehe-Sachen bedienet, sobald der Papst es dahin gebracht, daß der Clerisey die Ehen verboten worden. Weil nun dergleichen inventiones, an welchen die Päpste viele secula gearbeitet, ehe sie dieselben recht zu stande bringen können, von denen reformatoribus der Protestirenden Kirchen nicht wohl auff einmahl eingeschen werden können, als ist nicht zu verwundern, daß auch dergleichen reliquien des politischen Papstthums auff denen Universitäten der Protestirenden sich feste gesetzt, und daselbst eine geraume Zeit, wie in Papstthum, dominiret, davon gegenwärtiger Handel ein deutliches Exempel an die Hand giebt.</p> <p>§. II. Es hatte auff einer berühmten Universität zu K. ein Licentiatus<note place="right">Hieher gehöriger Handel nebst unserm <hi rendition="#i">Response</hi>.</note> juris und damahls Professor extraordinarius Herr D. St. der vorhero etliche Jahr auff hiesiger Universität studiret hatte zu Ende des 1697. Jahrs eine disputation von Ehe-Sachen drücken lassen, in welcher er in vielen Stücken von denen besagten reliqiis abgegangen; Wannenhero der dortige Senatus Academicus, wie auch die Juristische Facultät, von deren meisten membris er dissentiret, seinem Vorhaben sich entgegen gesetzt, und er also genöthiget worden in Februario des darauff folgenden 1698. Jahres uns eine speciem facti zu zuschicken, und unser Responsum zu begehren, welches ihm auch auff nachfolgende Art ertheilet worden, und aus demselben die übrigen zur specie facti gehörige nothwendige Umbstände angemercket werden können.</p> <p>Hat derselbe ohnlängst eine Juristische Disputation sub A. pro loco Professionis extraordinariae zu K. de Matrimonio illegitimo indulgentia Principis confirmato verfertiget, welche auch von dem dortigen Herrn Decano Facultatis juridicae gewöhnlicher massen censuriret und vom Magnifico Rectore daselbst unterschrieben und zum Druck befördert, auch hernach, wie gebräuchlich, die exemplaria davon publice distribuiret worden. Als aber derselbe solche den 12. Dec. vorigen Jahres halten wollen, hat der Senatus Academicus und Facultas Jurdica den Tag vorhero Ihm solches untersaget und die Ursach vorgewendet; daß darin unterschiedene Dinge enthalten wären, welche pietatem, pudorem & honestatem, auch den dem Principi schuldigsten-unterthänigsten respect verletzten. Hat derselbe hierauff dieserwegen bey dem illustri Regimine sich unterthänigst beschweret, und nachdem der löbliche Senatus Academicus, wie auch die löbliche Juristen Facultät auf Erfordern ihre casus inhibitio- </p> </div> </body> </text> </TEI> [319/0325]
pfindlichste weltliche Straffen zu bringen, die man abermahls mit der Larve, als wenn es geistliche Straffen wären, bemäntelt, sich angelegen seyn lassen, auch darinnen erwünschten Fortgang gefunden, absonderlich aber dergleichen Streiche sich in denen Ehe-Sachen bedienet, sobald der Papst es dahin gebracht, daß der Clerisey die Ehen verboten worden. Weil nun dergleichen inventiones, an welchen die Päpste viele secula gearbeitet, ehe sie dieselben recht zu stande bringen können, von denen reformatoribus der Protestirenden Kirchen nicht wohl auff einmahl eingeschen werden können, als ist nicht zu verwundern, daß auch dergleichen reliquien des politischen Papstthums auff denen Universitäten der Protestirenden sich feste gesetzt, und daselbst eine geraume Zeit, wie in Papstthum, dominiret, davon gegenwärtiger Handel ein deutliches Exempel an die Hand giebt.
§. II. Es hatte auff einer berühmten Universität zu K. ein Licentiatus juris und damahls Professor extraordinarius Herr D. St. der vorhero etliche Jahr auff hiesiger Universität studiret hatte zu Ende des 1697. Jahrs eine disputation von Ehe-Sachen drücken lassen, in welcher er in vielen Stücken von denen besagten reliqiis abgegangen; Wannenhero der dortige Senatus Academicus, wie auch die Juristische Facultät, von deren meisten membris er dissentiret, seinem Vorhaben sich entgegen gesetzt, und er also genöthiget worden in Februario des darauff folgenden 1698. Jahres uns eine speciem facti zu zuschicken, und unser Responsum zu begehren, welches ihm auch auff nachfolgende Art ertheilet worden, und aus demselben die übrigen zur specie facti gehörige nothwendige Umbstände angemercket werden können.
Hieher gehöriger Handel nebst unserm Response. Hat derselbe ohnlängst eine Juristische Disputation sub A. pro loco Professionis extraordinariae zu K. de Matrimonio illegitimo indulgentia Principis confirmato verfertiget, welche auch von dem dortigen Herrn Decano Facultatis juridicae gewöhnlicher massen censuriret und vom Magnifico Rectore daselbst unterschrieben und zum Druck befördert, auch hernach, wie gebräuchlich, die exemplaria davon publice distribuiret worden. Als aber derselbe solche den 12. Dec. vorigen Jahres halten wollen, hat der Senatus Academicus und Facultas Jurdica den Tag vorhero Ihm solches untersaget und die Ursach vorgewendet; daß darin unterschiedene Dinge enthalten wären, welche pietatem, pudorem & honestatem, auch den dem Principi schuldigsten-unterthänigsten respect verletzten. Hat derselbe hierauff dieserwegen bey dem illustri Regimine sich unterthänigst beschweret, und nachdem der löbliche Senatus Academicus, wie auch die löbliche Juristen Facultät auf Erfordern ihre casus inhibitio-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/325>, abgerufen am 17.06.2024. |