Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.stus continuati ex Legibus civilibus resultet, da doch dieses crimen so horribel vor den Augen GOttes sey, daß umb dessentwillen das Land Canaan seine Einwohner ausgespyen, auch noch heute zu Tage Länder und Städte durch solche fleischliche Sünden verderbet würden: im übrigen aber derselbe durch solche Meynungen und daß er solche Greuel durch indulgentz des Landes-Herrn zu vertheydigen und in den Stand der rechtmäßigen und von GOtt geheiligten Ehe zu setzen, vermeynete, mithin der hohen Landes-Obrigkeit zugleich zunahe träte, als welche er hiedurch der Grund Gesetze, die in den natürlichen und göttlichen Verfassungen bestehen, berauben wolte, worin doch eben der ordo imperantium & parentium in allen wohlbestallten Rebuspublicis bestünde, und die Unterthanen dadurch zum schuldigen Gehorsam gegen ihre Herrschafft auch zur Gottesfurcht und andern Guten angeführet würden: maßen dann diese Grundveste aller Königreiche und Länder zu conserviren, alle Potentaten sich jederzeit eiffrigst lassen angelegen seyn, und derowegen das natürliche und göttliche Gesetz so gar nicht zu ändern, noch druber zu dispensiren verlanget hätten, daß sie vielmehr vor ihre grösseste gloire gehalten, wenn sie custodos utriusque tabulae genennet und mit dem Zunahmen Piorum beehret worden: insonderheit aber pflegten hohe Häupter darnach zu trachten, wie sie das natürliche und göttliche Recht in denen ihnen unterworffenen Ländern in puncto Matrimonii beybehalten möchten, damit die Che, als der Pflantz-Garten des gemeinen Wesens, ehrlich gehalten, alle uneheliche congressus und incestuosi coitus ausgerottet, der Zorn GOttes von ihren Ländern abgewendet und dieselbe nicht gleich Sodom und Gomorrhan (in welchen solche Missethaten, die derselbe durch des Landes-Herrn indulgentz beschönigen wollen, im Schwange gangen,) evertiret und zu Grunde gerichtet würden. Dieweil aber dennoch bey der demselben gemachten Controvers zuförderst zwey unterschiedene Fragen mit einander nicht zu confundiren, erstlich, ob desselben Meynungen, die er in seiner Disputation defendiret, der Wahrheit gemäß und von ihm mit gutem Grunde vertheydiget werden können? Hernach aber, ob, wenn ja derselbige etwas irriges defendire, dadurch pudor, pietas & honestas naturalis ac reverentia Principi debita, verletzet worden, indem die erste nicht hierher, sondern auf die Catheder gehöret und wir billig ihm selbst überlassen, die Warheit seiner thesium wieder die etwa vorkommende objectiones zu defendiren: So viel aber die andere, davon eigentlich die Frage ist / anlanget, von uns anfänglich zum Grunde supponiret wird, daß die controversiae causarum matrimonialium durchgehends also beschaffen, daß darinnen fast keine einige anzutreffen, darinnen nicht auch unter denen orthodoxis allenthalben wiedrige Meynungen fallen solten, wie dieses nicht alleine aus Hieronymi Brückneri Decisionibus juris matrimonialis controversi durch und durch, sondern auch absonderlich aus denen in diesem Seculo stus continuati ex Legibus civilibus resultet, da doch dieses crimen so horribel vor den Augen GOttes sey, daß umb dessentwillen das Land Canaan seine Einwohner ausgespyen, auch noch heute zu Tage Länder und Städte durch solche fleischliche Sünden verderbet würden: im übrigen aber derselbe durch solche Meynungen und daß er solche Greuel durch indulgentz des Landes-Herrn zu vertheydigen und in den Stand der rechtmäßigen und von GOtt geheiligten Ehe zu setzen, vermeynete, mithin der hohen Landes-Obrigkeit zugleich zunahe träte, als welche er hiedurch der Grund Gesetze, die in den natürlichen und göttlichen Verfassungen bestehen, berauben wolte, worin doch eben der ordo imperantium & parentium in allen wohlbestallten Rebuspublicis bestünde, und die Unterthanen dadurch zum schuldigen Gehorsam gegen ihre Herrschafft auch zur Gottesfurcht und andern Guten angeführet würden: maßen dann diese Grundveste aller Königreiche und Länder zu conserviren, alle Potentaten sich jederzeit eiffrigst lassen angelegen seyn, und derowegen das natürliche und göttliche Gesetz so gar nicht zu ändern, noch druber zu dispensiren verlanget hätten, daß sie vielmehr vor ihre grösseste gloire gehalten, wenn sie custodos utriusque tabulae genennet und mit dem Zunahmen Piorum beehret worden: insonderheit aber pflegten hohe Häupter darnach zu trachten, wie sie das natürliche und göttliche Recht in denen ihnen unterworffenen Ländern in puncto Matrimonii beybehalten möchten, damit die Che, als der Pflantz-Garten des gemeinen Wesens, ehrlich gehalten, alle uneheliche congressus und incestuosi coitus ausgerottet, der Zorn GOttes von ihren Ländern abgewendet und dieselbe nicht gleich Sodom und Gomorrhã (in welchen solche Missethaten, die derselbe durch des Landes-Herrn indulgentz beschönigen wollen, im Schwange gangen,) evertiret und zu Grunde gerichtet würden. Dieweil aber dennoch bey der demselben gemachten Controvers zuförderst zwey unterschiedene Fragen mit einander nicht zu confundiren, erstlich, ob desselben Meynungen, die er in seiner Disputation defendiret, der Wahrheit gemäß und von ihm mit gutem Grunde vertheydiget werden können? Hernach aber, ob, wenn ja derselbige etwas irriges defendire, dadurch pudor, pietas & honestas naturalis ac reverentia Principi debita, verletzet worden, indem die erste nicht hierher, sondern auf die Catheder gehöret und wir billig ihm selbst überlassen, die Warheit seiner thesium wieder die etwa vorkommende objectiones zu defendiren: So viel aber die andere, davon eigentlich die Frage ist / anlanget, von uns anfänglich zum Grunde supponiret wird, daß die controversiae causarum matrimonialium durchgehends also beschaffen, daß darinnen fast keine einige anzutreffen, darinnen nicht auch unter denen orthodoxis allenthalben wiedrige Meynungen fallen solten, wie dieses nicht alleine aus Hieronymi Brückneri Decisionibus juris matrimonialis controversi durch und durch, sondern auch absonderlich aus denen in diesem Seculo <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0327" n="321"/> stus continuati ex Legibus civilibus resultet, da doch dieses crimen so horribel vor den Augen GOttes sey, daß umb dessentwillen das Land Canaan seine Einwohner ausgespyen, auch noch heute zu Tage Länder und Städte durch solche fleischliche Sünden verderbet würden: im übrigen aber derselbe durch solche Meynungen und daß er solche Greuel durch indulgentz des Landes-Herrn zu vertheydigen und in den Stand der rechtmäßigen und von GOtt geheiligten Ehe zu setzen, vermeynete, mithin der hohen Landes-Obrigkeit zugleich zunahe träte, als welche er hiedurch der Grund Gesetze, die in den natürlichen und göttlichen Verfassungen bestehen, berauben wolte, worin doch eben der ordo imperantium & parentium in allen wohlbestallten Rebuspublicis bestünde, und die Unterthanen dadurch zum schuldigen Gehorsam gegen ihre Herrschafft auch zur Gottesfurcht und andern Guten angeführet würden: maßen dann diese Grundveste aller Königreiche und Länder zu conserviren, alle Potentaten sich jederzeit eiffrigst lassen angelegen seyn, und derowegen das natürliche und göttliche Gesetz so gar nicht zu ändern, noch druber zu dispensiren verlanget hätten, daß sie vielmehr vor ihre grösseste gloire gehalten, wenn sie custodos utriusque tabulae genennet und mit dem Zunahmen Piorum beehret worden: insonderheit aber pflegten hohe Häupter darnach zu trachten, wie sie das natürliche und göttliche Recht in denen ihnen unterworffenen Ländern in puncto Matrimonii beybehalten möchten, damit die Che, als der Pflantz-Garten des gemeinen Wesens, ehrlich gehalten, alle uneheliche congressus und incestuosi coitus ausgerottet, der Zorn GOttes von ihren Ländern abgewendet und dieselbe nicht gleich Sodom und Gomorrhã (in welchen solche Missethaten, die derselbe durch des Landes-Herrn indulgentz beschönigen wollen, im Schwange gangen,) evertiret und zu Grunde gerichtet würden. Dieweil aber dennoch bey der demselben gemachten Controvers zuförderst zwey unterschiedene Fragen mit einander nicht zu confundiren, erstlich, ob desselben Meynungen, die er in seiner Disputation defendiret, der Wahrheit gemäß und von ihm mit gutem Grunde vertheydiget werden können? Hernach aber, ob, wenn ja derselbige etwas irriges defendire, dadurch pudor, pietas & honestas naturalis ac reverentia Principi debita, verletzet worden, indem die erste nicht hierher, sondern auf die Catheder gehöret und wir billig ihm selbst überlassen, die Warheit seiner thesium wieder die etwa vorkommende objectiones zu defendiren: So viel aber die andere, davon eigentlich die Frage ist / anlanget, von uns anfänglich zum Grunde supponiret wird, daß die controversiae causarum matrimonialium durchgehends also beschaffen, daß darinnen fast keine einige anzutreffen, darinnen nicht auch unter denen orthodoxis allenthalben wiedrige Meynungen fallen solten, wie dieses nicht alleine aus Hieronymi Brückneri Decisionibus juris matrimonialis controversi durch und durch, sondern auch absonderlich aus denen in diesem Seculo </p> </div> </body> </text> </TEI> [321/0327]
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/327>, abgerufen am 26.06.2024. |