Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

würden mündlich vernehmen lassen, sondern daß sie spatium deliberandi bitten würden, als dürffte wohl nöthig seyn, daß man ihnen selbige verstattete, aber dabey eine kurtze Frist setzete.

Conduite und merckwürdige Cautelen der Prediger für der Commission.

§. XXIV. Als nun die andere Commissarii bey diesen Vortrag nichts weiter zu erinnern hatten, wurden die beyden Prediger hinein gefordert, da denn der Hoff-Prediger bald Anfangs seine Christliche und Apostolische Demuth dadurch bezeigen wolte, daß er mit stachlichten Reden sich beschwerete, daß man einen Stuhl für ihn nur vor die Taffel, und nicht an dieselbige gesetzet hätte. Da aber von dem Herren Praeside diese Thorheit kurtz und vernünfftig abgelehnet, und auch ihnen in einer kurtzen Proposition die Absicht dieser Commission eröffnet wie nicht weniger die 9. Gravamina potiora vorgelesen wurden, antworteten die Prediger: Sie wolten verhoffen, daß ihnen die 9. Puncta zu ihrer Verantwortung würden communiciret werden, und weil ihnen doch in der Geheimen Raths-Stube jüngsten wäre gesagt worden, daß ihnen alle Beneficia juris verstattet seyn solten, so müsten sie (1) berichten, daß, falls sie in diesem Judicio Ecclesiastico einige Worte und Expressiones gebrauchen würden, die etwan von einem und andern ihnen möchten, als injurieus oder sonst übel gemeinet, ausgedeutet werden, sie sich so fort anfangs darwider feyerlichst verwahrten, und vor GOtt bezeugten, daß mit allen und jeden nichts anders als veritas & causa justitiae abgezielet und intendiret würde, wie sie denn auch gleichfalls bäthen, daß wenn sie, als die des Rechtens nicht völlig erfahren, auch in einen solchen Processu itzo befangen wären, da sie schwerlich eines Advocaten oder Consulenten würden habhafft werden können, einige favores juris praeteriren solten, dieselbigen ihnen als Predigern ex officio möchten suppliret und ersetzet werden. (2) Daß sie quod hanc causam nicht als einiger Menschen Knechte, sondern als Christi Diener, denen auch die Höchsten in der Welt, quoad officia Spiritus sancti zu folgen Krafft göttlichen Worts verbunden wären, angesehen, und judiciret werden möchten, wie sie denn vor dieses mahl Weitläufftigkeit zu vermeiden, unsere Theologos und Casuisten nicht anziehen, sondern brevitatis studio alleine den Christlichen Politicum von Seckendorff in seinen Fürsten Staat Part. II. cap. 11. §. 8. & cap. 13. §. 1. allegiren wolten, woselbst er ausdrücklich statuirte, daß das Predig-Amt, wie es in der Lehre des Worts GOttes und Austheilung der heiligen Sacramente bestünde, ein Werck sey, so nicht von weltlicher Obrigkeit, sondern von GOtt allein geordnet, und dannenhero die Kir-

würden mündlich vernehmen lassen, sondern daß sie spatium deliberandi bitten würden, als dürffte wohl nöthig seyn, daß man ihnen selbige verstattete, aber dabey eine kurtze Frist setzete.

Conduite und merckwürdige Cautelen der Prediger für der Commission.

§. XXIV. Als nun die andere Commissarii bey diesen Vortrag nichts weiter zu erinnern hatten, wurden die beyden Prediger hinein gefordert, da denn der Hoff-Prediger bald Anfangs seine Christliche und Apostolische Demuth dadurch bezeigen wolte, daß er mit stachlichten Reden sich beschwerete, daß man einen Stuhl für ihn nur vor die Taffel, und nicht an dieselbige gesetzet hätte. Da aber von dem Herren Praeside diese Thorheit kurtz und vernünfftig abgelehnet, und auch ihnen in einer kurtzen Proposition die Absicht dieser Commission eröffnet wie nicht weniger die 9. Gravamina potiora vorgelesen wurden, antworteten die Prediger: Sie wolten verhoffen, daß ihnen die 9. Puncta zu ihrer Verantwortung würden communiciret werden, und weil ihnen doch in der Geheimen Raths-Stube jüngsten wäre gesagt worden, daß ihnen alle Beneficia juris verstattet seyn solten, so müsten sie (1) berichten, daß, falls sie in diesem Judicio Ecclesiastico einige Worte und Expressiones gebrauchen würden, die etwan von einem und andern ihnen möchten, als injurieus oder sonst übel gemeinet, ausgedeutet werden, sie sich so fort anfangs darwider feyerlichst verwahrten, und vor GOtt bezeugten, daß mit allen und jeden nichts anders als veritas & causa justitiae abgezielet und intendiret würde, wie sie denn auch gleichfalls bäthen, daß wenn sie, als die des Rechtens nicht völlig erfahren, auch in einen solchen Processu itzo befangen wären, da sie schwerlich eines Advocaten oder Consulenten würden habhafft werden können, einige favores juris praeteriren solten, dieselbigen ihnen als Predigern ex officio möchten suppliret und ersetzet werden. (2) Daß sie quod hanc causam nicht als einiger Menschen Knechte, sondern als Christi Diener, denen auch die Höchsten in der Welt, quoad officia Spiritus sancti zu folgen Krafft göttlichen Worts verbunden wären, angesehen, und judiciret werden möchten, wie sie denn vor dieses mahl Weitläufftigkeit zu vermeiden, unsere Theologos und Casuisten nicht anziehen, sondern brevitatis studio alleine den Christlichen Politicum von Seckendorff in seinen Fürsten Staat Part. II. cap. 11. §. 8. & cap. 13. §. 1. allegiren wolten, woselbst er ausdrücklich statuirte, daß das Predig-Amt, wie es in der Lehre des Worts GOttes und Austheilung der heiligen Sacramente bestünde, ein Werck sey, so nicht von weltlicher Obrigkeit, sondern von GOtt allein geordnet, und dannenhero die Kir-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0242" n="234"/>
würden mündlich vernehmen lassen,                      sondern daß sie spatium deliberandi bitten würden, als dürffte wohl nöthig seyn,                      daß man ihnen selbige verstattete, aber dabey eine kurtze Frist setzete.</p>
        <note place="left"><hi rendition="#i">Conduite</hi> und merckwürdige <hi rendition="#i">Cautel</hi>en der Prediger für der <hi rendition="#i">Commission.</hi></note>
        <p>§. XXIV. Als nun die andere Commissarii bey diesen Vortrag nichts weiter zu                      erinnern hatten, wurden die beyden Prediger hinein gefordert, da denn der                      Hoff-Prediger bald Anfangs seine Christliche und Apostolische Demuth dadurch                      bezeigen wolte, daß er mit stachlichten Reden sich beschwerete, daß man einen                      Stuhl für ihn nur vor die Taffel, und nicht an dieselbige gesetzet hätte. Da                      aber von dem Herren Praeside diese Thorheit kurtz und vernünfftig abgelehnet,                      und auch ihnen in einer kurtzen Proposition die Absicht dieser Commission                      eröffnet wie nicht weniger die 9. Gravamina potiora vorgelesen wurden,                      antworteten die Prediger: Sie wolten verhoffen, daß ihnen die 9. Puncta zu ihrer                      Verantwortung würden communiciret werden, und weil ihnen doch in der Geheimen                      Raths-Stube jüngsten wäre gesagt worden, daß ihnen alle Beneficia juris                      verstattet seyn solten, so müsten sie (1) berichten, daß, falls sie in diesem                      Judicio Ecclesiastico einige Worte und Expressiones gebrauchen würden, die etwan                      von einem und andern ihnen möchten, als injurieus oder sonst übel gemeinet,                      ausgedeutet werden, sie sich so fort anfangs darwider feyerlichst verwahrten,                      und vor GOtt bezeugten, daß mit allen und jeden nichts anders als veritas &amp;                      causa justitiae abgezielet und intendiret würde, wie sie denn auch gleichfalls                      bäthen, daß wenn sie, als die des Rechtens nicht völlig erfahren, auch in einen                      solchen Processu itzo befangen wären, da sie schwerlich eines Advocaten oder                      Consulenten würden habhafft werden können, einige favores juris praeteriren                      solten, dieselbigen ihnen als Predigern ex officio möchten suppliret und                      ersetzet werden. (2) Daß sie quod hanc causam nicht als einiger Menschen                      Knechte, sondern als Christi Diener, denen auch die Höchsten in der Welt, quoad                      officia Spiritus sancti zu folgen Krafft göttlichen Worts verbunden wären,                      angesehen, und judiciret werden möchten, wie sie denn vor dieses mahl                      Weitläufftigkeit zu vermeiden, unsere Theologos und Casuisten nicht anziehen,                      sondern brevitatis studio alleine den Christlichen Politicum von Seckendorff in                      seinen Fürsten Staat Part. II. cap. 11. §. 8. &amp; cap. 13. §. 1. allegiren                      wolten, woselbst er ausdrücklich statuirte, daß das Predig-Amt, wie es in der                      Lehre des Worts GOttes und Austheilung der heiligen Sacramente bestünde, ein                      Werck sey, so nicht von weltlicher Obrigkeit, sondern von GOtt allein geordnet,                      und dannenhero die Kir-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0242] würden mündlich vernehmen lassen, sondern daß sie spatium deliberandi bitten würden, als dürffte wohl nöthig seyn, daß man ihnen selbige verstattete, aber dabey eine kurtze Frist setzete. §. XXIV. Als nun die andere Commissarii bey diesen Vortrag nichts weiter zu erinnern hatten, wurden die beyden Prediger hinein gefordert, da denn der Hoff-Prediger bald Anfangs seine Christliche und Apostolische Demuth dadurch bezeigen wolte, daß er mit stachlichten Reden sich beschwerete, daß man einen Stuhl für ihn nur vor die Taffel, und nicht an dieselbige gesetzet hätte. Da aber von dem Herren Praeside diese Thorheit kurtz und vernünfftig abgelehnet, und auch ihnen in einer kurtzen Proposition die Absicht dieser Commission eröffnet wie nicht weniger die 9. Gravamina potiora vorgelesen wurden, antworteten die Prediger: Sie wolten verhoffen, daß ihnen die 9. Puncta zu ihrer Verantwortung würden communiciret werden, und weil ihnen doch in der Geheimen Raths-Stube jüngsten wäre gesagt worden, daß ihnen alle Beneficia juris verstattet seyn solten, so müsten sie (1) berichten, daß, falls sie in diesem Judicio Ecclesiastico einige Worte und Expressiones gebrauchen würden, die etwan von einem und andern ihnen möchten, als injurieus oder sonst übel gemeinet, ausgedeutet werden, sie sich so fort anfangs darwider feyerlichst verwahrten, und vor GOtt bezeugten, daß mit allen und jeden nichts anders als veritas & causa justitiae abgezielet und intendiret würde, wie sie denn auch gleichfalls bäthen, daß wenn sie, als die des Rechtens nicht völlig erfahren, auch in einen solchen Processu itzo befangen wären, da sie schwerlich eines Advocaten oder Consulenten würden habhafft werden können, einige favores juris praeteriren solten, dieselbigen ihnen als Predigern ex officio möchten suppliret und ersetzet werden. (2) Daß sie quod hanc causam nicht als einiger Menschen Knechte, sondern als Christi Diener, denen auch die Höchsten in der Welt, quoad officia Spiritus sancti zu folgen Krafft göttlichen Worts verbunden wären, angesehen, und judiciret werden möchten, wie sie denn vor dieses mahl Weitläufftigkeit zu vermeiden, unsere Theologos und Casuisten nicht anziehen, sondern brevitatis studio alleine den Christlichen Politicum von Seckendorff in seinen Fürsten Staat Part. II. cap. 11. §. 8. & cap. 13. §. 1. allegiren wolten, woselbst er ausdrücklich statuirte, daß das Predig-Amt, wie es in der Lehre des Worts GOttes und Austheilung der heiligen Sacramente bestünde, ein Werck sey, so nicht von weltlicher Obrigkeit, sondern von GOtt allein geordnet, und dannenhero die Kir-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/242
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/242>, abgerufen am 25.11.2024.