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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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probirte Auslegungen verboten, auch dieses Verbot als ein allgemeinesvon GOtt verboten. Gesetz (lex moralis) alle Menschen und nicht das jüdische Volck alleine angienge, und dannenhero keine weltliche Obrigkeit in Zulassung dergleichen Ehe dispensiren könne, oder wenn ja solches geschehe, treue LehrerII. Daß Prediger wider die Sacraments-Verächter eyffern müsten. und Prediger nothwendig vor den Riß tretten, und dergleichen unchristlichen Beginnen widerstehen müsten, zumahlen in Ehesachen, und da nach dem Lutherischen kleinen Catechismo in dem Ehestand das Sacrament JEsu Christi und der Kirchen, seiner Braut, bezeichnet worden, und ihnen also nach ihrer Pflicht obliege, dergleichen Sacraments-Verächtern nach Vermögen Widerstand zu thun; Dannenhero die Herren sich desto weniger über sie beschweren könnten, weil sie biß anhero denenselben nicht einmahl Active widerstanden, oder sie und die Eheleuthe auf der Cantzel oder schrifftlich wegen dieses facti bestrafft, sonder sich nur mereIII. Daß sie sich nur mere passive verhalten und nach ihrem Gewissen gethan. passive verhalten, und denen Eheleuten das Heil. Nachtmahl nicht hätten reichen wollen, zu welchen man sie ohne dem nicht zwingen könnte, weil sie nach ihrem in besagter gemeinen Meynung gegründeten Gewissen, diese Ehe für eine öffentliche Hurerey hielten, und dieser schwehren Sünde sich würden theilhafftig machen, wenn sie dieses so öffentliche und notorische Laster durch die absolution und Reichung des Heil. Nachtmahls ohne vorhergehende separation, gleichsam approbirten, oder sich doch desselbigen theilhafftig machten, sondern sie dießfalls GOtt mehr gehorchen müsten, als denen Menschen; zugeschweigen, daß man ex parte Magistratus durch die ergangne drey Befehle nulliter verfahren, indemIV. Daß Magistratus nulliter verfahren. man solchergestalt ab executione angefangen, da man sie doch vorhero hätte genüglich hören, und bey auswärtigen der reinen Lehre zugethanen Theologischen und Juristischen Facultäten die Urtheil, jedoch servato debito processus ordine hätte einhohlen, und ihnen ihre etwa dawider habende remedia suspensiva hätte zulassen sollen; und wenn auch endlich allenfalls ihr Gewissen in diesem Stück (dessen sie doch vielmehr das Gegentheil versichert wären) irren solte, dennoch dem Magistrat ex principiis communibus moralibus bekannt seyn würde, daß man, so lange als man in dem Irrthum stecke, auch nicht contra conscientiam erroneam ohne offenbahre Sünde thun könne, und dannenhero dem Magistrat zuförderst obgelegen hätte, die rationes der Prediger zu beantworten, und hernach die decision dieser controvers der decision unpartheyischer Collegiorum zu übergeben, zumahlen da diese

probirte Auslegungen verboten, auch dieses Verbot als ein allgemeinesvon GOtt verboten. Gesetz (lex moralis) alle Menschen und nicht das jüdische Volck alleine angienge, und dannenhero keine weltliche Obrigkeit in Zulassung dergleichen Ehe dispensiren könne, oder wenn ja solches geschehe, treue LehrerII. Daß Prediger wider die Sacraments-Verächter eyffern müsten. und Prediger nothwendig vor den Riß tretten, und dergleichen unchristlichen Beginnen widerstehen müsten, zumahlen in Ehesachen, und da nach dem Lutherischen kleinen Catechismo in dem Ehestand das Sacrament JEsu Christi und der Kirchen, seiner Braut, bezeichnet worden, und ihnen also nach ihrer Pflicht obliege, dergleichen Sacraments-Verächtern nach Vermögen Widerstand zu thun; Dannenhero die Herren sich desto weniger über sie beschweren könnten, weil sie biß anhero denenselben nicht einmahl Active widerstanden, oder sie und die Eheleuthe auf der Cantzel oder schrifftlich wegen dieses facti bestrafft, sonder sich nur mereIII. Daß sie sich nur mere passive verhalten und nach ihrem Gewissen gethan. passive verhalten, und denen Eheleuten das Heil. Nachtmahl nicht hätten reichen wollen, zu welchen man sie ohne dem nicht zwingen könnte, weil sie nach ihrem in besagter gemeinen Meynung gegründeten Gewissen, diese Ehe für eine öffentliche Hurerey hielten, und dieser schwehren Sünde sich würden theilhafftig machen, wenn sie dieses so öffentliche und notorische Laster durch die absolution und Reichung des Heil. Nachtmahls ohne vorhergehende separation, gleichsam approbirten, oder sich doch desselbigen theilhafftig machten, sondern sie dießfalls GOtt mehr gehorchen müsten, als denen Menschen; zugeschweigen, daß man ex parte Magistratus durch die ergangne drey Befehle nulliter verfahren, indemIV. Daß Magistratus nulliter verfahren. man solchergestalt ab executione angefangen, da man sie doch vorhero hätte genüglich hören, und bey auswärtigen der reinen Lehre zugethanen Theologischen und Juristischen Facultäten die Urtheil, jedoch servato debito processus ordine hätte einhohlen, und ihnen ihre etwa dawider habende remedia suspensiva hätte zulassen sollen; und wenn auch endlich allenfalls ihr Gewissen in diesem Stück (dessen sie doch vielmehr das Gegentheil versichert wären) irren solte, dennoch dem Magistrat ex principiis communibus moralibus bekannt seyn würde, daß man, so lange als man in dem Irrthum stecke, auch nicht contra conscientiam erroneam ohne offenbahre Sünde thun könne, und dannenhero dem Magistrat zuförderst obgelegen hätte, die rationes der Prediger zu beantworten, und hernach die decision dieser controvers der decision unpartheyischer Collegiorum zu übergeben, zumahlen da diese

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[297/0305] probirte Auslegungen verboten, auch dieses Verbot als ein allgemeines Gesetz (lex moralis) alle Menschen und nicht das jüdische Volck alleine angienge, und dannenhero keine weltliche Obrigkeit in Zulassung dergleichen Ehe dispensiren könne, oder wenn ja solches geschehe, treue Lehrer und Prediger nothwendig vor den Riß tretten, und dergleichen unchristlichen Beginnen widerstehen müsten, zumahlen in Ehesachen, und da nach dem Lutherischen kleinen Catechismo in dem Ehestand das Sacrament JEsu Christi und der Kirchen, seiner Braut, bezeichnet worden, und ihnen also nach ihrer Pflicht obliege, dergleichen Sacraments-Verächtern nach Vermögen Widerstand zu thun; Dannenhero die Herren sich desto weniger über sie beschweren könnten, weil sie biß anhero denenselben nicht einmahl Active widerstanden, oder sie und die Eheleuthe auf der Cantzel oder schrifftlich wegen dieses facti bestrafft, sonder sich nur mere passive verhalten, und denen Eheleuten das Heil. Nachtmahl nicht hätten reichen wollen, zu welchen man sie ohne dem nicht zwingen könnte, weil sie nach ihrem in besagter gemeinen Meynung gegründeten Gewissen, diese Ehe für eine öffentliche Hurerey hielten, und dieser schwehren Sünde sich würden theilhafftig machen, wenn sie dieses so öffentliche und notorische Laster durch die absolution und Reichung des Heil. Nachtmahls ohne vorhergehende separation, gleichsam approbirten, oder sich doch desselbigen theilhafftig machten, sondern sie dießfalls GOtt mehr gehorchen müsten, als denen Menschen; zugeschweigen, daß man ex parte Magistratus durch die ergangne drey Befehle nulliter verfahren, indem man solchergestalt ab executione angefangen, da man sie doch vorhero hätte genüglich hören, und bey auswärtigen der reinen Lehre zugethanen Theologischen und Juristischen Facultäten die Urtheil, jedoch servato debito processus ordine hätte einhohlen, und ihnen ihre etwa dawider habende remedia suspensiva hätte zulassen sollen; und wenn auch endlich allenfalls ihr Gewissen in diesem Stück (dessen sie doch vielmehr das Gegentheil versichert wären) irren solte, dennoch dem Magistrat ex principiis communibus moralibus bekannt seyn würde, daß man, so lange als man in dem Irrthum stecke, auch nicht contra conscientiam erroneam ohne offenbahre Sünde thun könne, und dannenhero dem Magistrat zuförderst obgelegen hätte, die rationes der Prediger zu beantworten, und hernach die decision dieser controvers der decision unpartheyischer Collegiorum zu übergeben, zumahlen da diese von GOtt verboten. II. Daß Prediger wider die Sacraments-Verächter eyffern müsten. III. Daß sie sich nur mere passive verhalten und nach ihrem Gewissen gethan. IV. Daß Magistratus nulliter verfahren.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/305>, abgerufen am 24.11.2024.