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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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§. IX. Nun rathe ein Rechts-und Proceß-Verständiger Leser einmahl,Das andere L. Urtheil, das dem vorigen gantz zuwider. wie das nunmehro folgende Urtheil gefallen sey. Es wurden die Acta an die Herren JCtos nach L. verschickt, und das daselbst gesprochene Urtheil denen Partheyen den 3. October 1720. publiciret. Dieses war nun folgenden Inhalts. Daß Kläger den geforderten Vorstand der Widerklage und Unkosten halber zur Nothdurfft bestellet. Würde nun Beklagter den fol. 9. befindlichen gerichtlich vollzogenen Kauf-Contract von 18. Martii 1718. worinnen der Verkürtzung über die Helffte absonderlich renunciret worden, nachmahls in Originali vorlegen, und denselben Kläger, in massen ihm sub poena recogniti zu thun oblieget, recognosciren, so ist Beklagter auf die erhobene Klage sich einzulassen nicht schuldig. Weil keine Rationes waren gefordert worden, so waren auch keine dem Urtheil beygefüget. Ich zweifle aber keinesweges, es würde dem Herrn Referenten daran so wenig gemangelt haben, als es dem Herrn Referenten des in vorigen Handel §. IV. angeführten Urtheils daran gemangelt hatte, und kan man dannenhero die etwan sich regende Curiosität, dieselben etwas umständlicher zu vernehmen leichtlich stillen, und sich zu frieden geben.

§. X. Man kan sich aber leicht einbilden, daß Kläger dabey nichtLeuterungs-Gravamina wider dasselbe, und ferneres Verfahren darüber. acquiesciret, sondern neue Leuterung wider besagtes Urtheil werde eingewendet haben. Man kan auch die Gravamina leichtlich vorher sehen. Das erste Gravamen war, daß die exceptio renunciatae laesionis ultra dimidium schon in ersten Termin wäre vorgebracht, aber in dem ersten Urtheil das einmahl Rechts-kräfftig worden, wäre verworffen worden. Das andre Gravamen war, daß Kläger den ersten Aufsatz allbereit damahls auch produciret hätte, darinnen keine Renunciation der Laesion enthalten wäre. Drittens so wäre Klägern die gerichtliche Extension, die der Beklagte procuriret hätte, niemahls vorgelesen worden, wie er dann auch bate, solches Gerichts wegen zu attestiren (welches aber, so viel ich mich besinne a judice nicht geschehen.) Endlich besonne sich Kläger, daß vermuthlich sein voriges Petitum, daß der Bekl. wegen nicht förmlich geschehener litis contestation pro confesso & convicto zu halten wäre, wohl nicht attendiret werden dörffte, derowegen bat er nunmehro, zu erkennen; daß Bekl. dem J. Urtheil gemäß sich einzulassen und zu antworten schuldig sey, und weil er solches allbereit in vorigen Termin in eventum gethan, als sey er Kläger nunmehro mit seinem Beweiß zu hören. Beklagten hingegen wuchse wegen

§. IX. Nun rathe ein Rechts-und Proceß-Verständiger Leser einmahl,Das andere L. Urtheil, das dem vorigen gantz zuwider. wie das nunmehro folgende Urtheil gefallen sey. Es wurden die Acta an die Herren JCtos nach L. verschickt, und das daselbst gesprochene Urtheil denen Partheyen den 3. October 1720. publiciret. Dieses war nun folgenden Inhalts. Daß Kläger den geforderten Vorstand der Widerklage und Unkosten halber zur Nothdurfft bestellet. Würde nun Beklagter den fol. 9. befindlichen gerichtlich vollzogenen Kauf-Contract von 18. Martii 1718. worinnen der Verkürtzung über die Helffte absonderlich renunciret worden, nachmahls in Originali vorlegen, und denselben Kläger, in massen ihm sub poena recogniti zu thun oblieget, recognosciren, so ist Beklagter auf die erhobene Klage sich einzulassen nicht schuldig. Weil keine Rationes waren gefordert worden, so waren auch keine dem Urtheil beygefüget. Ich zweifle aber keinesweges, es würde dem Herrn Referenten daran so wenig gemangelt haben, als es dem Herrn Referenten des in vorigen Handel §. IV. angeführten Urtheils daran gemangelt hatte, und kan man dannenhero die etwan sich regende Curiosität, dieselben etwas umständlicher zu vernehmen leichtlich stillen, und sich zu frieden geben.

§. X. Man kan sich aber leicht einbilden, daß Kläger dabey nichtLeuterungs-Gravamina wider dasselbe, und ferneres Verfahren darüber. acquiesciret, sondern neue Leuterung wider besagtes Urtheil werde eingewendet haben. Man kan auch die Gravamina leichtlich vorher sehen. Das erste Gravamen war, daß die exceptio renunciatae laesionis ultra dimidium schon in ersten Termin wäre vorgebracht, aber in dem ersten Urtheil das einmahl Rechts-kräfftig worden, wäre verworffen worden. Das andre Gravamen war, daß Kläger den ersten Aufsatz allbereit damahls auch produciret hätte, darinnen keine Renunciation der Laesion enthalten wäre. Drittens so wäre Klägern die gerichtliche Extension, die der Beklagte procuriret hätte, niemahls vorgelesen worden, wie er dann auch bate, solches Gerichts wegen zu attestiren (welches aber, so viel ich mich besinne a judice nicht geschehen.) Endlich besonne sich Kläger, daß vermuthlich sein voriges Petitum, daß der Bekl. wegen nicht förmlich geschehener litis contestation pro confesso & convicto zu halten wäre, wohl nicht attendiret werden dörffte, derowegen bat er nunmehro, zu erkennen; daß Bekl. dem J. Urtheil gemäß sich einzulassen und zu antworten schuldig sey, und weil er solches allbereit in vorigen Termin in eventum gethan, als sey er Kläger nunmehro mit seinem Beweiß zu hören. Beklagten hingegen wuchse wegen

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[351/0359] §. IX. Nun rathe ein Rechts-und Proceß-Verständiger Leser einmahl, wie das nunmehro folgende Urtheil gefallen sey. Es wurden die Acta an die Herren JCtos nach L. verschickt, und das daselbst gesprochene Urtheil denen Partheyen den 3. October 1720. publiciret. Dieses war nun folgenden Inhalts. Daß Kläger den geforderten Vorstand der Widerklage und Unkosten halber zur Nothdurfft bestellet. Würde nun Beklagter den fol. 9. befindlichen gerichtlich vollzogenen Kauf-Contract von 18. Martii 1718. worinnen der Verkürtzung über die Helffte absonderlich renunciret worden, nachmahls in Originali vorlegen, und denselben Kläger, in massen ihm sub poena recogniti zu thun oblieget, recognosciren, so ist Beklagter auf die erhobene Klage sich einzulassen nicht schuldig. Weil keine Rationes waren gefordert worden, so waren auch keine dem Urtheil beygefüget. Ich zweifle aber keinesweges, es würde dem Herrn Referenten daran so wenig gemangelt haben, als es dem Herrn Referenten des in vorigen Handel §. IV. angeführten Urtheils daran gemangelt hatte, und kan man dannenhero die etwan sich regende Curiosität, dieselben etwas umständlicher zu vernehmen leichtlich stillen, und sich zu frieden geben. Das andere L. Urtheil, das dem vorigen gantz zuwider. §. X. Man kan sich aber leicht einbilden, daß Kläger dabey nicht acquiesciret, sondern neue Leuterung wider besagtes Urtheil werde eingewendet haben. Man kan auch die Gravamina leichtlich vorher sehen. Das erste Gravamen war, daß die exceptio renunciatae laesionis ultra dimidium schon in ersten Termin wäre vorgebracht, aber in dem ersten Urtheil das einmahl Rechts-kräfftig worden, wäre verworffen worden. Das andre Gravamen war, daß Kläger den ersten Aufsatz allbereit damahls auch produciret hätte, darinnen keine Renunciation der Laesion enthalten wäre. Drittens so wäre Klägern die gerichtliche Extension, die der Beklagte procuriret hätte, niemahls vorgelesen worden, wie er dann auch bate, solches Gerichts wegen zu attestiren (welches aber, so viel ich mich besinne a judice nicht geschehen.) Endlich besonne sich Kläger, daß vermuthlich sein voriges Petitum, daß der Bekl. wegen nicht förmlich geschehener litis contestation pro confesso & convicto zu halten wäre, wohl nicht attendiret werden dörffte, derowegen bat er nunmehro, zu erkennen; daß Bekl. dem J. Urtheil gemäß sich einzulassen und zu antworten schuldig sey, und weil er solches allbereit in vorigen Termin in eventum gethan, als sey er Kläger nunmehro mit seinem Beweiß zu hören. Beklagten hingegen wuchse wegen Leuterungs-Gravamina wider dasselbe, und ferneres Verfahren darüber.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/359>, abgerufen am 30.11.2024.