Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Reise von Holland nach dem Vorgebirge etc. bis zu einer gewissen Summe jedem, der sich in ihrenDienst begeben hat, bewilliget, um sich equipiren zu können; er besteht also in Vorausbezahlung eines Theils des Soldes. Die Compagnie bezahlt aber einen solchen Zettel nicht weiter, als so fern man in der Folge etwas von der Summe, welche er enthält, abverdient hat. Wenn also jemand vorher stirbt, ehe er so viel Sold oder Gehalt verdient hat, als der Zettel enthält, so ist das rückständige verloren. Ein solcher Zettel wird daher allezeit mit großem Verlust verkauft; und dieser Verlust ist beträchtlicher oder geringer, je nachdem der Inhaber mehr oder weniger kränklich oder stark, folglich der An- schein, daß er noch eine Zeitlang leben werde, größer oder kleiner ist; selten wird mehr als die halbe Summe bezahlt. Auf diese Weise fällt mancher Unschuldige, oft von besserm Stande und guten Vermögensumständen, unwissend den Seelenverkäufern in die Hände, und muß, er mag wollen oder nicht, sich als Soldat nach Ost- oder Westindien bringen lassen, wo er verbunden ist, der Capitulation zufolge, wenigstens fünf Jahr lang zu dienen. Indessen sind nicht alle, welche diese Leute in ihre Hände bekommen, solche, die unglücklicher Weise hineingerathen. Manche sind auch darunter, die keinen andern Ausweg wissen sich ihren Unterhalt zu verschaffen, und sich daher bey ihnen freywillig in die Kost geben. Diese bekommen denn bey ihnen auf Cre- dit Herberge und Beköstigung, werden aber um der Sicherheit willen eingesperret, bis sie zu Schiffe ge- bracht werden können. Daß aber auch in der That mancher nur durch ein Unglück in ihren Schlingen sich verwickelt, und nicht heraus kann, ist leider eine un- leugbare Wahrheit. Es geschieht gleichwohl nie mit Vorwissen der Obrigkeit, bleibt auch, wenn es ja ein- Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc. bis zu einer gewiſſen Summe jedem, der ſich in ihrenDienſt begeben hat, bewilliget, um ſich equipiren zu koͤnnen; er beſteht alſo in Vorausbezahlung eines Theils des Soldes. Die Compagnie bezahlt aber einen ſolchen Zettel nicht weiter, als ſo fern man in der Folge etwas von der Summe, welche er enthaͤlt, abverdient hat. Wenn alſo jemand vorher ſtirbt, ehe er ſo viel Sold oder Gehalt verdient hat, als der Zettel enthaͤlt, ſo iſt das ruͤckſtaͤndige verloren. Ein ſolcher Zettel wird daher allezeit mit großem Verluſt verkauft; und dieſer Verluſt iſt betraͤchtlicher oder geringer, je nachdem der Inhaber mehr oder weniger kraͤnklich oder ſtark, folglich der An- ſchein, daß er noch eine Zeitlang leben werde, groͤßer oder kleiner iſt; ſelten wird mehr als die halbe Summe bezahlt. Auf dieſe Weiſe faͤllt mancher Unſchuldige, oft von beſſerm Stande und guten Vermoͤgensumſtaͤnden, unwiſſend den Seelenverkaͤufern in die Haͤnde, und muß, er mag wollen oder nicht, ſich als Soldat nach Oſt- oder Weſtindien bringen laſſen, wo er verbunden iſt, der Capitulation zufolge, wenigſtens fuͤnf Jahr lang zu dienen. Indeſſen ſind nicht alle, welche dieſe Leute in ihre Haͤnde bekommen, ſolche, die ungluͤcklicher Weiſe hineingerathen. Manche ſind auch darunter, die keinen andern Ausweg wiſſen ſich ihren Unterhalt zu verſchaffen, und ſich daher bey ihnen freywillig in die Koſt geben. Dieſe bekommen denn bey ihnen auf Cre- dit Herberge und Bekoͤſtigung, werden aber um der Sicherheit willen eingeſperret, bis ſie zu Schiffe ge- bracht werden koͤnnen. Daß aber auch in der That mancher nur durch ein Ungluͤck in ihren Schlingen ſich verwickelt, und nicht heraus kann, iſt leider eine un- leugbare Wahrheit. Es geſchieht gleichwohl nie mit Vorwiſſen der Obrigkeit, bleibt auch, wenn es ja ein- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0101" n="73"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Reiſe von <placeName>Holland</placeName> nach dem Vorgebirge ꝛc.</hi></fw><lb/> bis zu einer gewiſſen Summe jedem, der ſich in ihren<lb/> Dienſt begeben hat, bewilliget, um ſich equipiren zu<lb/> koͤnnen; er beſteht alſo in Vorausbezahlung eines Theils<lb/> des Soldes. Die Compagnie bezahlt aber einen ſolchen<lb/> Zettel nicht weiter, als ſo fern man in der Folge etwas<lb/> von der Summe, welche er enthaͤlt, abverdient hat.<lb/> Wenn alſo jemand vorher ſtirbt, ehe er ſo viel Sold oder<lb/> Gehalt verdient hat, als der Zettel enthaͤlt, ſo iſt das<lb/> ruͤckſtaͤndige verloren. Ein ſolcher Zettel wird daher<lb/> allezeit mit großem Verluſt verkauft; und dieſer Verluſt<lb/> iſt betraͤchtlicher oder geringer, je nachdem der Inhaber<lb/> mehr oder weniger kraͤnklich oder ſtark, folglich der An-<lb/> ſchein, daß er noch eine Zeitlang leben werde, groͤßer<lb/> oder kleiner iſt; ſelten wird mehr als die halbe Summe<lb/> bezahlt. Auf dieſe Weiſe faͤllt mancher Unſchuldige, oft<lb/> von beſſerm Stande und guten Vermoͤgensumſtaͤnden,<lb/> unwiſſend den Seelenverkaͤufern in die Haͤnde, und<lb/> muß, er mag wollen oder nicht, ſich als Soldat nach<lb/><placeName>Oſt- oder Weſtindien</placeName> bringen laſſen, wo er verbunden<lb/> iſt, der Capitulation zufolge, wenigſtens fuͤnf Jahr<lb/> lang zu dienen. Indeſſen ſind nicht alle, welche dieſe<lb/> Leute in ihre Haͤnde bekommen, ſolche, die ungluͤcklicher<lb/> Weiſe hineingerathen. Manche ſind auch darunter,<lb/> die keinen andern Ausweg wiſſen ſich ihren Unterhalt zu<lb/> verſchaffen, und ſich daher bey ihnen freywillig in die<lb/> Koſt geben. Dieſe bekommen denn bey ihnen auf Cre-<lb/> dit Herberge und Bekoͤſtigung, werden aber um der<lb/> Sicherheit willen eingeſperret, bis ſie zu Schiffe ge-<lb/> bracht werden koͤnnen. Daß aber auch in der That<lb/> mancher nur durch ein Ungluͤck in ihren Schlingen ſich<lb/> verwickelt, und nicht heraus kann, iſt leider eine un-<lb/> leugbare Wahrheit. Es geſchieht gleichwohl nie mit<lb/> Vorwiſſen der Obrigkeit, bleibt auch, wenn es ja ein-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0101]
Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc.
bis zu einer gewiſſen Summe jedem, der ſich in ihren
Dienſt begeben hat, bewilliget, um ſich equipiren zu
koͤnnen; er beſteht alſo in Vorausbezahlung eines Theils
des Soldes. Die Compagnie bezahlt aber einen ſolchen
Zettel nicht weiter, als ſo fern man in der Folge etwas
von der Summe, welche er enthaͤlt, abverdient hat.
Wenn alſo jemand vorher ſtirbt, ehe er ſo viel Sold oder
Gehalt verdient hat, als der Zettel enthaͤlt, ſo iſt das
ruͤckſtaͤndige verloren. Ein ſolcher Zettel wird daher
allezeit mit großem Verluſt verkauft; und dieſer Verluſt
iſt betraͤchtlicher oder geringer, je nachdem der Inhaber
mehr oder weniger kraͤnklich oder ſtark, folglich der An-
ſchein, daß er noch eine Zeitlang leben werde, groͤßer
oder kleiner iſt; ſelten wird mehr als die halbe Summe
bezahlt. Auf dieſe Weiſe faͤllt mancher Unſchuldige, oft
von beſſerm Stande und guten Vermoͤgensumſtaͤnden,
unwiſſend den Seelenverkaͤufern in die Haͤnde, und
muß, er mag wollen oder nicht, ſich als Soldat nach
Oſt- oder Weſtindien bringen laſſen, wo er verbunden
iſt, der Capitulation zufolge, wenigſtens fuͤnf Jahr
lang zu dienen. Indeſſen ſind nicht alle, welche dieſe
Leute in ihre Haͤnde bekommen, ſolche, die ungluͤcklicher
Weiſe hineingerathen. Manche ſind auch darunter,
die keinen andern Ausweg wiſſen ſich ihren Unterhalt zu
verſchaffen, und ſich daher bey ihnen freywillig in die
Koſt geben. Dieſe bekommen denn bey ihnen auf Cre-
dit Herberge und Bekoͤſtigung, werden aber um der
Sicherheit willen eingeſperret, bis ſie zu Schiffe ge-
bracht werden koͤnnen. Daß aber auch in der That
mancher nur durch ein Ungluͤck in ihren Schlingen ſich
verwickelt, und nicht heraus kann, iſt leider eine un-
leugbare Wahrheit. Es geſchieht gleichwohl nie mit
Vorwiſſen der Obrigkeit, bleibt auch, wenn es ja ein-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |