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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Erste Abtheilung. Sechster Abschnitt.
mahl entdeckt wird, nicht ungestraft. Darum kann
man inzwischen doch die Directeure der Compagnie eben
so wenig entschuldigen, daß sie dieses, das menschliche
Geschlecht so entehrende, Verfahren nicht kennen wollen,
als sie davon freysprechen, daß sie es bisweilen begün-
stigen. Denn da die Ostindische Compagnie sehr oft
Mangel an Leuten hat, und ihren Sold ungern erhöhen
will, so sind jene gezwungen, den Seelenverkäufern
durch die Finger zu sehen. Wollte auch bey der Muste-
rung jemand sich entdecken, und den Verlauf der Sache
erzählen, so dünkt doch dem Directeur, der freylich als-
dann wenig Gewissenhaftigkeit besitzen muß, ein solcher
Mensch sey nicht zu gut dazu, der Compagnie zu dienen.
Die Direction wäre also im Stande, aller Hinterlist
und Gewaltthätigkeit bey dem Engagement ihrer Leute
vorzubeugen, wenn sie bey der Annahme, besonders
aber bey der Revüe am Bord, genaue Untersuchung an-
stellte, und den mindesten Funken von menschlicher Em-
pfindung und Gerechtigkeitsliebe bey sich aufkommen las-
sen wollte. Oft hört man auch, daß solche Unglück-
liche ihrer Kleidungsstücke und andrer Sachen von den
Seelenverkäufern beraubt worden sind, welche sie da-
gegen mit zwey oder drey Paar wollnen Strümpfen,
Schifferhosen und Jacken von Segeltuch, sechszehn
Pfund Tobak, und einem Tönnchen Branntwein aus-
steuern. Und von diesem gewiß nicht beneidenswerthen
Eigenthume wird ihnen oft das meiste sogleich bey ihrer
Ankunft auf dem Schiffe wieder gestohlen, so daß sie
hernach in der Kälte mit bloßen Füßen und bloßem Ko-
pfe gehen müssen, und kaum das Nothwendigste haben,
ihren Körper zu bedecken. Wenn die Leute solcherge-
stalt schlecht gekleidet und betrübtes Herzens sind, und
dabey, nicht auf die glimpflichste Art, zu grober und

Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
mahl entdeckt wird, nicht ungeſtraft. Darum kann
man inzwiſchen doch die Directeure der Compagnie eben
ſo wenig entſchuldigen, daß ſie dieſes, das menſchliche
Geſchlecht ſo entehrende, Verfahren nicht kennen wollen,
als ſie davon freyſprechen, daß ſie es bisweilen beguͤn-
ſtigen. Denn da die Oſtindiſche Compagnie ſehr oft
Mangel an Leuten hat, und ihren Sold ungern erhoͤhen
will, ſo ſind jene gezwungen, den Seelenverkaͤufern
durch die Finger zu ſehen. Wollte auch bey der Muſte-
rung jemand ſich entdecken, und den Verlauf der Sache
erzaͤhlen, ſo duͤnkt doch dem Directeur, der freylich als-
dann wenig Gewiſſenhaftigkeit beſitzen muß, ein ſolcher
Menſch ſey nicht zu gut dazu, der Compagnie zu dienen.
Die Direction waͤre alſo im Stande, aller Hinterliſt
und Gewaltthaͤtigkeit bey dem Engagement ihrer Leute
vorzubeugen, wenn ſie bey der Annahme, beſonders
aber bey der Revuͤe am Bord, genaue Unterſuchung an-
ſtellte, und den mindeſten Funken von menſchlicher Em-
pfindung und Gerechtigkeitsliebe bey ſich aufkommen laſ-
ſen wollte. Oft hoͤrt man auch, daß ſolche Ungluͤck-
liche ihrer Kleidungsſtuͤcke und andrer Sachen von den
Seelenverkaͤufern beraubt worden ſind, welche ſie da-
gegen mit zwey oder drey Paar wollnen Struͤmpfen,
Schifferhoſen und Jacken von Segeltuch, ſechszehn
Pfund Tobak, und einem Toͤnnchen Branntwein aus-
ſteuern. Und von dieſem gewiß nicht beneidenswerthen
Eigenthume wird ihnen oft das meiſte ſogleich bey ihrer
Ankunft auf dem Schiffe wieder geſtohlen, ſo daß ſie
hernach in der Kaͤlte mit bloßen Fuͤßen und bloßem Ko-
pfe gehen muͤſſen, und kaum das Nothwendigſte haben,
ihren Koͤrper zu bedecken. Wenn die Leute ſolcherge-
ſtalt ſchlecht gekleidet und betruͤbtes Herzens ſind, und
dabey, nicht auf die glimpflichſte Art, zu grober und

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[74/0102] Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt. mahl entdeckt wird, nicht ungeſtraft. Darum kann man inzwiſchen doch die Directeure der Compagnie eben ſo wenig entſchuldigen, daß ſie dieſes, das menſchliche Geſchlecht ſo entehrende, Verfahren nicht kennen wollen, als ſie davon freyſprechen, daß ſie es bisweilen beguͤn- ſtigen. Denn da die Oſtindiſche Compagnie ſehr oft Mangel an Leuten hat, und ihren Sold ungern erhoͤhen will, ſo ſind jene gezwungen, den Seelenverkaͤufern durch die Finger zu ſehen. Wollte auch bey der Muſte- rung jemand ſich entdecken, und den Verlauf der Sache erzaͤhlen, ſo duͤnkt doch dem Directeur, der freylich als- dann wenig Gewiſſenhaftigkeit beſitzen muß, ein ſolcher Menſch ſey nicht zu gut dazu, der Compagnie zu dienen. Die Direction waͤre alſo im Stande, aller Hinterliſt und Gewaltthaͤtigkeit bey dem Engagement ihrer Leute vorzubeugen, wenn ſie bey der Annahme, beſonders aber bey der Revuͤe am Bord, genaue Unterſuchung an- ſtellte, und den mindeſten Funken von menſchlicher Em- pfindung und Gerechtigkeitsliebe bey ſich aufkommen laſ- ſen wollte. Oft hoͤrt man auch, daß ſolche Ungluͤck- liche ihrer Kleidungsſtuͤcke und andrer Sachen von den Seelenverkaͤufern beraubt worden ſind, welche ſie da- gegen mit zwey oder drey Paar wollnen Struͤmpfen, Schifferhoſen und Jacken von Segeltuch, ſechszehn Pfund Tobak, und einem Toͤnnchen Branntwein aus- ſteuern. Und von dieſem gewiß nicht beneidenswerthen Eigenthume wird ihnen oft das meiſte ſogleich bey ihrer Ankunft auf dem Schiffe wieder geſtohlen, ſo daß ſie hernach in der Kaͤlte mit bloßen Fuͤßen und bloßem Ko- pfe gehen muͤſſen, und kaum das Nothwendigſte haben, ihren Koͤrper zu bedecken. Wenn die Leute ſolcherge- ſtalt ſchlecht gekleidet und betruͤbtes Herzens ſind, und dabey, nicht auf die glimpflichſte Art, zu grober und

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/102>, abgerufen am 21.11.2024.