Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Reise von Holland nach dem Vorgebirge etc. anhaltender Arbeit gezwungen werden, ist es denn wohlein Wunder, wenn unter ihnen Krankheiten sehr bald entstehen und sich in Geschwindigkeit ausbreiten? Unter zwanzig Kranken trifft man anfangs kaum einen Matrosen an, sondern nur solche, welche die Seelenverkäufer zu Sol- daten gemacht haben. Diese verabscheuungswürdige Gat- tung von Menschen verursacht daher durch ihre elenden Leute der Compagnie selbst unwidersprechlich großen Scha- den und Verlust. Das leichtste Mittel, diesem allen zu- vorzukommen, wäre meines Dafürhaltens, daß man auf dem Schiffswerfte ein Wirthshaus anlegte, wo Arme, die Lust hätten Dienst zu nehmen, so lange, bis die Schiffe segelfertig würden, Unterhalt bekämen und mit dem Nöthigen ausgerüstet würden, welches sie denn her- nach freylich abverdienen müßten, aber ohne durch das alles einen Bösewicht zu bereichern. Diebstahl wird auf den Ostindien-Fahrern, wäh- Nun noch ein Paar Worte von der Pflege und Be- Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc. anhaltender Arbeit gezwungen werden, iſt es denn wohlein Wunder, wenn unter ihnen Krankheiten ſehr bald entſtehen und ſich in Geſchwindigkeit ausbreiten? Unter zwanzig Kranken trifft man anfangs kaum einen Matroſen an, ſondern nur ſolche, welche die Seelenverkaͤufer zu Sol- daten gemacht haben. Dieſe verabſcheuungswuͤrdige Gat- tung von Menſchen verurſacht daher durch ihre elenden Leute der Compagnie ſelbſt unwiderſprechlich großen Scha- den und Verluſt. Das leichtſte Mittel, dieſem allen zu- vorzukommen, waͤre meines Dafuͤrhaltens, daß man auf dem Schiffswerfte ein Wirthshaus anlegte, wo Arme, die Luſt haͤtten Dienſt zu nehmen, ſo lange, bis die Schiffe ſegelfertig wuͤrden, Unterhalt bekaͤmen und mit dem Noͤthigen ausgeruͤſtet wuͤrden, welches ſie denn her- nach freylich abverdienen muͤßten, aber ohne durch das alles einen Boͤſewicht zu bereichern. Diebſtahl wird auf den Oſtindien-Fahrern, waͤh- Nun noch ein Paar Worte von der Pflege und Be- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0103" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Reiſe von <placeName>Holland</placeName> nach dem Vorgebirge ꝛc.</hi></fw><lb/> anhaltender Arbeit gezwungen werden, iſt es denn wohl<lb/> ein Wunder, wenn unter ihnen Krankheiten ſehr bald<lb/> entſtehen und ſich in Geſchwindigkeit ausbreiten? Unter<lb/> zwanzig Kranken trifft man anfangs kaum einen Matroſen<lb/> an, ſondern nur ſolche, welche die Seelenverkaͤufer zu Sol-<lb/> daten gemacht haben. Dieſe verabſcheuungswuͤrdige Gat-<lb/> tung von Menſchen verurſacht daher durch ihre elenden<lb/> Leute der Compagnie ſelbſt unwiderſprechlich großen Scha-<lb/> den und Verluſt. Das leichtſte Mittel, dieſem allen zu-<lb/> vorzukommen, waͤre meines Dafuͤrhaltens, daß man auf<lb/> dem Schiffswerfte ein Wirthshaus anlegte, wo Arme,<lb/> die Luſt haͤtten Dienſt zu nehmen, ſo lange, bis die<lb/> Schiffe ſegelfertig wuͤrden, Unterhalt bekaͤmen und mit<lb/> dem Noͤthigen ausgeruͤſtet wuͤrden, welches ſie denn her-<lb/> nach freylich abverdienen muͤßten, aber ohne durch das<lb/> alles einen Boͤſewicht zu bereichern.</p><lb/> <p>Diebſtahl wird auf den Oſtindien-Fahrern, waͤh-<lb/> rend ſie im <placeName>Texel</placeName> liegen, auch in ſo hohem Grade aus-<lb/> geuͤbt, als wohl nicht leicht anderswo. Man bricht des<lb/> Nachts die Laden und Koffer auf, und nimmt alles her-<lb/> aus, daß die Beſitzer manchmahl nicht ein einziges Stuͤck<lb/> Zeug behalten, als was ſie auf dem Leibe tragen. Man<lb/> ſtiehlt Hangmatten und Betten, ſo daß die Leute auf dem<lb/> nackten Boden liegen muͤſſen. Man nimmt den Leuten,<lb/> wenn ſie ſchlafen, die Muͤtze weg, und zieht ihnen die<lb/> Schuh aus. Ja nicht ſelten werden den Kranken Hoſen<lb/> und Struͤmpfe vom Leibe geſtohlen. Es iſt daher oft der<lb/> Fall, daß Leute, die ſchlafen, wenn ſie aufwachen, und<lb/> Kranke, wenn ſie geneſen, mit bloßem Kopfe, ohne<lb/> Schuh und Struͤmpfe, und halb nackt gehen muͤſſen,<lb/> ſollte es auch noch ſo kalt ſeyn.</p><lb/> <p>Nun noch ein Paar Worte von der Pflege und Be-<lb/> handlung der Kranken. So lange die Schiffe im <placeName>Texel</placeName><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0103]
Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc.
anhaltender Arbeit gezwungen werden, iſt es denn wohl
ein Wunder, wenn unter ihnen Krankheiten ſehr bald
entſtehen und ſich in Geſchwindigkeit ausbreiten? Unter
zwanzig Kranken trifft man anfangs kaum einen Matroſen
an, ſondern nur ſolche, welche die Seelenverkaͤufer zu Sol-
daten gemacht haben. Dieſe verabſcheuungswuͤrdige Gat-
tung von Menſchen verurſacht daher durch ihre elenden
Leute der Compagnie ſelbſt unwiderſprechlich großen Scha-
den und Verluſt. Das leichtſte Mittel, dieſem allen zu-
vorzukommen, waͤre meines Dafuͤrhaltens, daß man auf
dem Schiffswerfte ein Wirthshaus anlegte, wo Arme,
die Luſt haͤtten Dienſt zu nehmen, ſo lange, bis die
Schiffe ſegelfertig wuͤrden, Unterhalt bekaͤmen und mit
dem Noͤthigen ausgeruͤſtet wuͤrden, welches ſie denn her-
nach freylich abverdienen muͤßten, aber ohne durch das
alles einen Boͤſewicht zu bereichern.
Diebſtahl wird auf den Oſtindien-Fahrern, waͤh-
rend ſie im Texel liegen, auch in ſo hohem Grade aus-
geuͤbt, als wohl nicht leicht anderswo. Man bricht des
Nachts die Laden und Koffer auf, und nimmt alles her-
aus, daß die Beſitzer manchmahl nicht ein einziges Stuͤck
Zeug behalten, als was ſie auf dem Leibe tragen. Man
ſtiehlt Hangmatten und Betten, ſo daß die Leute auf dem
nackten Boden liegen muͤſſen. Man nimmt den Leuten,
wenn ſie ſchlafen, die Muͤtze weg, und zieht ihnen die
Schuh aus. Ja nicht ſelten werden den Kranken Hoſen
und Struͤmpfe vom Leibe geſtohlen. Es iſt daher oft der
Fall, daß Leute, die ſchlafen, wenn ſie aufwachen, und
Kranke, wenn ſie geneſen, mit bloßem Kopfe, ohne
Schuh und Struͤmpfe, und halb nackt gehen muͤſſen,
ſollte es auch noch ſo kalt ſeyn.
Nun noch ein Paar Worte von der Pflege und Be-
handlung der Kranken. So lange die Schiffe im Texel
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |