denen Kranken ein hartnäckiges Erbrechen, bey andern einen eben so hartnäckigen Durchlauf. In den bösarti- gen Fiebern raseten die Kranken häufig. Bey einigen we- nigen stellte sich ein sogenannter unschädlicher Wahnsinn (delirium innocuum) ein, während dessen sie vier und zwanzig Stunden hindurch fast beständig sangen, ehe sie starben.
Um den Krankheiten auf der Reise vorzubeugen, war verordnet, daß die Luftpumpen stets im Gange seyn sollten; daß genau Acht gegeben würde, daß die, welche das Saufen liebten, nicht am Tage schliefen, und des Nachts söffen; daß beständig ein Segel vom großen Ma- ste in die große Oeffnung des Schiffs herabhinge, um frische Luft ins Schiff hinunter zu bringen; daß bey gu- tem Wetter die Leute sich auf dem Verdecke aufhalten soll- ten; daß alsdann auch die Laden und Kisten, imgleichen die Hangmatten heraufgebracht, und ausgeluftet, das Schiff aber mittlerweile rein gemacht, mit Wachholder- beeren und angezündetem Schießpulver durchräuchert und mit Essig besprengt werden sollte. Außerdem wurden die Leute nicht nur angehalten, sich oft zu waschen und zu reinigen, Kleidung und Hemde oft zu trock- nen und zu wechseln, sondern auch sich auf allerhand Art zu belustigen.
Man nimmt auf den Schiffen so viele Kranken- wärter an, als nöthig sind, um der Kranken zu pflegen, sie mit Essen und Trinken zu bedienen, ihnen die Arzney einzugeben, ihnen aus und in die Hangmatten zu helfen, und dahin zu sehen, daß die Genesenden sich auf dem Verdecke in frischer Luft aufhalten.
Der Doctor oder erste Chirurgus besucht die Kran- ken täglich zweymahl, des Morgens um acht, und des
Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc.
denen Kranken ein hartnaͤckiges Erbrechen, bey andern einen eben ſo hartnaͤckigen Durchlauf. In den boͤsarti- gen Fiebern raſeten die Kranken haͤufig. Bey einigen we- nigen ſtellte ſich ein ſogenannter unſchaͤdlicher Wahnſinn (delirium innocuum) ein, waͤhrend deſſen ſie vier und zwanzig Stunden hindurch faſt beſtaͤndig ſangen, ehe ſie ſtarben.
Um den Krankheiten auf der Reiſe vorzubeugen, war verordnet, daß die Luftpumpen ſtets im Gange ſeyn ſollten; daß genau Acht gegeben wuͤrde, daß die, welche das Saufen liebten, nicht am Tage ſchliefen, und des Nachts ſoͤffen; daß beſtaͤndig ein Segel vom großen Ma- ſte in die große Oeffnung des Schiffs herabhinge, um friſche Luft ins Schiff hinunter zu bringen; daß bey gu- tem Wetter die Leute ſich auf dem Verdecke aufhalten ſoll- ten; daß alsdann auch die Laden und Kiſten, imgleichen die Hangmatten heraufgebracht, und ausgeluftet, das Schiff aber mittlerweile rein gemacht, mit Wachholder- beeren und angezuͤndetem Schießpulver durchraͤuchert und mit Eſſig beſprengt werden ſollte. Außerdem wurden die Leute nicht nur angehalten, ſich oft zu waſchen und zu reinigen, Kleidung und Hemde oft zu trock- nen und zu wechſeln, ſondern auch ſich auf allerhand Art zu beluſtigen.
Man nimmt auf den Schiffen ſo viele Kranken- waͤrter an, als noͤthig ſind, um der Kranken zu pflegen, ſie mit Eſſen und Trinken zu bedienen, ihnen die Arzney einzugeben, ihnen aus und in die Hangmatten zu helfen, und dahin zu ſehen, daß die Geneſenden ſich auf dem Verdecke in friſcher Luft aufhalten.
Der Doctor oder erſte Chirurgus beſucht die Kran- ken taͤglich zweymahl, des Morgens um acht, und des
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0117"n="89"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Reiſe von <placeName>Holland</placeName> nach dem Vorgebirge ꝛc.</hi></fw><lb/>
denen Kranken ein hartnaͤckiges Erbrechen, bey andern<lb/>
einen eben ſo hartnaͤckigen Durchlauf. In den boͤsarti-<lb/>
gen Fiebern raſeten die Kranken haͤufig. Bey einigen we-<lb/>
nigen ſtellte ſich ein ſogenannter unſchaͤdlicher Wahnſinn<lb/>
(<hirendition="#aq">delirium innocuum</hi>) ein, waͤhrend deſſen ſie vier und<lb/>
zwanzig Stunden hindurch faſt beſtaͤndig ſangen, ehe<lb/>ſie ſtarben.</p><lb/><p>Um den Krankheiten auf der Reiſe vorzubeugen,<lb/>
war verordnet, daß die Luftpumpen ſtets im Gange ſeyn<lb/>ſollten; daß genau Acht gegeben wuͤrde, daß die, welche<lb/>
das Saufen liebten, nicht am Tage ſchliefen, und des<lb/>
Nachts ſoͤffen; daß beſtaͤndig ein Segel vom großen Ma-<lb/>ſte in die große Oeffnung des Schiffs herabhinge, um<lb/>
friſche Luft ins Schiff hinunter zu bringen; daß bey gu-<lb/>
tem Wetter die Leute ſich auf dem Verdecke aufhalten ſoll-<lb/>
ten; daß alsdann auch die Laden und Kiſten, imgleichen<lb/>
die Hangmatten heraufgebracht, und ausgeluftet, das<lb/>
Schiff aber mittlerweile rein gemacht, mit Wachholder-<lb/>
beeren und angezuͤndetem Schießpulver durchraͤuchert und<lb/>
mit Eſſig beſprengt werden ſollte. Außerdem wurden<lb/>
die Leute nicht nur angehalten, ſich oft zu waſchen<lb/>
und zu reinigen, Kleidung und Hemde oft zu trock-<lb/>
nen und zu wechſeln, ſondern auch ſich auf allerhand Art<lb/>
zu beluſtigen.</p><lb/><p>Man nimmt auf den Schiffen ſo viele Kranken-<lb/>
waͤrter an, als noͤthig ſind, um der Kranken zu pflegen,<lb/>ſie mit Eſſen und Trinken zu bedienen, ihnen die Arzney<lb/>
einzugeben, ihnen aus und in die Hangmatten zu helfen,<lb/>
und dahin zu ſehen, daß die Geneſenden ſich auf dem<lb/>
Verdecke in friſcher Luft aufhalten.</p><lb/><p>Der Doctor oder erſte Chirurgus beſucht die Kran-<lb/>
ken taͤglich zweymahl, des Morgens um acht, und des<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[89/0117]
Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc.
denen Kranken ein hartnaͤckiges Erbrechen, bey andern
einen eben ſo hartnaͤckigen Durchlauf. In den boͤsarti-
gen Fiebern raſeten die Kranken haͤufig. Bey einigen we-
nigen ſtellte ſich ein ſogenannter unſchaͤdlicher Wahnſinn
(delirium innocuum) ein, waͤhrend deſſen ſie vier und
zwanzig Stunden hindurch faſt beſtaͤndig ſangen, ehe
ſie ſtarben.
Um den Krankheiten auf der Reiſe vorzubeugen,
war verordnet, daß die Luftpumpen ſtets im Gange ſeyn
ſollten; daß genau Acht gegeben wuͤrde, daß die, welche
das Saufen liebten, nicht am Tage ſchliefen, und des
Nachts ſoͤffen; daß beſtaͤndig ein Segel vom großen Ma-
ſte in die große Oeffnung des Schiffs herabhinge, um
friſche Luft ins Schiff hinunter zu bringen; daß bey gu-
tem Wetter die Leute ſich auf dem Verdecke aufhalten ſoll-
ten; daß alsdann auch die Laden und Kiſten, imgleichen
die Hangmatten heraufgebracht, und ausgeluftet, das
Schiff aber mittlerweile rein gemacht, mit Wachholder-
beeren und angezuͤndetem Schießpulver durchraͤuchert und
mit Eſſig beſprengt werden ſollte. Außerdem wurden
die Leute nicht nur angehalten, ſich oft zu waſchen
und zu reinigen, Kleidung und Hemde oft zu trock-
nen und zu wechſeln, ſondern auch ſich auf allerhand Art
zu beluſtigen.
Man nimmt auf den Schiffen ſo viele Kranken-
waͤrter an, als noͤthig ſind, um der Kranken zu pflegen,
ſie mit Eſſen und Trinken zu bedienen, ihnen die Arzney
einzugeben, ihnen aus und in die Hangmatten zu helfen,
und dahin zu ſehen, daß die Geneſenden ſich auf dem
Verdecke in friſcher Luft aufhalten.
Der Doctor oder erſte Chirurgus beſucht die Kran-
ken taͤglich zweymahl, des Morgens um acht, und des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/117>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.