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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Aufenthalt in der Capstadt.
die Schiffe andrer Nationen mit dem, was sie zu ihrer
Reise bedürfen. Die Samen müssen indessen jährlich
frisch aus Holland gehohlt werden, weil hier die meisten
mit der Zeit ausarten, Blumenkohl ausgenommen, des-
sen Samen sich hier vorzüglich veredelt, und von hier
nach Holland verkauft wird, wo er sich in der Folge ver-
schlechtert. Aepfel, Birnen und andre Europäische Früch-
te werden loser und reifer, erreichen aber nicht die vor-
zügliche Güte des Geschmacks, als in Europa, halten
sich auch nicht lange. Auch Pfirschen werden nicht so
gut, als im südlichen Europa: man trocknet sie häufig
wie Birnen, sowohl mit als ohne den Kern. Die aus
Europa hieher gebrachten Bäume, als Eichen, weiße
Espen und andre, verlieren im Winter ihre Blätter eben
so als in den Ländern, wo sie einheimisch sind, bekommen
sie doch aber bald wieder. Von den Afrikanischen Bäu-
men hingegen fällt das Laub nicht ab. Dieser Umstand
ist allerdings merkwürdig. Denn einmahl ist die Kälte
hier im Winter nicht stärker, als in Schweden im Herb-
ste, und dann geschieht es auf der Süd-Seite der Aequi-
noctial-Linie zu eben der Zeit, da auf der Nord-Seite die
Blätter auf den Bäumen wieder ausschlagen. Linden
lassen sich hier aber nicht ziehen, weil sie die herrschenden
heftigen Sturmwinde nicht vertragen können. Eben so
wenig kommen Haselstauden, Kirschbäume, Stachel-
beeren, Rauhbeeren oder Krausbeeren, und rothe und
schwarze Johannisbeeren hier fort: sie wachsen schlecht
und tragen selten. Die Myrten wachsen zu der Höhe
eines Baums, bekommen aber keinen dicken, steifen und
astreichen Stamm.

Indem ich von den hiesigen Gärten rede, kann ich
den Gärtner Auge nicht mit Stillschweigen übergehen.
Dieser Mann hat viele und sehr weite Reisen tief ins Land

G 2

Aufenthalt in der Capſtadt.
die Schiffe andrer Nationen mit dem, was ſie zu ihrer
Reiſe beduͤrfen. Die Samen muͤſſen indeſſen jaͤhrlich
friſch aus Holland gehohlt werden, weil hier die meiſten
mit der Zeit ausarten, Blumenkohl ausgenommen, deſ-
ſen Samen ſich hier vorzuͤglich veredelt, und von hier
nach Holland verkauft wird, wo er ſich in der Folge ver-
ſchlechtert. Aepfel, Birnen und andre Europaͤiſche Fruͤch-
te werden loſer und reifer, erreichen aber nicht die vor-
zuͤgliche Guͤte des Geſchmacks, als in Europa, halten
ſich auch nicht lange. Auch Pfirſchen werden nicht ſo
gut, als im ſuͤdlichen Europa: man trocknet ſie haͤufig
wie Birnen, ſowohl mit als ohne den Kern. Die aus
Europa hieher gebrachten Baͤume, als Eichen, weiße
Eſpen und andre, verlieren im Winter ihre Blaͤtter eben
ſo als in den Laͤndern, wo ſie einheimiſch ſind, bekommen
ſie doch aber bald wieder. Von den Afrikaniſchen Baͤu-
men hingegen faͤllt das Laub nicht ab. Dieſer Umſtand
iſt allerdings merkwuͤrdig. Denn einmahl iſt die Kaͤlte
hier im Winter nicht ſtaͤrker, als in Schweden im Herb-
ſte, und dann geſchieht es auf der Suͤd-Seite der Aequi-
noctial-Linie zu eben der Zeit, da auf der Nord-Seite die
Blaͤtter auf den Baͤumen wieder ausſchlagen. Linden
laſſen ſich hier aber nicht ziehen, weil ſie die herrſchenden
heftigen Sturmwinde nicht vertragen koͤnnen. Eben ſo
wenig kommen Haſelſtauden, Kirſchbaͤume, Stachel-
beeren, Rauhbeeren oder Krausbeeren, und rothe und
ſchwarze Johannisbeeren hier fort: ſie wachſen ſchlecht
und tragen ſelten. Die Myrten wachſen zu der Hoͤhe
eines Baums, bekommen aber keinen dicken, ſteifen und
aſtreichen Stamm.

Indem ich von den hieſigen Gaͤrten rede, kann ich
den Gaͤrtner Auge nicht mit Stillſchweigen uͤbergehen.
Dieſer Mann hat viele und ſehr weite Reiſen tief ins Land

G 2
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[99/0127] Aufenthalt in der Capſtadt. die Schiffe andrer Nationen mit dem, was ſie zu ihrer Reiſe beduͤrfen. Die Samen muͤſſen indeſſen jaͤhrlich friſch aus Holland gehohlt werden, weil hier die meiſten mit der Zeit ausarten, Blumenkohl ausgenommen, deſ- ſen Samen ſich hier vorzuͤglich veredelt, und von hier nach Holland verkauft wird, wo er ſich in der Folge ver- ſchlechtert. Aepfel, Birnen und andre Europaͤiſche Fruͤch- te werden loſer und reifer, erreichen aber nicht die vor- zuͤgliche Guͤte des Geſchmacks, als in Europa, halten ſich auch nicht lange. Auch Pfirſchen werden nicht ſo gut, als im ſuͤdlichen Europa: man trocknet ſie haͤufig wie Birnen, ſowohl mit als ohne den Kern. Die aus Europa hieher gebrachten Baͤume, als Eichen, weiße Eſpen und andre, verlieren im Winter ihre Blaͤtter eben ſo als in den Laͤndern, wo ſie einheimiſch ſind, bekommen ſie doch aber bald wieder. Von den Afrikaniſchen Baͤu- men hingegen faͤllt das Laub nicht ab. Dieſer Umſtand iſt allerdings merkwuͤrdig. Denn einmahl iſt die Kaͤlte hier im Winter nicht ſtaͤrker, als in Schweden im Herb- ſte, und dann geſchieht es auf der Suͤd-Seite der Aequi- noctial-Linie zu eben der Zeit, da auf der Nord-Seite die Blaͤtter auf den Baͤumen wieder ausſchlagen. Linden laſſen ſich hier aber nicht ziehen, weil ſie die herrſchenden heftigen Sturmwinde nicht vertragen koͤnnen. Eben ſo wenig kommen Haſelſtauden, Kirſchbaͤume, Stachel- beeren, Rauhbeeren oder Krausbeeren, und rothe und ſchwarze Johannisbeeren hier fort: ſie wachſen ſchlecht und tragen ſelten. Die Myrten wachſen zu der Hoͤhe eines Baums, bekommen aber keinen dicken, ſteifen und aſtreichen Stamm. Indem ich von den hieſigen Gaͤrten rede, kann ich den Gaͤrtner Auge nicht mit Stillſchweigen uͤbergehen. Dieſer Mann hat viele und ſehr weite Reiſen tief ins Land G 2

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/127>, abgerufen am 21.11.2024.