May und Junius, da die Schiffe auf der Reede liegen, stellen die Schiffs-Officiere förmliche Auctionen an, um die mitgebrachten Waaren zu verkaufen, wofür sie dem Fiskale fünf Procent bezahlen. Dieser bekommt auch für jede sogenannte Recognitions-Kiste, die an Land gebracht wird, fünf Reichsthaler, da in Holland nur fünf Gulden dafür entrichtet werden. Alle Eu- ropäische Waaren werden hier zu dreyßig, funfzig bis hundert Procent verkauft.
Wenn fremde Schiffe nach ihrer Ankunft zu Cap nur eine kurze Zeit auf der Reede zu liegen nöthig ha- ben, um sich zu verproviantiren, so sehen dagegen die Holländischen Fahrzeuge sich gezwungen, lange liegen zu bleiben, weil sie auf ihre kranke Mannschaft warten müssen, die endlich denn doch mit halb hergestellter Ge- sundheit an Bord gehen muß. Die Holländer bedürfen auch allezeit mehr Schiffsvolk, als andre, um die Schiffe zu regieren und alles gehörig zu handhaben. Denn sie gebrauchen noch nach alter Art starke Blöcke und dicke Taue, die unbehülflich und in jeder Hinsicht plump ge- macht sind.
Unter den Krankheiten sind hier die Kinderblattern und Masern die gefährlichsten. Gegen diese Krankhei- ten verfügt man hier dieselben Anstalten, als anderwärts gegen die Pest. Sobald daher ein Schiff sich auf der Reede vor Anker gelegt hat, wird ein Feldscheer an Bord geschickt, um zu untersuchen, ob diese Krankhei- ten auf dem Schiffe jetzt sich befinden oder während der Reise grassirt haben. Ist eins von diesen beyden der Fall, so darf niemand an Land kommen, sondern dem Schiffe wird ein andrer Platz angewiesen, und mittler- weile versieht man es mit den Nothwendigkeiten, deren es bedarf. Kommen die Pocken einmahl hieher, so
fliehet
Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
May und Junius, da die Schiffe auf der Reede liegen, ſtellen die Schiffs-Officiere foͤrmliche Auctionen an, um die mitgebrachten Waaren zu verkaufen, wofuͤr ſie dem Fiſkale fuͤnf Procent bezahlen. Dieſer bekommt auch fuͤr jede ſogenannte Recognitions-Kiſte, die an Land gebracht wird, fuͤnf Reichsthaler, da in Holland nur fuͤnf Gulden dafuͤr entrichtet werden. Alle Eu- ropaͤiſche Waaren werden hier zu dreyßig, funfzig bis hundert Procent verkauft.
Wenn fremde Schiffe nach ihrer Ankunft zu Cap nur eine kurze Zeit auf der Reede zu liegen noͤthig ha- ben, um ſich zu verproviantiren, ſo ſehen dagegen die Hollaͤndiſchen Fahrzeuge ſich gezwungen, lange liegen zu bleiben, weil ſie auf ihre kranke Mannſchaft warten muͤſſen, die endlich denn doch mit halb hergeſtellter Ge- ſundheit an Bord gehen muß. Die Hollaͤnder beduͤrfen auch allezeit mehr Schiffsvolk, als andre, um die Schiffe zu regieren und alles gehoͤrig zu handhaben. Denn ſie gebrauchen noch nach alter Art ſtarke Bloͤcke und dicke Taue, die unbehuͤlflich und in jeder Hinſicht plump ge- macht ſind.
Unter den Krankheiten ſind hier die Kinderblattern und Maſern die gefaͤhrlichſten. Gegen dieſe Krankhei- ten verfuͤgt man hier dieſelben Anſtalten, als anderwaͤrts gegen die Peſt. Sobald daher ein Schiff ſich auf der Reede vor Anker gelegt hat, wird ein Feldſcheer an Bord geſchickt, um zu unterſuchen, ob dieſe Krankhei- ten auf dem Schiffe jetzt ſich befinden oder waͤhrend der Reiſe graſſirt haben. Iſt eins von dieſen beyden der Fall, ſo darf niemand an Land kommen, ſondern dem Schiffe wird ein andrer Platz angewieſen, und mittler- weile verſieht man es mit den Nothwendigkeiten, deren es bedarf. Kommen die Pocken einmahl hieher, ſo
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Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
May und Junius, da die Schiffe auf der Reede liegen,
ſtellen die Schiffs-Officiere foͤrmliche Auctionen an,
um die mitgebrachten Waaren zu verkaufen, wofuͤr
ſie dem Fiſkale fuͤnf Procent bezahlen. Dieſer bekommt
auch fuͤr jede ſogenannte Recognitions-Kiſte, die an
Land gebracht wird, fuͤnf Reichsthaler, da in Holland
nur fuͤnf Gulden dafuͤr entrichtet werden. Alle Eu-
ropaͤiſche Waaren werden hier zu dreyßig, funfzig bis
hundert Procent verkauft.
Wenn fremde Schiffe nach ihrer Ankunft zu Cap
nur eine kurze Zeit auf der Reede zu liegen noͤthig ha-
ben, um ſich zu verproviantiren, ſo ſehen dagegen die
Hollaͤndiſchen Fahrzeuge ſich gezwungen, lange liegen
zu bleiben, weil ſie auf ihre kranke Mannſchaft warten
muͤſſen, die endlich denn doch mit halb hergeſtellter Ge-
ſundheit an Bord gehen muß. Die Hollaͤnder beduͤrfen
auch allezeit mehr Schiffsvolk, als andre, um die Schiffe
zu regieren und alles gehoͤrig zu handhaben. Denn ſie
gebrauchen noch nach alter Art ſtarke Bloͤcke und dicke
Taue, die unbehuͤlflich und in jeder Hinſicht plump ge-
macht ſind.
Unter den Krankheiten ſind hier die Kinderblattern
und Maſern die gefaͤhrlichſten. Gegen dieſe Krankhei-
ten verfuͤgt man hier dieſelben Anſtalten, als anderwaͤrts
gegen die Peſt. Sobald daher ein Schiff ſich auf der
Reede vor Anker gelegt hat, wird ein Feldſcheer an
Bord geſchickt, um zu unterſuchen, ob dieſe Krankhei-
ten auf dem Schiffe jetzt ſich befinden oder waͤhrend der
Reiſe graſſirt haben. Iſt eins von dieſen beyden der
Fall, ſo darf niemand an Land kommen, ſondern dem
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/140>, abgerufen am 21.11.2024.
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