Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyte Abtheilung. Erster Abschnitt.
May und Junius, da die Schiffe auf der Reede liegen,
stellen die Schiffs-Officiere förmliche Auctionen an,
um die mitgebrachten Waaren zu verkaufen, wofür
sie dem Fiskale fünf Procent bezahlen. Dieser bekommt
auch für jede sogenannte Recognitions-Kiste, die an
Land gebracht wird, fünf Reichsthaler, da in Holland
nur fünf Gulden dafür entrichtet werden. Alle Eu-
ropäische Waaren werden hier zu dreyßig, funfzig bis
hundert Procent verkauft.

Wenn fremde Schiffe nach ihrer Ankunft zu Cap
nur eine kurze Zeit auf der Reede zu liegen nöthig ha-
ben, um sich zu verproviantiren, so sehen dagegen die
Holländischen Fahrzeuge sich gezwungen, lange liegen
zu bleiben, weil sie auf ihre kranke Mannschaft warten
müssen, die endlich denn doch mit halb hergestellter Ge-
sundheit an Bord gehen muß. Die Holländer bedürfen
auch allezeit mehr Schiffsvolk, als andre, um die Schiffe
zu regieren und alles gehörig zu handhaben. Denn sie
gebrauchen noch nach alter Art starke Blöcke und dicke
Taue, die unbehülflich und in jeder Hinsicht plump ge-
macht sind.

Unter den Krankheiten sind hier die Kinderblattern
und Masern die gefährlichsten. Gegen diese Krankhei-
ten verfügt man hier dieselben Anstalten, als anderwärts
gegen die Pest. Sobald daher ein Schiff sich auf der
Reede vor Anker gelegt hat, wird ein Feldscheer an
Bord geschickt, um zu untersuchen, ob diese Krankhei-
ten auf dem Schiffe jetzt sich befinden oder während der
Reise grassirt haben. Ist eins von diesen beyden der
Fall, so darf niemand an Land kommen, sondern dem
Schiffe wird ein andrer Platz angewiesen, und mittler-
weile versieht man es mit den Nothwendigkeiten, deren
es bedarf. Kommen die Pocken einmahl hieher, so

fliehet

Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
May und Junius, da die Schiffe auf der Reede liegen,
ſtellen die Schiffs-Officiere foͤrmliche Auctionen an,
um die mitgebrachten Waaren zu verkaufen, wofuͤr
ſie dem Fiſkale fuͤnf Procent bezahlen. Dieſer bekommt
auch fuͤr jede ſogenannte Recognitions-Kiſte, die an
Land gebracht wird, fuͤnf Reichsthaler, da in Holland
nur fuͤnf Gulden dafuͤr entrichtet werden. Alle Eu-
ropaͤiſche Waaren werden hier zu dreyßig, funfzig bis
hundert Procent verkauft.

Wenn fremde Schiffe nach ihrer Ankunft zu Cap
nur eine kurze Zeit auf der Reede zu liegen noͤthig ha-
ben, um ſich zu verproviantiren, ſo ſehen dagegen die
Hollaͤndiſchen Fahrzeuge ſich gezwungen, lange liegen
zu bleiben, weil ſie auf ihre kranke Mannſchaft warten
muͤſſen, die endlich denn doch mit halb hergeſtellter Ge-
ſundheit an Bord gehen muß. Die Hollaͤnder beduͤrfen
auch allezeit mehr Schiffsvolk, als andre, um die Schiffe
zu regieren und alles gehoͤrig zu handhaben. Denn ſie
gebrauchen noch nach alter Art ſtarke Bloͤcke und dicke
Taue, die unbehuͤlflich und in jeder Hinſicht plump ge-
macht ſind.

Unter den Krankheiten ſind hier die Kinderblattern
und Maſern die gefaͤhrlichſten. Gegen dieſe Krankhei-
ten verfuͤgt man hier dieſelben Anſtalten, als anderwaͤrts
gegen die Peſt. Sobald daher ein Schiff ſich auf der
Reede vor Anker gelegt hat, wird ein Feldſcheer an
Bord geſchickt, um zu unterſuchen, ob dieſe Krankhei-
ten auf dem Schiffe jetzt ſich befinden oder waͤhrend der
Reiſe graſſirt haben. Iſt eins von dieſen beyden der
Fall, ſo darf niemand an Land kommen, ſondern dem
Schiffe wird ein andrer Platz angewieſen, und mittler-
weile verſieht man es mit den Nothwendigkeiten, deren
es bedarf. Kommen die Pocken einmahl hieher, ſo

fliehet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0140" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweyte Abtheilung. Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
May und Junius, da die Schiffe auf der Reede liegen,<lb/>
&#x017F;tellen die Schiffs-Officiere fo&#x0364;rmliche Auctionen an,<lb/>
um die mitgebrachten Waaren zu verkaufen, wofu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;ie dem Fi&#x017F;kale fu&#x0364;nf Procent bezahlen. Die&#x017F;er bekommt<lb/>
auch fu&#x0364;r jede &#x017F;ogenannte Recognitions-Ki&#x017F;te, die an<lb/>
Land gebracht wird, fu&#x0364;nf Reichsthaler, da in <placeName>Holland</placeName><lb/>
nur fu&#x0364;nf Gulden dafu&#x0364;r entrichtet werden. Alle Eu-<lb/>
ropa&#x0364;i&#x017F;che Waaren werden hier zu dreyßig, funfzig bis<lb/>
hundert Procent verkauft.</p><lb/>
          <p>Wenn fremde Schiffe nach ihrer Ankunft zu <placeName>Cap</placeName><lb/>
nur eine kurze Zeit auf der Reede zu liegen no&#x0364;thig ha-<lb/>
ben, um &#x017F;ich zu verproviantiren, &#x017F;o &#x017F;ehen dagegen die<lb/>
Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Fahrzeuge &#x017F;ich gezwungen, lange liegen<lb/>
zu bleiben, weil &#x017F;ie auf ihre kranke Mann&#x017F;chaft warten<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die endlich denn doch mit halb herge&#x017F;tellter Ge-<lb/>
&#x017F;undheit an Bord gehen muß. Die Holla&#x0364;nder bedu&#x0364;rfen<lb/>
auch allezeit mehr Schiffsvolk, als andre, um die Schiffe<lb/>
zu regieren und alles geho&#x0364;rig zu handhaben. Denn &#x017F;ie<lb/>
gebrauchen noch nach alter Art &#x017F;tarke Blo&#x0364;cke und dicke<lb/>
Taue, die unbehu&#x0364;lflich und in jeder Hin&#x017F;icht plump ge-<lb/>
macht &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Unter den Krankheiten &#x017F;ind hier die Kinderblattern<lb/>
und Ma&#x017F;ern die gefa&#x0364;hrlich&#x017F;ten. Gegen die&#x017F;e Krankhei-<lb/>
ten verfu&#x0364;gt man hier die&#x017F;elben An&#x017F;talten, als anderwa&#x0364;rts<lb/>
gegen die Pe&#x017F;t. Sobald daher ein Schiff &#x017F;ich auf der<lb/>
Reede vor Anker gelegt hat, wird ein Feld&#x017F;cheer an<lb/>
Bord ge&#x017F;chickt, um zu unter&#x017F;uchen, ob die&#x017F;e Krankhei-<lb/>
ten auf dem Schiffe jetzt &#x017F;ich befinden oder wa&#x0364;hrend der<lb/>
Rei&#x017F;e gra&#x017F;&#x017F;irt haben. I&#x017F;t eins von die&#x017F;en beyden der<lb/>
Fall, &#x017F;o darf niemand an Land kommen, &#x017F;ondern dem<lb/>
Schiffe wird ein andrer Platz angewie&#x017F;en, und mittler-<lb/>
weile ver&#x017F;ieht man es mit den Nothwendigkeiten, deren<lb/>
es bedarf. Kommen die Pocken einmahl hieher, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fliehet</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0140] Zweyte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. May und Junius, da die Schiffe auf der Reede liegen, ſtellen die Schiffs-Officiere foͤrmliche Auctionen an, um die mitgebrachten Waaren zu verkaufen, wofuͤr ſie dem Fiſkale fuͤnf Procent bezahlen. Dieſer bekommt auch fuͤr jede ſogenannte Recognitions-Kiſte, die an Land gebracht wird, fuͤnf Reichsthaler, da in Holland nur fuͤnf Gulden dafuͤr entrichtet werden. Alle Eu- ropaͤiſche Waaren werden hier zu dreyßig, funfzig bis hundert Procent verkauft. Wenn fremde Schiffe nach ihrer Ankunft zu Cap nur eine kurze Zeit auf der Reede zu liegen noͤthig ha- ben, um ſich zu verproviantiren, ſo ſehen dagegen die Hollaͤndiſchen Fahrzeuge ſich gezwungen, lange liegen zu bleiben, weil ſie auf ihre kranke Mannſchaft warten muͤſſen, die endlich denn doch mit halb hergeſtellter Ge- ſundheit an Bord gehen muß. Die Hollaͤnder beduͤrfen auch allezeit mehr Schiffsvolk, als andre, um die Schiffe zu regieren und alles gehoͤrig zu handhaben. Denn ſie gebrauchen noch nach alter Art ſtarke Bloͤcke und dicke Taue, die unbehuͤlflich und in jeder Hinſicht plump ge- macht ſind. Unter den Krankheiten ſind hier die Kinderblattern und Maſern die gefaͤhrlichſten. Gegen dieſe Krankhei- ten verfuͤgt man hier dieſelben Anſtalten, als anderwaͤrts gegen die Peſt. Sobald daher ein Schiff ſich auf der Reede vor Anker gelegt hat, wird ein Feldſcheer an Bord geſchickt, um zu unterſuchen, ob dieſe Krankhei- ten auf dem Schiffe jetzt ſich befinden oder waͤhrend der Reiſe graſſirt haben. Iſt eins von dieſen beyden der Fall, ſo darf niemand an Land kommen, ſondern dem Schiffe wird ein andrer Platz angewieſen, und mittler- weile verſieht man es mit den Nothwendigkeiten, deren es bedarf. Kommen die Pocken einmahl hieher, ſo fliehet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/140
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/140>, abgerufen am 21.11.2024.