Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierte Abtheilung. Zweyter Abschnitt.
Ost nach Nord-West, haben folglich eben die Richtung,
welche die hier im Lande herrschenden starken Winde ha-
ben. Sie liegen auch unter einander parallel; ihr jedes-
mahliger Abstand von einander aber ist nicht gleich, son-
dern zwischen einigen sind die Thäler oder Gründe breit,
manchmahl sogar bewohnt, zwischen andern sind sie
schmal. Gegen Nord-West hatte ich nicht Gelegenheit,
das Ende dieser Bergstrecken zu sehen; vermuthlich ge-
hen sie da ganz bis dicht ans Meer, ohne einen niedrigen
Strand zu lassen. Gegen Süd-Ost gehen sie allmäh-
lig herunter, und werden endlich ganz flach, ehe sie das
Meer erreichen; doch sind die Berge im Hottentottischen
Holland
hievon ausgenommen. Sonderbar ist es, daß,
wenn man von der Stadt nordwärts ins Land hinein rei-
set, und über einen Berg gekommen ist, das Land auf der
andern Seite höher; wenn man über die weiter entfern-
ten Berge gekommen ist, noch höher erscheint, und daß
dies drey- bis viermahl so zunimmt. Das jedesmah-
lige Land zwischen solchen Bergstrecken ist daher nichts an-
ders als eine Vertiefung die aber so breit ist, daß man
ihr den Nahmen einer Landschaft gegeben und verschiedne
Höfe darin angelegt hat. Besteigt man die Berge,
welche diese Vertiefungen umgeben, so sieht man von da,
wiewohl im kleinen, ähnliche Bergstrecken und Vertiefun-
gen, welche letzteren aber eng und selten bewohnt sind.
Der Abstand zwischen zwey Bergstrecken beträgt bisweilen
eine ganze Meile und wohl mehr; manchmahl nur eine
halbe, oder bloß eine Viertelmeile, und ganz oben nur
einen Steinwurf. Indessen sind solche Thäler oder
Gründe keinesweges eben und ganz flach, sondern in der
Mitte tiefer, zu beyden Seiten aber höher, und zwar
desto mehr, je näher man den Bergen kommt. In der
Mitte fließen die, bald einfachen, bald aus mehreren

Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
Oſt nach Nord-Weſt, haben folglich eben die Richtung,
welche die hier im Lande herrſchenden ſtarken Winde ha-
ben. Sie liegen auch unter einander parallel; ihr jedes-
mahliger Abſtand von einander aber iſt nicht gleich, ſon-
dern zwiſchen einigen ſind die Thaͤler oder Gruͤnde breit,
manchmahl ſogar bewohnt, zwiſchen andern ſind ſie
ſchmal. Gegen Nord-Weſt hatte ich nicht Gelegenheit,
das Ende dieſer Bergſtrecken zu ſehen; vermuthlich ge-
hen ſie da ganz bis dicht ans Meer, ohne einen niedrigen
Strand zu laſſen. Gegen Suͤd-Oſt gehen ſie allmaͤh-
lig herunter, und werden endlich ganz flach, ehe ſie das
Meer erreichen; doch ſind die Berge im Hottentottiſchen
Holland
hievon ausgenommen. Sonderbar iſt es, daß,
wenn man von der Stadt nordwaͤrts ins Land hinein rei-
ſet, und uͤber einen Berg gekommen iſt, das Land auf der
andern Seite hoͤher; wenn man uͤber die weiter entfern-
ten Berge gekommen iſt, noch hoͤher erſcheint, und daß
dies drey- bis viermahl ſo zunimmt. Das jedesmah-
lige Land zwiſchen ſolchen Bergſtrecken iſt daher nichts an-
ders als eine Vertiefung die aber ſo breit iſt, daß man
ihr den Nahmen einer Landſchaft gegeben und verſchiedne
Hoͤfe darin angelegt hat. Beſteigt man die Berge,
welche dieſe Vertiefungen umgeben, ſo ſieht man von da,
wiewohl im kleinen, aͤhnliche Bergſtrecken und Vertiefun-
gen, welche letzteren aber eng und ſelten bewohnt ſind.
Der Abſtand zwiſchen zwey Bergſtrecken betraͤgt bisweilen
eine ganze Meile und wohl mehr; manchmahl nur eine
halbe, oder bloß eine Viertelmeile, und ganz oben nur
einen Steinwurf. Indeſſen ſind ſolche Thaͤler oder
Gruͤnde keinesweges eben und ganz flach, ſondern in der
Mitte tiefer, zu beyden Seiten aber hoͤher, und zwar
deſto mehr, je naͤher man den Bergen kommt. In der
Mitte fließen die, bald einfachen, bald aus mehreren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0242" n="214"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierte Abtheilung. Zweyter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
O&#x017F;t nach Nord-We&#x017F;t, haben folglich eben die Richtung,<lb/>
welche die hier im Lande herr&#x017F;chenden &#x017F;tarken Winde ha-<lb/>
ben. Sie liegen auch unter einander parallel; ihr jedes-<lb/>
mahliger Ab&#x017F;tand von einander aber i&#x017F;t nicht gleich, &#x017F;on-<lb/>
dern zwi&#x017F;chen einigen &#x017F;ind die Tha&#x0364;ler oder Gru&#x0364;nde breit,<lb/>
manchmahl &#x017F;ogar bewohnt, zwi&#x017F;chen andern &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chmal. Gegen Nord-We&#x017F;t hatte ich nicht Gelegenheit,<lb/>
das Ende die&#x017F;er Berg&#x017F;trecken zu &#x017F;ehen; vermuthlich ge-<lb/>
hen &#x017F;ie da ganz bis dicht ans Meer, ohne einen niedrigen<lb/>
Strand zu la&#x017F;&#x017F;en. Gegen Su&#x0364;d-O&#x017F;t gehen &#x017F;ie allma&#x0364;h-<lb/>
lig herunter, und werden endlich ganz flach, ehe &#x017F;ie das<lb/>
Meer erreichen; doch &#x017F;ind die Berge im <placeName>Hottentotti&#x017F;chen<lb/>
Holland</placeName> hievon ausgenommen. Sonderbar i&#x017F;t es, daß,<lb/>
wenn man von der Stadt nordwa&#x0364;rts ins Land hinein rei-<lb/>
&#x017F;et, und u&#x0364;ber einen Berg gekommen i&#x017F;t, das Land auf der<lb/>
andern Seite ho&#x0364;her; wenn man u&#x0364;ber die weiter entfern-<lb/>
ten Berge gekommen i&#x017F;t, noch ho&#x0364;her er&#x017F;cheint, und daß<lb/>
dies drey- bis viermahl &#x017F;o zunimmt. Das jedesmah-<lb/>
lige Land zwi&#x017F;chen &#x017F;olchen Berg&#x017F;trecken i&#x017F;t daher nichts an-<lb/>
ders als eine Vertiefung die aber &#x017F;o breit i&#x017F;t, daß man<lb/>
ihr den Nahmen einer Land&#x017F;chaft gegeben und ver&#x017F;chiedne<lb/>
Ho&#x0364;fe darin angelegt hat. Be&#x017F;teigt man die Berge,<lb/>
welche die&#x017F;e Vertiefungen umgeben, &#x017F;o &#x017F;ieht man von da,<lb/>
wiewohl im kleinen, a&#x0364;hnliche Berg&#x017F;trecken und Vertiefun-<lb/>
gen, welche letzteren aber eng und &#x017F;elten bewohnt &#x017F;ind.<lb/>
Der Ab&#x017F;tand zwi&#x017F;chen zwey Berg&#x017F;trecken betra&#x0364;gt bisweilen<lb/>
eine ganze Meile und wohl mehr; manchmahl nur eine<lb/>
halbe, oder bloß eine Viertelmeile, und ganz oben nur<lb/>
einen Steinwurf. Inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind &#x017F;olche Tha&#x0364;ler oder<lb/>
Gru&#x0364;nde keinesweges eben und ganz flach, &#x017F;ondern in der<lb/>
Mitte tiefer, zu beyden Seiten aber ho&#x0364;her, und zwar<lb/>
de&#x017F;to mehr, je na&#x0364;her man den Bergen kommt. In der<lb/>
Mitte fließen die, bald einfachen, bald aus mehreren<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0242] Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. Oſt nach Nord-Weſt, haben folglich eben die Richtung, welche die hier im Lande herrſchenden ſtarken Winde ha- ben. Sie liegen auch unter einander parallel; ihr jedes- mahliger Abſtand von einander aber iſt nicht gleich, ſon- dern zwiſchen einigen ſind die Thaͤler oder Gruͤnde breit, manchmahl ſogar bewohnt, zwiſchen andern ſind ſie ſchmal. Gegen Nord-Weſt hatte ich nicht Gelegenheit, das Ende dieſer Bergſtrecken zu ſehen; vermuthlich ge- hen ſie da ganz bis dicht ans Meer, ohne einen niedrigen Strand zu laſſen. Gegen Suͤd-Oſt gehen ſie allmaͤh- lig herunter, und werden endlich ganz flach, ehe ſie das Meer erreichen; doch ſind die Berge im Hottentottiſchen Holland hievon ausgenommen. Sonderbar iſt es, daß, wenn man von der Stadt nordwaͤrts ins Land hinein rei- ſet, und uͤber einen Berg gekommen iſt, das Land auf der andern Seite hoͤher; wenn man uͤber die weiter entfern- ten Berge gekommen iſt, noch hoͤher erſcheint, und daß dies drey- bis viermahl ſo zunimmt. Das jedesmah- lige Land zwiſchen ſolchen Bergſtrecken iſt daher nichts an- ders als eine Vertiefung die aber ſo breit iſt, daß man ihr den Nahmen einer Landſchaft gegeben und verſchiedne Hoͤfe darin angelegt hat. Beſteigt man die Berge, welche dieſe Vertiefungen umgeben, ſo ſieht man von da, wiewohl im kleinen, aͤhnliche Bergſtrecken und Vertiefun- gen, welche letzteren aber eng und ſelten bewohnt ſind. Der Abſtand zwiſchen zwey Bergſtrecken betraͤgt bisweilen eine ganze Meile und wohl mehr; manchmahl nur eine halbe, oder bloß eine Viertelmeile, und ganz oben nur einen Steinwurf. Indeſſen ſind ſolche Thaͤler oder Gruͤnde keinesweges eben und ganz flach, ſondern in der Mitte tiefer, zu beyden Seiten aber hoͤher, und zwar deſto mehr, je naͤher man den Bergen kommt. In der Mitte fließen die, bald einfachen, bald aus mehreren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/242
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/242>, abgerufen am 21.11.2024.