Mit dem Hospitale ist eine Apotheke verbunden. Außer dieser aber wurde jetzt von einem Bürger zu Cap noch eine andre Apotheke angelegt. Der Landmann hat also nunmehr beßre Gelegenheit, sich die nöthigen Arz- neyen anzuschaffen, als bisher, da er in den meisten Fällen genöthigt war, sie, und zwar sehr theuer, den Feldscheeren abzukaufen.
Die Einwohner der Capstadt pflegen mit einem oder anderm von den beym Hospitale angesetzten Wundärzten in Ansehung der Bedienung und der etwa nöthigen Arz- neymittel einen förmlichen jährlichen Accord zu treffen. Dies ist auch für sie in der That um so viel nothwendi- ger, da sie eine Menge Sklaven haben, und hier oft gefährliche ansteckende Krankheiten grassiren. Dieser Ursache ist es aber auch zuzuschreiben, daß die hieher kom- menden und sich hier eine kurze Zeit aufhaltenden Aerzte und Wundärzte nicht leicht gerufen werden, wenn man nicht gleichsam glaubt, daß sie Wunderwerke verrichten können. Meine medicinische Praxis war daher in der Stadt sehr eingeschränkt. Ich bemühte mich auch eben nicht, sie zu erweitern, um nicht an meinen botanischen Beschäfftigungen gehindert zu werden. Dagegen hatte ich mehr Gelegenheit, den Landleuten in diesem Stücke mit meinen Kenntnissen zu dienen; und diese bedurften auch nicht nur dessen mehr, sondern waren zugleich dank- barer. Dabey machte ich fast jedesmahl und durchgängig die Anmerkung, daß die von mir verordnete Medicin, sowohl stärkere als gewissere Wirkung bey den Sklaven, als bey den Europäern hatte; denn die Körper der er- stern waren theils nicht durch schlechte Lebensordnung so sehr verdorben, theils an den Gebrauch der Arzneymit- tel noch nicht gewöhnt.
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Von politiſchen Einrichtungen am Cap.
Mit dem Hoſpitale iſt eine Apotheke verbunden. Außer dieſer aber wurde jetzt von einem Buͤrger zu Cap noch eine andre Apotheke angelegt. Der Landmann hat alſo nunmehr beßre Gelegenheit, ſich die noͤthigen Arz- neyen anzuſchaffen, als bisher, da er in den meiſten Faͤllen genoͤthigt war, ſie, und zwar ſehr theuer, den Feldſcheeren abzukaufen.
Die Einwohner der Capſtadt pflegen mit einem oder anderm von den beym Hoſpitale angeſetzten Wundaͤrzten in Anſehung der Bedienung und der etwa noͤthigen Arz- neymittel einen foͤrmlichen jaͤhrlichen Accord zu treffen. Dies iſt auch fuͤr ſie in der That um ſo viel nothwendi- ger, da ſie eine Menge Sklaven haben, und hier oft gefaͤhrliche anſteckende Krankheiten graſſiren. Dieſer Urſache iſt es aber auch zuzuſchreiben, daß die hieher kom- menden und ſich hier eine kurze Zeit aufhaltenden Aerzte und Wundaͤrzte nicht leicht gerufen werden, wenn man nicht gleichſam glaubt, daß ſie Wunderwerke verrichten koͤnnen. Meine mediciniſche Praxis war daher in der Stadt ſehr eingeſchraͤnkt. Ich bemuͤhte mich auch eben nicht, ſie zu erweitern, um nicht an meinen botaniſchen Beſchaͤfftigungen gehindert zu werden. Dagegen hatte ich mehr Gelegenheit, den Landleuten in dieſem Stuͤcke mit meinen Kenntniſſen zu dienen; und dieſe bedurften auch nicht nur deſſen mehr, ſondern waren zugleich dank- barer. Dabey machte ich faſt jedesmahl und durchgaͤngig die Anmerkung, daß die von mir verordnete Medicin, ſowohl ſtaͤrkere als gewiſſere Wirkung bey den Sklaven, als bey den Europaͤern hatte; denn die Koͤrper der er- ſtern waren theils nicht durch ſchlechte Lebensordnung ſo ſehr verdorben, theils an den Gebrauch der Arzneymit- tel noch nicht gewoͤhnt.
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Von politiſchen Einrichtungen am Cap.
Mit dem Hoſpitale iſt eine Apotheke verbunden.
Außer dieſer aber wurde jetzt von einem Buͤrger zu Cap
noch eine andre Apotheke angelegt. Der Landmann hat
alſo nunmehr beßre Gelegenheit, ſich die noͤthigen Arz-
neyen anzuſchaffen, als bisher, da er in den meiſten
Faͤllen genoͤthigt war, ſie, und zwar ſehr theuer, den
Feldſcheeren abzukaufen.
Die Einwohner der Capſtadt pflegen mit einem oder
anderm von den beym Hoſpitale angeſetzten Wundaͤrzten
in Anſehung der Bedienung und der etwa noͤthigen Arz-
neymittel einen foͤrmlichen jaͤhrlichen Accord zu treffen.
Dies iſt auch fuͤr ſie in der That um ſo viel nothwendi-
ger, da ſie eine Menge Sklaven haben, und hier oft
gefaͤhrliche anſteckende Krankheiten graſſiren. Dieſer
Urſache iſt es aber auch zuzuſchreiben, daß die hieher kom-
menden und ſich hier eine kurze Zeit aufhaltenden Aerzte
und Wundaͤrzte nicht leicht gerufen werden, wenn man
nicht gleichſam glaubt, daß ſie Wunderwerke verrichten
koͤnnen. Meine mediciniſche Praxis war daher in der
Stadt ſehr eingeſchraͤnkt. Ich bemuͤhte mich auch eben
nicht, ſie zu erweitern, um nicht an meinen botaniſchen
Beſchaͤfftigungen gehindert zu werden. Dagegen hatte
ich mehr Gelegenheit, den Landleuten in dieſem Stuͤcke
mit meinen Kenntniſſen zu dienen; und dieſe bedurften
auch nicht nur deſſen mehr, ſondern waren zugleich dank-
barer. Dabey machte ich faſt jedesmahl und durchgaͤngig
die Anmerkung, daß die von mir verordnete Medicin,
ſowohl ſtaͤrkere als gewiſſere Wirkung bey den Sklaven,
als bey den Europaͤern hatte; denn die Koͤrper der er-
ſtern waren theils nicht durch ſchlechte Lebensordnung ſo
ſehr verdorben, theils an den Gebrauch der Arzneymit-
tel noch nicht gewoͤhnt.
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/255>, abgerufen am 26.11.2024.
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