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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Vierte Abtheilung. Vierter Abschnitt.

Die Viehzucht, besonders das Hornvieh, macht
für die entfernter wohnenden Kolonisten den größten Theil
ihrer Nahrung aus, und oft ist sie das einzige, wovon
sie leben. Es scheint aber doch nicht, als wenn sie so
viel Vortheil davon haben, wie sie wohl haben könnten,
und als wenn sie sich alles gehörig zu Nutze machen. Kä-
se zum Exempel machen die Landleute nur selten. Wenn
es ja bisweilen geschieht, so thun sie es fast nur zum
Spaß, und ihre Käse sind alsdann klein, dünn und
schlecht. Doch mag auch wohl die Milch Schuld
daran seyn, die hier mit der fetten Milch, welche die
Kühe in Holland geben, verglichen, ziemlich mager ist.
Das Vieh, nicht nur die Kühe und Ochsen, sondern
auch das übrige Vieh, geht das ganze Jahr hindurch auf
der Weide, wird des Abends zu Hause getrieben, und
liegt des Nachts in Hürden unter freyem Himmel. Das
Gras, welches auf den weitläuftigen Ebenen und Ge-
filden die Nahrung des Viehes ist, und im Winter
des Regens wegen am stärksten und reichlichsten wächst,
auch am besten, des Sommers aber der ausdörrenden
Winde und der Hitze halber am schlechtesten ist, gehört
meistens zu den schlechteren Gattungen; es ist streng und
grob. Die Kühe geben daher auch nur wenig Milch
nach diesem Grase, und diese kann auch eben nicht fett
seyn. Dies ist zugleich die Ursache, warum das Vieh sich
hier in einigen Jahren allezeit verschlechtert. Die hiesigen
Kühe und Ochsen sind zwar von Holländischer Art und
Abkunft, aber doch bereits gar sehr ausgeartet. Eine
Holländische Kuh, die hieher gebracht, und mit vierzig
bis funfzig Reichsthalern bezahlt wird, giebt mehr Milch
als drey inländische; die von ihr erzielten Kühe werden
schon schlechter, und im dritten oder vierten Gliede sind
sie bereits wie die übrigen, von denen man täglich nicht

Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.

Die Viehzucht, beſonders das Hornvieh, macht
fuͤr die entfernter wohnenden Koloniſten den groͤßten Theil
ihrer Nahrung aus, und oft iſt ſie das einzige, wovon
ſie leben. Es ſcheint aber doch nicht, als wenn ſie ſo
viel Vortheil davon haben, wie ſie wohl haben koͤnnten,
und als wenn ſie ſich alles gehoͤrig zu Nutze machen. Kaͤ-
ſe zum Exempel machen die Landleute nur ſelten. Wenn
es ja bisweilen geſchieht, ſo thun ſie es faſt nur zum
Spaß, und ihre Kaͤſe ſind alsdann klein, duͤnn und
ſchlecht. Doch mag auch wohl die Milch Schuld
daran ſeyn, die hier mit der fetten Milch, welche die
Kuͤhe in Holland geben, verglichen, ziemlich mager iſt.
Das Vieh, nicht nur die Kuͤhe und Ochſen, ſondern
auch das uͤbrige Vieh, geht das ganze Jahr hindurch auf
der Weide, wird des Abends zu Hauſe getrieben, und
liegt des Nachts in Huͤrden unter freyem Himmel. Das
Gras, welches auf den weitlaͤuftigen Ebenen und Ge-
filden die Nahrung des Viehes iſt, und im Winter
des Regens wegen am ſtaͤrkſten und reichlichſten waͤchſt,
auch am beſten, des Sommers aber der ausdoͤrrenden
Winde und der Hitze halber am ſchlechteſten iſt, gehoͤrt
meiſtens zu den ſchlechteren Gattungen; es iſt ſtreng und
grob. Die Kuͤhe geben daher auch nur wenig Milch
nach dieſem Graſe, und dieſe kann auch eben nicht fett
ſeyn. Dies iſt zugleich die Urſache, warum das Vieh ſich
hier in einigen Jahren allezeit verſchlechtert. Die hieſigen
Kuͤhe und Ochſen ſind zwar von Hollaͤndiſcher Art und
Abkunft, aber doch bereits gar ſehr ausgeartet. Eine
Hollaͤndiſche Kuh, die hieher gebracht, und mit vierzig
bis funfzig Reichsthalern bezahlt wird, giebt mehr Milch
als drey inlaͤndiſche; die von ihr erzielten Kuͤhe werden
ſchon ſchlechter, und im dritten oder vierten Gliede ſind
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[242/0270] Vierte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. Die Viehzucht, beſonders das Hornvieh, macht fuͤr die entfernter wohnenden Koloniſten den groͤßten Theil ihrer Nahrung aus, und oft iſt ſie das einzige, wovon ſie leben. Es ſcheint aber doch nicht, als wenn ſie ſo viel Vortheil davon haben, wie ſie wohl haben koͤnnten, und als wenn ſie ſich alles gehoͤrig zu Nutze machen. Kaͤ- ſe zum Exempel machen die Landleute nur ſelten. Wenn es ja bisweilen geſchieht, ſo thun ſie es faſt nur zum Spaß, und ihre Kaͤſe ſind alsdann klein, duͤnn und ſchlecht. Doch mag auch wohl die Milch Schuld daran ſeyn, die hier mit der fetten Milch, welche die Kuͤhe in Holland geben, verglichen, ziemlich mager iſt. Das Vieh, nicht nur die Kuͤhe und Ochſen, ſondern auch das uͤbrige Vieh, geht das ganze Jahr hindurch auf der Weide, wird des Abends zu Hauſe getrieben, und liegt des Nachts in Huͤrden unter freyem Himmel. Das Gras, welches auf den weitlaͤuftigen Ebenen und Ge- filden die Nahrung des Viehes iſt, und im Winter des Regens wegen am ſtaͤrkſten und reichlichſten waͤchſt, auch am beſten, des Sommers aber der ausdoͤrrenden Winde und der Hitze halber am ſchlechteſten iſt, gehoͤrt meiſtens zu den ſchlechteren Gattungen; es iſt ſtreng und grob. Die Kuͤhe geben daher auch nur wenig Milch nach dieſem Graſe, und dieſe kann auch eben nicht fett ſeyn. Dies iſt zugleich die Urſache, warum das Vieh ſich hier in einigen Jahren allezeit verſchlechtert. Die hieſigen Kuͤhe und Ochſen ſind zwar von Hollaͤndiſcher Art und Abkunft, aber doch bereits gar ſehr ausgeartet. Eine Hollaͤndiſche Kuh, die hieher gebracht, und mit vierzig bis funfzig Reichsthalern bezahlt wird, giebt mehr Milch als drey inlaͤndiſche; die von ihr erzielten Kuͤhe werden ſchon ſchlechter, und im dritten oder vierten Gliede ſind ſie bereits wie die uͤbrigen, von denen man taͤglich nicht

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/270>, abgerufen am 27.11.2024.