Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Aufenthalt und Reisen in Holland. sondern nach den Seiten herabgehen, und einen nachvorn sehenden und auf den Seiten treppenweise gebroch- nen Giebel haben, welches den Häusern weit mehr An- sehen giebt, als wenn die Dächer nach der Gasse her- abgehen. Unter der Erde pflegt auch ein Stockwerk zu seyn, das zu Werkstätten, Küchen, bisweilen auch zu Wohnzimmern, gebraucht wird. Die Fenster sind im zweyten Stockwerke sehr hoch und haben zwey Absätze, weil sie zugleich auch mit zum ersten Stockwerke gehören, welches in den gewöhnlichen Häusern mit dem zweyten gleichsam zusammenfließt. In den breiten Straßen fin- det man vor den Häusern hübsche Treppen, welche zu dem ersten Stockwerke über der Erde führen. Die Mauern und Wände sind sehr dünn, weil der Boden sumpfig ist, und nur ein schwacher Grund gelegt werden kann. Daher kommts auch, daß hier fünf Stockwerke kaum so hoch, als an andern Orten drey sind. Inwen- dig sieht man manchmahl ganze Zimmer, sehr oft aber die Gänge, Dielen und Vorsäle, mit Porzellan in kleinen viereckigen Platten, und den Fußboden mit weißem und anderm Marmor, belegt. Die Hausstellen sind ge- meiniglich schmal, und die Häuser haben deswegen in der Breite wenige, oft nur ein Zimmer, außer die in gewissen Gegenden der Stadt, wo man mehr pallastähn- liche Gebäude antrifft. Kleine Kanäle an den Seiten leiten nach allen Straßen und Häusern Wasser aus den Gräben, und ebenfalls von den Straßen und Häusern wieder weg. Oefen und deren vorzüglichen Nutzen kennt man fast in ganz Holland nicht, sondern man gebraucht nur Kamine. Auch möchte wohl die gewöhnliche Feu- rung, der Torf, nicht so tauglich zum Heizen der Oefen seyn, und zugleich mehr Gefahr wegen Dunstes mit sich führen. Die Gassen sind in der Mitte mit ausgesuch- Aufenthalt und Reiſen in Holland. ſondern nach den Seiten herabgehen, und einen nachvorn ſehenden und auf den Seiten treppenweiſe gebroch- nen Giebel haben, welches den Haͤuſern weit mehr An- ſehen giebt, als wenn die Daͤcher nach der Gaſſe her- abgehen. Unter der Erde pflegt auch ein Stockwerk zu ſeyn, das zu Werkſtaͤtten, Kuͤchen, bisweilen auch zu Wohnzimmern, gebraucht wird. Die Fenſter ſind im zweyten Stockwerke ſehr hoch und haben zwey Abſaͤtze, weil ſie zugleich auch mit zum erſten Stockwerke gehoͤren, welches in den gewoͤhnlichen Haͤuſern mit dem zweyten gleichſam zuſammenfließt. In den breiten Straßen fin- det man vor den Haͤuſern huͤbſche Treppen, welche zu dem erſten Stockwerke uͤber der Erde fuͤhren. Die Mauern und Waͤnde ſind ſehr duͤnn, weil der Boden ſumpfig iſt, und nur ein ſchwacher Grund gelegt werden kann. Daher kommts auch, daß hier fuͤnf Stockwerke kaum ſo hoch, als an andern Orten drey ſind. Inwen- dig ſieht man manchmahl ganze Zimmer, ſehr oft aber die Gaͤnge, Dielen und Vorſaͤle, mit Porzellan in kleinen viereckigen Platten, und den Fußboden mit weißem und anderm Marmor, belegt. Die Hausſtellen ſind ge- meiniglich ſchmal, und die Haͤuſer haben deswegen in der Breite wenige, oft nur ein Zimmer, außer die in gewiſſen Gegenden der Stadt, wo man mehr pallaſtaͤhn- liche Gebaͤude antrifft. Kleine Kanaͤle an den Seiten leiten nach allen Straßen und Haͤuſern Waſſer aus den Graͤben, und ebenfalls von den Straßen und Haͤuſern wieder weg. Oefen und deren vorzuͤglichen Nutzen kennt man faſt in ganz Holland nicht, ſondern man gebraucht nur Kamine. Auch moͤchte wohl die gewoͤhnliche Feu- rung, der Torf, nicht ſo tauglich zum Heizen der Oefen ſeyn, und zugleich mehr Gefahr wegen Dunſtes mit ſich fuͤhren. 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Aufenthalt und Reiſen in Holland.
ſondern nach den Seiten herabgehen, und einen nach
vorn ſehenden und auf den Seiten treppenweiſe gebroch-
nen Giebel haben, welches den Haͤuſern weit mehr An-
ſehen giebt, als wenn die Daͤcher nach der Gaſſe her-
abgehen. Unter der Erde pflegt auch ein Stockwerk zu
ſeyn, das zu Werkſtaͤtten, Kuͤchen, bisweilen auch zu
Wohnzimmern, gebraucht wird. Die Fenſter ſind im
zweyten Stockwerke ſehr hoch und haben zwey Abſaͤtze,
weil ſie zugleich auch mit zum erſten Stockwerke gehoͤren,
welches in den gewoͤhnlichen Haͤuſern mit dem zweyten
gleichſam zuſammenfließt. In den breiten Straßen fin-
det man vor den Haͤuſern huͤbſche Treppen, welche zu
dem erſten Stockwerke uͤber der Erde fuͤhren. Die
Mauern und Waͤnde ſind ſehr duͤnn, weil der Boden
ſumpfig iſt, und nur ein ſchwacher Grund gelegt werden
kann. Daher kommts auch, daß hier fuͤnf Stockwerke
kaum ſo hoch, als an andern Orten drey ſind. Inwen-
dig ſieht man manchmahl ganze Zimmer, ſehr oft aber die
Gaͤnge, Dielen und Vorſaͤle, mit Porzellan in kleinen
viereckigen Platten, und den Fußboden mit weißem und
anderm Marmor, belegt. Die Hausſtellen ſind ge-
meiniglich ſchmal, und die Haͤuſer haben deswegen in
der Breite wenige, oft nur ein Zimmer, außer die in
gewiſſen Gegenden der Stadt, wo man mehr pallaſtaͤhn-
liche Gebaͤude antrifft. Kleine Kanaͤle an den Seiten
leiten nach allen Straßen und Haͤuſern Waſſer aus den
Graͤben, und ebenfalls von den Straßen und Haͤuſern
wieder weg. Oefen und deren vorzuͤglichen Nutzen kennt
man faſt in ganz Holland nicht, ſondern man gebraucht
nur Kamine. Auch moͤchte wohl die gewoͤhnliche Feu-
rung, der Torf, nicht ſo tauglich zum Heizen der Oefen
ſeyn, und zugleich mehr Gefahr wegen Dunſtes mit ſich
fuͤhren. Die Gaſſen ſind in der Mitte mit ausgeſuch-
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