gebildet wird, der an beyden Enden offen, und wo es sehr angenehm kühl ist. Zwey zur Seite liegende sehr große, nackte, steile und beynahe kegelförmige Berge, die unten von so weitem Umfange sind, daß man eine Stunde Zeit bedarf, um herum zu kommen, führen den Nahmen der Perldemanten (Paerls-Diamanten).
Die Höfe in dieser Gegend haben wenig Ackerland und Viehzucht, sondern man bauet da fast nichts als Wein. Die Weinstöcke in den hiesigen Weinbergen werden oft funfzig Jahr alt, und geben guten und deli- caten Wein. Weitzen bauet man nur zur Nothdurft. Auf Obst wird auch wenig gesehen.
Vom Perlberge kamen wir zu Hans van Aarde am Pferdeberge (Paerde-Berg). Dieser Berg ist etwas höher als jener, liegt allein, und hat seinen Nah- men von den Zebra oder wilden Capschen Pferden, die sich hier vor Zeiten in Menge aufhielten, jetzt aber so selten sind, daß wir nur ein Dutzend derselben antra- fen, die gar nicht scheu waren, und welche zu schießen die Regierung verbothen hatte.
Anders Lospers, Peter Lospers und Johann Wal- thers Höfe vorbey, reiseten wir zu dem Kolonisten Dreyer bey Riebeekkastel. Dies ist ein großer, hoher, rund umher steiler Berg, der seine Benennung von dem Stifter und ersten Gouverneur dieser Kolonie, van Rie- beek hat. Wir kletterten zu der höchsten Spitze dessel- ben hinauf, während wir unsre Jochochsen ausgespannt hatten, und an der Seite weiden ließen. Wir gingen an einem Ende hinauf, und mußten beynahe einen gan- zen Zirkel beschreiben, ehe wir die Spitze erreichen konn- ten. Als wir oben waren, sahen wir unser Fuhrwerk unten stehen, waren aber auf dieser Seite durch so steile Abschüsse davon getrennt, daß es uns unmöglich schien,
Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
gebildet wird, der an beyden Enden offen, und wo es ſehr angenehm kuͤhl iſt. Zwey zur Seite liegende ſehr große, nackte, ſteile und beynahe kegelfoͤrmige Berge, die unten von ſo weitem Umfange ſind, daß man eine Stunde Zeit bedarf, um herum zu kommen, fuͤhren den Nahmen der Perldemanten (Paerls-Diamanten).
Die Hoͤfe in dieſer Gegend haben wenig Ackerland und Viehzucht, ſondern man bauet da faſt nichts als Wein. Die Weinſtoͤcke in den hieſigen Weinbergen werden oft funfzig Jahr alt, und geben guten und deli- caten Wein. Weitzen bauet man nur zur Nothdurft. Auf Obſt wird auch wenig geſehen.
Vom Perlberge kamen wir zu Hans van Aarde am Pferdeberge (Paerde-Berg). Dieſer Berg iſt etwas hoͤher als jener, liegt allein, und hat ſeinen Nah- men von den Zebra oder wilden Capſchen Pferden, die ſich hier vor Zeiten in Menge aufhielten, jetzt aber ſo ſelten ſind, daß wir nur ein Dutzend derſelben antra- fen, die gar nicht ſcheu waren, und welche zu ſchießen die Regierung verbothen hatte.
Anders Lospers, Peter Lospers und Johann Wal- thers Hoͤfe vorbey, reiſeten wir zu dem Koloniſten Dreyer bey Riebeekkaſtel. Dies iſt ein großer, hoher, rund umher ſteiler Berg, der ſeine Benennung von dem Stifter und erſten Gouverneur dieſer Kolonie, van Rie- beek hat. Wir kletterten zu der hoͤchſten Spitze deſſel- ben hinauf, waͤhrend wir unſre Jochochſen ausgeſpannt hatten, und an der Seite weiden ließen. Wir gingen an einem Ende hinauf, und mußten beynahe einen gan- zen Zirkel beſchreiben, ehe wir die Spitze erreichen konn- ten. Als wir oben waren, ſahen wir unſer Fuhrwerk unten ſtehen, waren aber auf dieſer Seite durch ſo ſteile Abſchuͤſſe davon getrennt, daß es uns unmoͤglich ſchien,
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Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
gebildet wird, der an beyden Enden offen, und wo es
ſehr angenehm kuͤhl iſt. Zwey zur Seite liegende ſehr
große, nackte, ſteile und beynahe kegelfoͤrmige Berge,
die unten von ſo weitem Umfange ſind, daß man eine
Stunde Zeit bedarf, um herum zu kommen, fuͤhren
den Nahmen der Perldemanten (Paerls-Diamanten).
Die Hoͤfe in dieſer Gegend haben wenig Ackerland
und Viehzucht, ſondern man bauet da faſt nichts als
Wein. Die Weinſtoͤcke in den hieſigen Weinbergen
werden oft funfzig Jahr alt, und geben guten und deli-
caten Wein. Weitzen bauet man nur zur Nothdurft.
Auf Obſt wird auch wenig geſehen.
Vom Perlberge kamen wir zu Hans van Aarde
am Pferdeberge (Paerde-Berg). Dieſer Berg iſt
etwas hoͤher als jener, liegt allein, und hat ſeinen Nah-
men von den Zebra oder wilden Capſchen Pferden, die
ſich hier vor Zeiten in Menge aufhielten, jetzt aber ſo
ſelten ſind, daß wir nur ein Dutzend derſelben antra-
fen, die gar nicht ſcheu waren, und welche zu ſchießen
die Regierung verbothen hatte.
Anders Lospers, Peter Lospers und Johann Wal-
thers Hoͤfe vorbey, reiſeten wir zu dem Koloniſten
Dreyer bey Riebeekkaſtel. Dies iſt ein großer, hoher,
rund umher ſteiler Berg, der ſeine Benennung von dem
Stifter und erſten Gouverneur dieſer Kolonie, van Rie-
beek hat. Wir kletterten zu der hoͤchſten Spitze deſſel-
ben hinauf, waͤhrend wir unſre Jochochſen ausgeſpannt
hatten, und an der Seite weiden ließen. Wir gingen
an einem Ende hinauf, und mußten beynahe einen gan-
zen Zirkel beſchreiben, ehe wir die Spitze erreichen konn-
ten. Als wir oben waren, ſahen wir unſer Fuhrwerk
unten ſtehen, waren aber auf dieſer Seite durch ſo ſteile
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/456>, abgerufen am 22.11.2024.
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