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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Reise von Cap nach dem Bocklande.
herzurühren, daß sie von den Meereswellen abgeschliffen
worden, ehe sie sich in den Sandstein festgesetzt haben.
Verschiedne der hiesigen Berge sind oben platt, wie der
Tafelberg. Sie endigen sich jenseits des Elefantenflusses,
ehe sie das Ufer der See erreichen; zwischen ihnen und
dem Ufer soll eine Ebene von der Breite einer ganzen
Tagreise seyn. Die im Bocklande befindlichen Berge en-
digen sich ebenfalls gegen das Meeresufer jenseits des
Elefantenflusses, neigen sich aber nicht allmählig, son-
dern behalten bis gegen das Ende eine ansehnliche Höhe.

Die so genannte Wassermelone der Hottentotten,
welche eigentlich eine große, vielen Saft enthaltende Wur-
zel ist, hat hier in der Sprache dieser Leute den Nahmen
Kamerup. Eine andre Wurzel, aus dem Geschlecht der
Lobelie (Lobelia), welche sie ebenfalls essen, nennen sie
Karup. Aus der Wurzel und dem Honig eines gewissen
Doldengewächses, das man hier Möhren (Moor-Wor-
tel
) nennt, bereiten die Hottentotten vermittelst Gäh-
rung einen berauschenden Trank.

Auf dem großen Elefantenflusse hielt sich ganz na-
he beym Hofe eine wilde Gans von der Gattung der Ae-
gyptischen Gans (Anas Aegyptiaca) auf, und richtete
auf den Weitzenfeldern großen Schaden an. Sie war
vorher schon mit Hagel verwundet, aber mit dem Leben
davon gekommen. Dies machte, daß sie ziemlich scheu
und so vorsichtig war, daß sie beym geringsten Anblicke
der Leute vom Hofe nach der andern Seite des Flusses
ihre Zuflucht nahm, und niemand ihr auf den Schuß
nahe kommen konnte. Vor mir als einem Fremden
schien sie sich weniger zu fürchten, und daher konnte ich
einmahl auf ihre Ankunft disseits des Flusses lauern,
und sie endlich, zu großer Freude meiner Wirthsleute,
schießen.


Thunbergs Reise. 1. Bandes 2. Theil. J

Reiſe von Cap nach dem Bocklande.
herzuruͤhren, daß ſie von den Meereswellen abgeſchliffen
worden, ehe ſie ſich in den Sandſtein feſtgeſetzt haben.
Verſchiedne der hieſigen Berge ſind oben platt, wie der
Tafelberg. Sie endigen ſich jenſeits des Elefantenfluſſes,
ehe ſie das Ufer der See erreichen; zwiſchen ihnen und
dem Ufer ſoll eine Ebene von der Breite einer ganzen
Tagreiſe ſeyn. Die im Bocklande befindlichen Berge en-
digen ſich ebenfalls gegen das Meeresufer jenſeits des
Elefantenfluſſes, neigen ſich aber nicht allmaͤhlig, ſon-
dern behalten bis gegen das Ende eine anſehnliche Hoͤhe.

Die ſo genannte Waſſermelone der Hottentotten,
welche eigentlich eine große, vielen Saft enthaltende Wur-
zel iſt, hat hier in der Sprache dieſer Leute den Nahmen
Kamerup. Eine andre Wurzel, aus dem Geſchlecht der
Lobelie (Lobelia), welche ſie ebenfalls eſſen, nennen ſie
Karup. Aus der Wurzel und dem Honig eines gewiſſen
Doldengewaͤchſes, das man hier Moͤhren (Moor-Wor-
tel
) nennt, bereiten die Hottentotten vermittelſt Gaͤh-
rung einen berauſchenden Trank.

Auf dem großen Elefantenfluſſe hielt ſich ganz na-
he beym Hofe eine wilde Gans von der Gattung der Ae-
gyptiſchen Gans (Anas Aegyptiaca) auf, und richtete
auf den Weitzenfeldern großen Schaden an. Sie war
vorher ſchon mit Hagel verwundet, aber mit dem Leben
davon gekommen. Dies machte, daß ſie ziemlich ſcheu
und ſo vorſichtig war, daß ſie beym geringſten Anblicke
der Leute vom Hofe nach der andern Seite des Fluſſes
ihre Zuflucht nahm, und niemand ihr auf den Schuß
nahe kommen konnte. Vor mir als einem Fremden
ſchien ſie ſich weniger zu fuͤrchten, und daher konnte ich
einmahl auf ihre Ankunft disſeits des Fluſſes lauern,
und ſie endlich, zu großer Freude meiner Wirthsleute,
ſchießen.


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[129/0467] Reiſe von Cap nach dem Bocklande. herzuruͤhren, daß ſie von den Meereswellen abgeſchliffen worden, ehe ſie ſich in den Sandſtein feſtgeſetzt haben. Verſchiedne der hieſigen Berge ſind oben platt, wie der Tafelberg. Sie endigen ſich jenſeits des Elefantenfluſſes, ehe ſie das Ufer der See erreichen; zwiſchen ihnen und dem Ufer ſoll eine Ebene von der Breite einer ganzen Tagreiſe ſeyn. Die im Bocklande befindlichen Berge en- digen ſich ebenfalls gegen das Meeresufer jenſeits des Elefantenfluſſes, neigen ſich aber nicht allmaͤhlig, ſon- dern behalten bis gegen das Ende eine anſehnliche Hoͤhe. Die ſo genannte Waſſermelone der Hottentotten, welche eigentlich eine große, vielen Saft enthaltende Wur- zel iſt, hat hier in der Sprache dieſer Leute den Nahmen Kamerup. Eine andre Wurzel, aus dem Geſchlecht der Lobelie (Lobelia), welche ſie ebenfalls eſſen, nennen ſie Karup. Aus der Wurzel und dem Honig eines gewiſſen Doldengewaͤchſes, das man hier Moͤhren (Moor-Wor- tel) nennt, bereiten die Hottentotten vermittelſt Gaͤh- rung einen berauſchenden Trank. Auf dem großen Elefantenfluſſe hielt ſich ganz na- he beym Hofe eine wilde Gans von der Gattung der Ae- gyptiſchen Gans (Anas Aegyptiaca) auf, und richtete auf den Weitzenfeldern großen Schaden an. Sie war vorher ſchon mit Hagel verwundet, aber mit dem Leben davon gekommen. Dies machte, daß ſie ziemlich ſcheu und ſo vorſichtig war, daß ſie beym geringſten Anblicke der Leute vom Hofe nach der andern Seite des Fluſſes ihre Zuflucht nahm, und niemand ihr auf den Schuß nahe kommen konnte. Vor mir als einem Fremden ſchien ſie ſich weniger zu fuͤrchten, und daher konnte ich einmahl auf ihre Ankunft disſeits des Fluſſes lauern, und ſie endlich, zu großer Freude meiner Wirthsleute, ſchießen. Thunbergs Reiſe. 1. Bandes 2. Theil. J

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/467>, abgerufen am 22.11.2024.